Heino Mahlstedt wird am 15. September 1940 als drittes Kind von Arend Mahlstedt und Anni Mahlstedt in Varrel (Stuhr) geboren. Er ist der jüngere Bruder von Kurt Mahlstedt und Lisa Gerken und der ältere Bruder von Ilse Brümmer und Egon Mahlstedt.
In den Wochen vor und nach Heinos Geburt tobt die Luftschlacht um England, mit der das nationalsozialistische Deutschland im Zweiten Weltkrieg die Kapitulation Großbritanniens erzwingen will. Dabei richten sich die Angriffe anfangs vor allem gegen Betriebe der Rüstungsindustrie und Stützpunkte der Royal Air Force in Südengland. Am Abend des 24. August greifen allerdings deutsche Flugzeuge – sehr wahrscheinlich aus Versehen – Ziele in der Innenstadt von London an, was prompt einen Vergeltungsangriff auf Berlin nach sich zieht. Derart provoziert, ändert Deutschlands Führer Adolf Hitler seine Taktik und droht am 4. September die „Ausradierung“ britischer Städte an.
Am 7. September schickt die Luftwaffe 300 Bomber und 600 Begleitjäger Richtung London, in der darauffolgenden Nacht noch einmal rund 180 Bomber. Dabei sterben mehr als 400 Zivilisten, rund 1.500 Personen werden verletzt. Fortan kommen die Bomber jeden Tag, wobei es angesichts der sich allmählich darauf einstellenden britischen Luftabwehr auch unter den Angreifern zahlreiche Opfer gibt.
Am 15. September sucht Luftwaffen-Chef Hermann Göring schließlich die Entscheidung: Von Belgien aus starten frühmorgens bei besten Wetterbedingungen nahezu alle verfügbaren deutschen Maschinen. Am Abend dieses Tages, den die Briten noch heute als „Battle of Britain Day“ feiern, sind die Verluste jedoch so groß, dass Hitler die geplante Invasion Großbritanniens am 17. September auf unbestimmte Zeit verschiebt. Gleichwohl gehen die Angriffe auf Rüstungs- und Industriezentren des Landes mit unverminderter Härte weiter: Am 14. November 1940 etwa legt die Luftwaffe große Teile der damals rund 300.000 Einwohner zählenden Stadt Coventry in Schutt und Asche.
Vom Schrecken des Krieges bekommt Heinos Familie in jenen Wochen und Monaten noch nicht viel mit – obwohl es bereits am 18. Mai 1940 einen ersten alliierten Luftangriff auf Bremen gegeben hatte und die Royal Air Force ab Oktober 1940 regelmäßig Nachteinsätze gegen die nahegelegene Hansestadt fliegt. In der Nacht vom 12. auf den 13. Februar 1941 hagelt es allerdings Bomben auf den Arbeitgeber von Heinos Vater, die Focke-Wulf-Flugzeugwerke. Spätestens nach dem im Juni 1941 erfolgten Überfall auf die Sowjetunion, der die Luftwaffe zunehmend an der Ostfront bindet, werden Fliegeralarme dann im westlichen Umland von Bremen zum festen Bestandteil des Alltags.
Groß muss zudem in Varrel der Schock sein, als im Oktober 1943 bei einem tagsüber geflogenen Angriff auf die Bahnstrecke Bremen-Oldenburg die nur sechs Kilometer entfernt liegende Parkschule in Delmenhorst getroffen wird und zahlreiche Schüler ums Leben kommen. Immerhin: Weil er an der Heimatfront als unabkömmlich gilt, wird Heinos Vater selbst in der Schlussphase des im Prinzip schon 1943 verlorenen Krieges nicht mehr zur Wehrmacht eingezogen.
Als Focke-Wulf 1951 die Produktion von Flugzeugen wieder aufnimmt, kehrt Arend Mahlstedt an seinen angestammten Arbeitsplatz zurück. Heino besucht derweil die Varreler Volksschule. Nach Schulabschluss und Konfirmation beginnt er eine Lehre zum Schilder- und Lichtreklame-Hersteller bei Richter & Diekmann in Bremen und spielt nebenbei Fußball beim FC Huchting. Bald darauf – im Frühjahr 1956 – lernt Heino auf dem Varreler Markt seine spätere Ehefrau Trude Huntemann aus Stickgras kennen.
Heino und Trude heiraten am 20. Februar 1959, zwei Monate vor der Geburt des ersten Sohnes Ingo. In den folgenden Jahren lebt die junge Familie bei Heinos Schwiegereltern in Stickgras, während Heino nach Ende der Ausbildung den Arbeitsplatz wechselt und auf der Roland-Werft in Bremen U-Boote lackiert. Auf dem Weg dorthin gerät er eines Morgens im Extrem-Winter 1962/63 mit seinem Motorrad vor einer geschlossenen Bahnschranke ins Rutschen und erleidet beim anschließenden Sturz neben einem Schlüsselbein– auch einen Schädelbasisbruch. Bis er wieder vollständig genesen ist, vergehen fast neun Monate.
