Georg Heinrich Rüdebusch – Biographie

Georg Heinrich Rüdebusch wird am 21. Januar 1912 als zweites Kind von Heinrich Rüdebusch und Anna Catharine Rüdebusch auf dem elterlichen Hof in Hurrel (heute: Birgit Ganteföhr) geboren. Er ist der jüngere Bruder von Elli Aschenbeck und der ältere Bruder von Gustav Rüdebusch und Heino Rüdebusch.

Das bestimmende Ereignis im Deutschen Reich in den Tagen vor Georgs Geburt ist die Reichstagswahl vom 12. Januar 1912. Erstmals stellt danach im Berliner Reichstag die SPD mit 110 Abgeordneten die stärkste Fraktion, insgesamt gewinnt sie 67 Sitze hinzu. Demgegenüber verfügt das Zentrum künftig nur noch über 91 Sitze (minus 14). Drittstärkste Fraktion wird mit 45 Abgeordneten die Nationalliberale Partei (minus 10) vor der Deutschkonservativen Partei (43 Sitze, minus 17) und der Fortschrittlichen Volkspartei (42 Sitze, minus 7). Zentrum und Konservative erhalten damit zum einen die Quittung für ihre umstrittene Steuerpolitik zugunsten der ostelbischen Großgrundbesitzer, zum anderen drückt sich im Wahlergebnis auch die Furcht vor neuen außenpolitischen Spannungen aus: Erst wenige Monate zuvor hatte Kaiser Wilhelm II. das Reich in der Zweiten Marokko-Krise an den Rand eines Krieges mit Frankreich und Großbritannien geführt.

Um die oft impulsiven Alleingänge des Monarchen auf internationalem Parkett zumindest ein wenig einzudämmen, strebt die SPD für die neue Legislaturperiode Parlamentsreformen an. Verunsichert durch den Linksrutsch wehren sich die bürgerlichen Parteien jedoch nach Kräften dagegen und verhindern unter anderem am 8. März 1912 den Einzug des Sozialdemokraten Philipp Scheidemann ins Präsidium des Reichstags. Letztlich bewahrheitet sich damit, was der österreichische Zeichner Eduard Thöny bereits unmittelbar nach der Wahl in Form einer Karikatur für die satirische Zeitschrift „Simplicissimus“ zu Papier brachte: „So, meine Herren, das Volk hat gesprochen – jetzt hat wieder fünf Jahre Seine Majestät das Wort.“

Immerhin: Aus dem größten europäischen Konfliktherd der Jahre 1912 und 1913, den Balkankriegen, hält sich Wilhelm II. weitgehend heraus. Gemeinsam mit Großbritannien verhindert das Deutsche Reich durch seine Vermittler-Rolle sogar einen drohenden Krieg zwischen Russland und Österreich-Ungarn. Letztlich wächst jedoch angesichts der Ereignisse auf dem Balkan auf allen Seiten die Überzeugung, dass ein Krieg zwischen den europäischen Großmächten über kurz oder lang wohl unvermeidlich sein wird. Ein allseitiges, durch die vom Reichstag im Juni 1913 beschlossene Aufstockung des deutschen Heeres maßgeblich forciertes Wettrüsten beginnt, das schließlich Anfang August 1914 in den Ersten Weltkrieg mündet.

Ob Georg – damals zweieinhalb Jahre alt – bleibende Erinnerungen an die verhängnisvollen Wochen der Juli-Krise im Gedächtnis behält, lässt sich nur vermuten. Anders als sein im August 1913 geborener Bruder Gustav wird er jedoch zweifellos registrieren, dass der Kriegsausbruch zahlreiche Veränderungen mit sich bringt, allen voran die Einberufung des Vaters. Als dieser Ende 1918 endlich zurückkehrt, besucht Georg bereits seit mehr als einem halben Jahr die Volksschule Hurrel, wo neben den beiden Geschwistern unter anderem Gerhard Janzen, Adolf Pape, Rudolf Pape, Adolf Sparke und Gustav Stolle zu seinen in etwa gleichaltrigen Mitschülern gehören.

Über Georgs Jugendjahre in Hurrel zu Zeiten der Weimarer Republik ist wenig überliefert. Schon vor der Geburt des jüngsten Bruders Heino im August 1924 dürfte ihm klar sein, dass seine Aussichten, eines Tages den elterlichen Betrieb fortzuführen, nur minimal sind. Interesse hätte er sicher gehabt, denn er arbeitet nach Konfirmation und Schulabschluss ausschließlich in der Landwirtschaft. Als im August 1933 Vater Heinrich einer Lungenentzündung erliegt, hält er zusammen mit Bruder Gustav den Rüdebusch-Hof am Laufen – und den benachbarten Hof seines Onkels Georg Barkemeyer gleich mit, denn dessen wie Georg 1912 geborener Sohn Karl ist durch eine schwere Behinderung an den Lehnstuhl gefesselt. Bis zur Verpachtung des Barkemeyer-Hofes Ende 1938 unterstützen sich beide Familien wie schon in den 20er Jahren gegenseitig.

Wie für Millionen andere Menschen wird das Jahr 1939 für Georg zum Schicksalsjahr: Am 1. September beginnt mit dem Überfall Nazi-Deutschlands auf Polen der Zweite Weltkrieg. Wann Georg daraufhin seinen Stellungsbefehl zur Wehrmacht erhält, ist nicht überliefert – ebenso wenig, wohin es ihn in den folgenden Jahren verschlägt. Während Bruder Gustav zuletzt im Norden Russlands kämpft und dort im Juli 1943 umkommt, verliert sich Georgs Spur am 15. August 1944 in Bulgarien. Seit diesem Tag gilt er als vermisst, wobei die genauen Umstände heute komplett im Dunkeln liegen. Möglicherweise kommt er bei Kämpfen gegen bulgarische Partisanen ums Leben, die in jenen Wochen im Osten des Landes – quasi als Vorhut der Roten Armee – die deutschen Besatzer unter Beschuss nehmen. Nähere Auskunft könnte vielleicht die offizielle Vermissten-Meldung geben, die Mutter Anna Catharine wenig später in Hurrel aus den Händen ihres Schwagers Georg Barkemeyer entgegennehmen muss. Dieses Dokument ist jedoch ebenso verschollen wie die auf gleichem Wege überbrachten Todesnachrichten für Gustav Rüdebusch und den im Februar 1945 in der Schlacht um Ostpreußen gefallenen Bruder Heino.