Georg Heinrich Haverkamp – Biographie

Georg Heinrich Martin Haverkamp wird am 3. Juli 1898 als drittes Kind von Bernhard Haverkamp und Gesine Aline Haverkamp auf dem elterlichen Hof in Hurrel (heute: Eike und Nathalie Haverkamp) geboren. Er ist der jüngere Bruder von Klara Schweers und Johann Haverkamp und der ältere Bruder von Bernhard Diedrich Haverkamp.

Am Tag von Georgs Geburt vernichtet die US-Marine in der vor Kuba geführten Seeschlacht von Santiago die komplette spanische Atlantik-Flotte. Es ist – wie so viele Gefechte im seit Ende April 1898 tobenden Spanisch-Amerikanischen Krieg – ein ungleicher Kampf. Die spanischen Schiffe, durch eine drohende Einkesselung zum Ausbruch aus dem Hafen von Santiago de Cuba gezwungen, befinden sich nach fünfwöchiger Belagerung in äußerst schlechtem Zustand: Ihre Rümpfe sind stark mit Algen bewachsen, für die Heizkessel steht nur minderwertige Kohle zur Verfügung und fast jede zweite verschossene Granate entpuppt sich als Blindgänger. Nach knapp viereinhalb Stunden sind am frühen Nachmittag auf spanischer Seite 342 Tote und rund 150 Verwundete zu beklagen, gegenüber einem Toten und zehn Verwundeten bei den Amerikanern. Rund 1.200 spanische Matrosen erleben das Ende des Tages in Gefangenschaft.

Ein anderes, noch heute in Geschichtsbüchern nachzulesendes Ereignis vom 3. Juli 1898 geht in der Umgebung von Leipzig vollkommen friedlich über die Bühne. In Paunsdorf starten insgesamt 13 Teilnehmer zum ersten offiziellen Marathonlauf Deutschlands. Als schnellster Läufer bewältigt der Berliner Arthur Techtow die nahezu exakt 40 Kilometer lange Strecke bis Bennewitz und zurück in etwas weniger als 3 Stunden und 20 Minuten. Inspiriert ist das Rennen, dem ein Jahr zuvor bereits ein ähnlicher, aber später vom Deutschen Leichtathletik-Verband nicht anerkannter Distanzlauf auf der gleichen Strecke vorausging, zweifellos von den 1896 erstmals ausgetragenen Olympischen Spielen der Neuzeit in Athen: Dort gehörte der Marathonlauf zu einer der insgesamt 43 ausgetragenen Disziplinen. Der damalige Sieger Spyridon Louis bewältigte die ebenfalls 40 Kilometer lange Strecke in 2 Stunden, 58 Minuten und 50 Sekunden.

Gemessen an dieser Zeit sind die besten deutschen Marathonläufer von der Weltspitze noch ein gutes Stück weit entfernt – weshalb bei den nächstfolgenden Olympischen Spielen in Paris (1900) und St. Louis (1904) auch keiner von ihnen in dieser Disziplin antritt. Erst bei den wiederum in Athen ausgetragenen Olympischen Zwischenspielen von 1906 nimmt mit dem Berliner Hermann Müller erstmals ein Deutscher teil. Unter 53 Teilnehmern belegt er immerhin Rang 9.

Zu diesem Zeitpunkt besucht Georg gerade die zweite oder dritte Klasse der Volksschule in Hurrel. Weil Mutter Gesine Aline 1902 im Alter von 43 Jahren noch einmal einen Sohn – Bernhard Diedrich – geboren hat, ist bereits absehbar, dass sich Georg angesichts des in der Gemeinde Hude geltenden Jüngstenrechts nur sehr geringe Chancen ausrechnen kann, eines Tages den elterlichen Hof zu übernehmen. Obwohl dieser mit einer Größe von knapp 100 Hektar als damals größter Betrieb des Dorfes diverse Knechte und Mägde beschäftigt, muss Georg als Kind und Jugendlicher vermutlich trotzdem kräftig mit anpacken.

Letzteres gilt definitiv mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs im August 1914, als ein Großteil der arbeitsfähigen Hurreler Männer zur Armee eingezogen wird. Dazu gehört auch sein 1894 geborener Bruder Johann, der möglicherweise ebenso wie Georgs ehemalige Mitschüler Georg Lange und Theodor Wieting als Wehrdienstleistender vom ersten Tag an mitten im Kriegsgeschehen steht. Zu allem Unglück zieht sich Vater Bernhard nur wenige Monate später eine Lungenentzündung zu, die ihn im Februar 1915 das Leben kostet. Trotz seiner gerade einmal 16 Jahre dürfte Georg in jenen Monaten bei der Bewirtschaftung des Haverkamp-Hofes zu den wichtigsten Stützen von Mutter Gesine Aline gehören.