Die 1958 gegründete Autolackiererei Polster an der Nutzhorner Straße in Delmenhorst wird bald darauf Heinos dritter Arbeitgeber. Immer noch auf der Suche nach einem eigenen Heim und inzwischen mit Trude und Ingo bei seinen Eltern untergekommen, erhält er von Inhaber Erich Polster den entscheidenden Tipp: Am östlichen Ortsrand von Hurrel stehe ein schon längere Zeit unbewohntes Einfamilienhaus zum Verkauf. Obwohl sich das 1926 von Johann Gramberg errichtete und in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs zwischen die Fronten geratene Gebäude (heutiger Eigentümer: Enno Gramberg) in einem recht verwahrlosten Zustand befindet, greifen Heino und Trude zu. Fünf Wochen nach der Geburt des zweiten Sohnes Uwe im Juli 1966 ziehen sie mit den beiden Kindern ein.
Die nächsten Jahre stehen ganz im Zeichen diverser Renovierungs- und Umbauarbeiten. So erhält das Haus kurz vor der Geburt des dritten Sohnes Peter im Januar 1974 nicht nur neue Fenster, sondern auch neue Verblender. Um all die damit verbundenen Aufwendungen zu finanzieren, arbeitet Heino viel nebenbei: Gibt es in der Nachbarschaft oder im erweiterten Freundes- und Bekanntenkreis irgendetwas zu beschriften, zu bemalen oder auf andere Weise künstlerisch zu gestalten, ist Heino zur Stelle und hilft gern. Ebenso, wenn ein bestehendes Objekt der Auffrischung bedarf. In den 70er Jahren erhält Heino zum Beispiel von der Dorfgemeinschaft Hurrel den Auftrag, am Denkmal für die Opfer der Weltkriege die seit zwei Jahrzehnten Wind und Wetter ausgesetzten Inschriften zu erneuern. Ehrenamtlich fertigt er darüber hinaus für den Schützenverein Sandersfeld Jahr für Jahr die Plaketten der Königstafel. Selbst als Schütze aktiv wird Heino jedoch anders als beispielsweise Sohn Uwe nicht – in seiner karg bemessenen Freizeit widmet er sich lieber anderen Hobbys wie der Kaninchenzucht oder seinen oft und gerne gewechselten Autos.
In der Autolackiererei Polster ist Heino über viele Jahre hinweg ein geschätzter Mitarbeiter, der eine Reihe eigener Ideen einbringt – unter anderem den Schriftzug, der noch heute die Busse von Hutfilters Reisedienst ziert. Trotzdem endet das Beschäftigungsverhältnis relativ abrupt, als Heino eines Tages beim Schlittschuhlaufen stürzt und sich einen Finger bricht: Weil er danach für längere Zeit arbeitsunfähig ist, erhält er kurz vor seiner im Februar 1984 im Gasthof Sandersfeld gefeierten Silberhochzeit die Kündigung.
Eine neue Beschäftigung in seinem erlernten Beruf zu finden, erweist sich als schwierig, doch schließlich kommt Heino im Lager des Ganderkeseer Bagger-Herstellers Hinrich Weyhausen unter. Vier Jahre später wechselt er ein letztes Mal den Arbeitgeber und hat fortan einen kürzeren Anfahrtsweg als je zuvor: Die Entfernung zur Ziegelei Knabe in Kirchkimmen beträgt von seinem Zuhause aus nur wenig mehr als einen Kilometer.
Bereits 1979 kommt mit Ingos Sohn Jürgen das erste Enkelkind zur Welt, dem bald darauf mit Marcel, Christina, Pascal und Kevin vier weitere folgen. Viel Zeit, seine Großvater-Rolle zu genießen, bleibt Heino jedoch nicht: Ab Anfang der 90er Jahre kämpft er mit gesundheitlichen Problemen, deren Ursache lange im Dunkeln liegt. Erst nach und nach stellt sich heraus, dass eine ganze Serie leichter Schlaganfälle dahintersteckt. Weil keine Besserung eintritt, geht Heino kurz nach der Jahrtausendwende vorzeitig in Rente. Die daraus resultierende neue Freiheit versucht er mit Trude zu genießen, so gut es eben geht: Dazu gehört zum Beispiel der regelmäßige Besuch von Frühstücks-Büfetts. Aber auch die erste Urlaubsreise überhaupt, die beide in den Bayerischen Wald führt.
Anfang März 2005 erfährt die Familie nach einem weiteren schweren Schlaganfall die endgültige Diagnose, die quasi einem Todesurteil gleichkommt: In Heinos Kopf haben sich gleich zwei Aneurysmen gebildet, die sich nur schwer operieren lassen. Die Ärzte im Evangelischen Krankenhaus in Oldenburg versuchen ihr Bestes, doch vergebens: Heino stirbt am 15. März 2005 und wird sechs Tage später auf dem Friedhof der St.-Laurentius-Kirche in Hasbergen beerdigt.