Georg Tönjes – Biographie

Georg Heinrich Tönjes wird am 29. Juni 1902 als viertes Kind von Johann Friedrich Tönjes und Anna Mathilde Tönjes auf dem elterlichen Hof in Hurrel (heute: Heiko Pflug) geboren. Er ist der jüngere Bruder von Johann Gerhard Tönjes, Hermann Friedrich Tönjes und Sophie Catharine Sandersfeld.

Zwei Tage vor Georgs Geburt kehrt der schwedische Forschungsreisende Sven Hedin von einer Mitte 1899 begonnenen Asien-Expedition in seine Heimatstadt Stockholm zurück. Wie schon bei einer früheren Expedition (1893 bis 1897) hatte Hedin auf seiner Reise von Turkestan über Tibet und Kaschmir bis nach Kalkutta Tausende von Kilometern durch bislang kaum oder gar nicht erschlossenes Gebiet zurückgelegt und dabei die einzelnen Regionen sorgfältig kartographiert. Besondere Aufmerksamkeit in der Fachwelt rufen die Ruinen der ehemaligen Königsstadt Loulan hervor, auf die Hedin in der Nähe des ausgetrockneten Salzsees Lop-Nor gestoßen ist. Eines seiner ursprünglichen Hauptziele, nämlich in Tibet die für Europäer verbotene Stadt Lhasa zu besuchen, musste Hedin hingegen angesichts der damit verbundenen Gefahr für Leib und Leben aufgeben.

Für seine Verdienste wird Hedin bereits kurz nach der Rückkehr vom schwedischen König Oskar II. in den Adelsstand erhoben. In den folgenden Jahren hofieren ihn zahlreiche europäische Monarchen, um nähere Informationen über die bereisten Gebiete zu erhalten – gehören diese doch offiziell noch keinem Herrschaftsbereich an und könnten so möglicherweise dem eigenen Staat als Kolonie dienen. Als etwa Deutschlands Kaiser Wilhelm II. Anfang 1903 in Berlin zum traditionellen Neujahrsempfang lädt, steht Hedin auf der Liste der Ehrengäste und bekommt bei dieser Gelegenheit den in Preußen sehr populären Königlichen Kronen-Orden verliehen. Um finanzielle Unterstützung für seine im Oktober 1905 angetretene dritte Asien-Expedition muss sich Hedin folglich kaum sorgen. Die bis 1908 andauernde Erforschung der Trans-Himalaya-Region steigert seinen weltweiten Bekanntheitsgrad dann noch einmal beträchtlich.

Durchaus möglich, dass Hedins Fahrten Thema in der Hurreler Volksschule sind, die Georg spätestens ab 1909 besucht. Im 1914 ausbrechenden Ersten Weltkrieg stellt sich der schwedische Abenteurer, der außer in Stockholm in Berlin und Halle studiert hat, vorbehaltlos auf die Seite Deutschlands und Österreich-Ungarns. Das kostet ihn zwar bei den deutschen Kriegsgegnern Großbritannien und Frankreich massiv Sympathien, steigert seine Popularität im letztlich unterlegenen Deutschen Reich aber noch. Als überzeugter Monarchist hält Hedin den Kontakt zu Wilhelm II. auch dann noch aufrecht, als dieser abdanken und sich auf das niederländische Schloss Haus Doorn ins Exil begeben muss.

Wie Georg und seine Familie den Kriegsbeginn erleben, ist nicht überliefert. Vater Johann Friedrich ist im August 1914 mit 51 Jahren zu alt für eine Einberufung, Georg mit zwölf Jahren noch viel zu jung. Nicht so die 1893 und 1896 geborenen Brüder: Zumindest vom nächstälteren Bruder Hermann Friedrich ist überliefert, dass er im Frühsommer 1916 an der Front leicht verwundet wird. Wie er kehrt aber auch der älteste Bruder Johann Gerhard nach Kriegsende zurück und heiratet im April 1922 Marie Catharine Wiese, deren Eltern Hermann Friedrich und Catharine Margarete Wiese Anfang der 20er Jahre den kirchlichen Trau-Unterlagen zufolge Pächter eines Hurreler Hofes sind. Um welchen Hof es sich dabei handelt, ist im Dorf allerdings nicht mehr bekannt – ebenso wenig, wo Johann Gerhard und seine zwei Jahre ältere Ehefrau sich nach der Hochzeit niederlassen.