Ob Georg als 18- oder 19-Jähriger selbst noch Kriegsdienst leistet, ist nicht überliefert – ebenso wenig, wie er Ende 1918 den Zusammenbruch der Monarchie und die ersten Jahre der Weimarer Republik erlebt. Das Gleiche gilt für die Umstände, unter denen er und Alma Grummer aus Altmoorhausen ein Paar werden. Beide kennen sich vermutlich spätestens seit 1917, als Alma mit ihrer aus Hurrel stammenden Mutter Sophie und Schwester Hermine nach einem Brandunglück mehrere Jahre lang auf dem Hof ihres Onkels Diedrich Schwarting (heute: Heiko und Anieka Schwarting) am Hesterort wohnt.

Georg und Alma heiraten am 3. Mai 1927 – zwei Tage, nachdem NSDAP-Führer Adolf Hitler im Berliner Vergnügungslokal „Clou“ seine erste Rede in der Reichshauptstadt gehalten und vor 5.000 Zuhörern den von ihm geplanten Aufstieg der NSDAP zur alles dominierenden Staatspartei skizziert hat. Wie die größtenteils amüsierte Reaktion in diversen Zeitungsberichten jener Tage zeigt, nimmt weder bei der politischen Konkurrenz noch in den Medien irgendjemand diesen Anspruch wirklich ernst.

Ein Fehler, wie man heute weiß. Es dauert nicht einmal sechs Jahre, bis Reichspräsident Paul von Hindenburg Hitler Anfang 1933 zum Kanzler ernennt und sich der demokratisch legitimierte Reichstag danach mit dem Ermächtigungsgesetz quasi selbst auflöst. Georg und Alma bewirtschaften zu dieser Zeit einen Pachthof in Grummersort (heute: Enno Carstens), den sie aber Mitte der 30er Jahre wegen Eigenbedarfs wieder abgeben müssen. Daraufhin lassen sich beide in Neumühlen bei Berne nieder, wo sie einen damals zum Gut Witzleben in Hude gehörenden Hof pachten und auf dem Gelände parallel eine Gastwirtschaft betreiben. Wie die 1929 geschlossene Verbindung von Bruder Bernhard Diedrich mit Johanne Kreye aus Bergedorf bleibt auch Georgs und Almas Ehe kinderlos.

Den größten Teil des Zweiten Weltkriegs verbringt Georg als Soldat in Frankreich, wo er nach der Invasion der Alliierten in der Normandie in Gefangenschaft gerät. In der Folge arbeitet er eine Zeitlang zwangsweise auf einem Weingut in der Nähe von Bordeaux, wird dort aber eigenen Erzählungen zufolge gut behandelt. Zu einem Mitgefangenen, der nach der Entlassung freiwillig in Südfrankreich bleibt, hält er laut Almas Nichte Inge Struthoff noch viele Jahre lang Kontakt.

Wann genau Georg ins kriegszerstörte Deutschland zurückkehrt, liegt heute im Dunkeln. Schon bald darauf müssen er und Alma jedoch nach einem Eigentümerwechsel ihren Pachthof erneut räumen. Vom Erlös, den zwei Auktionen des Inventars im Herbst 1950 und im Frühjahr 1951 einbringen, kaufen sie in Huntebrück ein ehemaliges, direkt am Deich gelegenes Heuerhaus. Seinen Lebensunterhalt verdient Georg fortan als Arbeiter in einer nahegelegenen Ziegelei.

Zwar lässt Georg den Kontakt zu seinen in Hurrel, Sandersfeld und Oldenburg lebenden Geschwistern nicht abreißen. In Hurrel bekommt man ihn dennoch relativ selten zu Gesicht, und als Ruheständler leben er und Alma relativ zurückgezogen. Ihre Goldene Hochzeit im Mai 1977 feiern beide aus gesundheitlichen Gründen nur in kleinem Kreis. Georg stirbt am 21. Januar 1979 nach längerer Krankheit und wird drei Tage später auf dem Friedhof der St.-Nicolai-Kirche in Elsfleth beerdigt.