Gesine Pape – Biographie

Gesine Marie Pape wird am 15. Oktober 1883 als zweites Kind von Heinrich Wilhelm Engels und Catharine Margarete Engels in Geveshausen geboren. Sie ist die jüngere Schwester von Anna Elise Engels. Darüber hinaus hat Gesine mit Friedrich Gerhard Engels, Johann Heinrich Engels, Sophie Catharine Onken, Gustav Heinrich Engels und Hinrich Friedrich Engels noch fünf ältere Halbgeschwister aus der ersten Ehe ihres Vaters mit Anna Catharine Margarete Siedenburg und mit Sophie Marie Kreye eine 1866 unehelich geborene Halbschwester mütterlicherseits.

Am Tag von Gesines Geburt geht zwischen Bremen und Bremerhaven die bis dato längste Telefonleitung Deutschlands in Betrieb. Zuvor gibt es nur in größeren Städten wie Berlin, Breslau, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, Mannheim oder München eigene Ortsnetze, die aber nicht miteinander verbunden sind. Schon bald entstehen weitere Fernleitungen, etwa von Köln nach Düsseldorf (1884), von Frankfurt nach Heidelberg (1885) und von Berlin nach Hamburg (1886). Mit rund 50.000 eingerichteten Sprechstellen bis 1890 setzt sich das Deutsche Reich in Europa an die Spitze der neuen Kommunikations-Bewegung – in Frankreich, Österreich-Ungarn und Russland sind zur selben Zeit zusammengenommen weniger als 30.000 Anschlüsse in Betrieb. Das ist insofern bemerkenswert, als dass Deutschland diese technische Innovation zunächst völlig verschlafen hat. Einen bereits 1861 von Philipp Reis präsentierten Sprechapparat, auf dem das 1876 von Alexander Graham Bell in den USA zum Patent angemeldete Telefon in vielen Details basiert, hatten maßgebliche Wissenschaftler als nette, aber ziemlich unnütze Spielerei abgetan.

Schon 1884 bekommt auch Oldenburg ein eigenes Stadt-Fernsprechnetz. Bis die ersten Apparate in den teils recht abgeschiedenen Dörfern des Großherzogtums Einzug halten, vergehen aber noch viele Jahre – da macht Gesines zu Dötlingen gehörender Geburtsort Geveshausen mit ziemlicher Sicherheit keine Ausnahme. Wo genau Gesine dort aufwächst, lässt sich heute nicht mehr rekonstruieren. Vater Heinrich Wilhelm stammt aus Varrel im Amt Diepholz, die Mutter aus Kirchhatten. Gesines zwischen 1853 und 1866 geborenen Halbgeschwister, die 1883 den elterlichen Haushalt vermutlich längst verlassen haben, kommen alle in Kirchhatten zur Welt. Nach dem Tod der ersten Ehefrau an Heiligabend 1877 und der im Mai 1878 in Iserloy geschlossenen zweiten Ehe zieht Vater Heinrich Wilhelm mit seiner zweiten Frau zunächst nach Ofen: Auf dem dortigen Standesamt ist im April 1880 die Geburt des ersten gemeinsamen Kindes Anna Elise vermerkt. Gut möglich, dass Gesines Eltern dort kurzzeitig als Heuerleute arbeiten.

Ob Gesine ihre gesamte Kindheit in Geveshausen verbringt und wie lange sie bei ihren Eltern lebt, liegt heute im Dunkeln. Sehr wahrscheinlich wird sie aber spätestens nach Schulabschluss und Konfirmation in irgendeinem anderen Haushalt in der näheren Umgebung in Stellung gehen. Belegen lässt sich eine solche Anstellung für das Jahr 1903: Am 17. März dieses Jahres kommt in Neerstedt Gesines Sohn Wilhelm zur Welt. Als Berufsbezeichnung der nach damaligem Recht noch nicht volljährigen Mutter gibt das Kirchenbuch „Dienstmagd zu Neerstedt“ an.

Wie sich in dieser für Gesine alles andere als komfortablen Situation die Beziehung zu ihrem späteren, 17 Jahre älteren Ehemann Hinrich Pape aus Dingstede anbahnt, vermag ebenfalls niemand mehr mit Bestimmtheit zu sagen. Doch sie ist für beide Seiten ein Glücksfall. Hinrich hat im März 1902 seine erste Ehefrau Trinchen Gesine an die Volksseuche Tuberkulose verloren, die drei jüngsten der insgesamt fünf überlebenden Kinder sind beim Tod der Mutter vier, sechs und sieben Jahre alt. Er braucht also dringend eine neue Partnerin, während für Gesines Sohn Wilhelm ein aus geordneten Verhältnissen stammender Stiefvater gerade recht kommt. Heute nennt man eine solche Konstellation Patchwork-Familie und Win-Win-Lösung.