Für Georg wiederum dürfte relativ früh feststehen, dass er eines Tages gemäß Jüngstenrecht den elterlichen Hof weiterführen wird. Dass er zwischenzeitlich noch auf einem anderen Hof in Stellung geht, ist eher unwahrscheinlich, denn angesichts einer schon damals bearbeiteten Fläche von deutlich über 20 Hektar gibt es zu Hause mehr als genug zu tun. Und auch wenn Georgs Eltern formal weiter Eigentümer bleiben, so dürfte er selbst doch spätestens ab Mitte der 20er Jahre Stück für Stück mehr Verantwortung übernehmen.

Anfang Januar 1927 stirbt nur kurz nach ihrem 61. Geburtstag Mutter Anna Mathilde. Ob zu diesem Zeitpunkt außer Georg und Vater Johann Friedrich noch ein anderes Familienmitglied auf dem Hof lebt, liegt heute im Dunkeln. Möglicherweise Schwester Sophie, die allerdings schon bald darauf Johann Sandersfeld aus Vielstedt heiratet und auf dessen Hof am Vielstedter Kirchweg übersiedelt. Georg selbst heiratet im Frühjahr 1933, kurz nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten. Seine aus Habbrügge stammende Ehefrau Sophie Hollmann ist fast auf den Tag genau neun Jahre älter als er. Kinder gehen aus der Verbindung in den folgenden Jahren keine mehr hervor.

Von einer Einberufung zum Anfang September 1939 mit dem Überfall auf Polen beginnenden Zweiten Weltkrieg bleibt Georg ebenso verschont wie eine Generation zuvor Vater Johann Friedrich beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Letzterer stirbt im Juli 1940 kurz nach dem Einmarsch deutscher Truppen in Paris, so dass Georg und Sophie ihren Hof fortan allein bewirtschaften. Positive Nachrichten von der Front werden in dieser Zeit immer seltener, und spätestens mit der geglückten Landung der Alliierten in der Normandie kurz vor Georgs 42. Geburtstag scheint die Niederlage der Wehrmacht unabwendbar.

Georgs und Sophies Hoffnung, den Krieg letztlich ohne körperliche und materielle Schäden zu überstehen, zerschlägt sich nur wenige Wochen vor der deutschen Kapitulation: Am 25. April 1945 fliegen englische Bomber einen Luftangriff auf Hurrel, bei dem sowohl der Tönjes-Hof als auch die benachbarten Höfe von Diedrich Schwarting und Heinrich Tönjes in Flammen aufgehen. Nahezu zeitgleich erfolgt die Einnahme Hurrels durch kanadische Truppen, bei der Georgs Nachbar Hinrich Pape ums Leben kommt. Weitere Tote und Schwerverletzte in Georgs und Sophies unmittelbarer Nähe gibt es, als ein mit kanadischen Soldaten besetzter Panzerwagen unweit des Pape-Hofes auf eine Mine fährt.

Der Wiederaufbau des Hofes nach Kriegsende geht nur langsam voran: Fast vier Jahre lang hausen Georg und Sophie in einer neben den Ruinen aufgestellten Wehrmachtsbaracke, später dann in einem provisorisch als Wohnraum hergerichteten Teil des neuen Stallgebäudes. In dieser Zeit stellt sich die Frage der Hofnachfolge. Ein potenzieller Kandidat ist Alfred Sandersfeld, der Sohn von Georgs in Vielstedt lebender Schwester. Alfreds Anwesenheit auf dem Hof bleibt allerdings nur ein kurzes Gastspiel, zu groß sind die Differenzen in puncto Wirtschafts- und Lebensweise. Anfang der 60er Jahre fällt dann die Wahl auf Heinz Pflug, den auf dem elterlichen Hof an der Bremer Straße aufgewachsenen ältesten Sohn von Georgs Vetter Gerhard Pflug. Heinz siedelt auf den Tönjes-Hof über, 1963 adoptieren Georg und Sophie ihn.

Seine letzten Lebensjahre verbringt Georg mit Sophie und Heinz, der unverheiratet und wie seine Adoptiveltern kinderlos bleibt, relativ zurückgezogen. Er stirbt am 20. Juli 1970 kurz nach seinem 68. Geburtstag und wird vier Tage später in Hude auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche beerdigt.