Gesine und Hinrich heiraten am 29. März 1904 in Kirchhatten. Mit den sechs Kindern wohnen sie zunächst in Dingstede, wo Hinrich wie fast alle Dorfbewohner in der Landwirtschaft arbeitet – sehr wahrscheinlich auf dem ehemals elterlichen Hof, den seit 1889 sein älterer Bruder Johann Diedrich bewirtschaftet (heute: Ernst Schröder). Dort werden bis 1907 die gemeinsamen Kinder Klara und Georg geboren. Im Laufe des Jahres 1907 kommt es dann zu einem Ortswechsel: Hinrich kauft in Hurrel einen zehn Jahre zuvor von Hermann Quitsch begründeten Hof (heute: Marlies und Markus Pape). Ob Gesines älteste Stiefkinder Katharine und Anna Marie den Umzug ins Nachbardorf noch mitmachen oder bereits andernorts ein Auskommen gefunden haben, ist nicht überliefert. Doch obwohl im neuen Domizil sicher mehr Platz vorhanden ist als zuvor in Dingstede, lebt die Familie in den folgenden Jahren weiter auf engstem Raum, denn bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs im August 1914 kommen mit Johann, Adolf, Rudolf und Arthur vier weitere Kinder hinzu.

Knapp zwei Monate, nachdem Gesine im September 1916 mit der Geburt von Ida zum achten Mal Mutter geworden ist, stirbt Stiefsohn Heinrich in einem englischen Kriegsgefangenenlager. Wann diese traurige Nachricht die Familie erreicht, lässt sich allerdings nicht mehr rekonstruieren. Es bleibt im Hause Pape nicht der einzige Verlust jener an Menschenopfern reichen Jahre: Die erst im August 1918 geborene Tochter Frieda stirbt im März 1920 an einem Grippe-Virus, wenige Tage nach Niederschlagung des Kapp-Putsches. Gesine selbst ist zu diesem Zeitpunkt einmal mehr schwanger, am 2. Juni 1920 bringt sie ihr zehntes Kind Rosa zur Welt.

Während der nächstfolgende Sohn Heino im Mai 1923 kurz vor dem Höhepunkt der Hyperinflation geboren wird, hat sich die wirtschaftliche Lage der Weimarer Republik bei der Geburt von Sohn Walter im Januar 1927 einigermaßen stabilisiert. Dennoch bedeutet es für Gesine und Hinrich eine enorme Kraftanstrengung, mit dem lediglich 11 Hektar großen Hof die vielköpfige Familie über die nach wie vor schwierigen Zeiten zu bringen und jeden einzelnen satt zu bekommen. Das ändert sich erst ganz allmählich, als die älteren Kinder nach und nach den Haushalt verlassen, eigenes Geld verdienen und heiraten. Der Hochzeit von Tochter Klara mit Emil Wachtendorf im Mai 1929 folgt die Trauung von Sohn Wilhelm mit Frieda van der Berg zwei Jahre darauf, im Frühjahr beziehungsweise Sommer 1933 treten dann im Abstand von wenigen Monaten auch Adolf und Johann vor den Traualtar. Noch bevor Gesine im Oktober 1933 ihren 50. Geburtstag feiert, wächst mit den ersten eigenen Enkelkindern die nächste Generation heran. Ehemann Hinrich wiederum hat Gesines Stieftochter Katharine schon im Juni 1915 zum ersten Mal zum Großvater gemacht.

Während sich durch die Machtübernahme der Nationalsozialisten im Januar 1933 Unheil für Deutschland und letztlich die ganze Welt ankündigt, steht auf dem Pape-Hof die Frage der Nachfolgeregelung an – Hinrich ist immerhin schon 67. Die Übernahme des Hofes durch Adolf und dessen Ehefrau Elfriede im Sommer 1937 erlebt Gesine nicht mehr mit, sie stirbt bereits am 4. Januar desselben Jahres im Alter von nur 53 Jahren. Beerdigt ist sie fünf Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude.