Friedrich Georg Hinrich Stöver wird am 17. April 1882 als zweites Kind von Meinert Friedrich Stöver und Johanne Catharine Stöver in Mittelhofschlag bei Ovelgönne geboren. Er ist der jüngere Bruder von Bertha Stöver und der ältere Bruder von Johanne von Minden, Anna Rebecka Meister und Anna Catharina Coners.
Zwei Wochen vor Friedrichs Geburt stirbt in der US-Kleinstadt Saint Joseph im Bundesstaat Missouri der berüchtigte Gesetzlose Jesse James, hinterrücks erschossen von einem Mitglied seiner eigenen Diebes-Gang. Robert Ford, der den tödlichen Schuss abgibt, und dessen Bruder Charles lebten zusammen mit dem untergetauchten Bandenführer in einem Haus, das dieser unter falschem Namen gemietet hatte. Zuvor hatte Ford mit Thomas Crittenden, dem Gouverneur von Missouri, eine Vereinbarung getroffen, die ihm eine Belohnung und freies Geleit zusicherte.
Entgegen dieser Vereinbarung werden die Brüder nach der Tat zunächst verhaftet und zum Tod durch den Strang verurteilt. Unmittelbar nach dem Gerichtsurteil kommen sie jedoch auf freien Fuß und erhalten einen Teil der ausgesetzten Belohnung ausgezahlt – den Rest beanspruchen weitere Tippgeber für sich. In den folgenden Jahren verdient Robert Ford seinen Lebensunterhalt, indem er für Porträt-Fotografien als „Der Mann, der Jesse James getötet hat“ posiert und zusammen mit Bruder Charles in Theater-Aufführungen die Ermordung nachspielt. Dabei wird er vom Publikum sowohl bejubelt als auch angefeindet, denn angesichts seiner spektakulären Überfalle und der Umstände seines Todes gilt Jesse James schon wenige Jahre später als Wild-West-Legende. Was für Ford kein gutes Ende nimmt: Am 8. Juni 1892 trifft ihn die Kugel eines gewissen Edward O’Kelley – der sich bis zu seinem gleichfalls gewaltsamen Tod zwölf Jahre später nie dazu äußert, ob er diesen Mord aus Rache, Ruhmsucht oder einem anderen Motiv begeht.
Ob Friedrich in seiner in der Wesermarsch verbrachten Kinder- und Jugendzeit jemals den Namen Jesse James zu Ohren bekommt? Sonderlich wahrscheinlich ist das nicht, aber auch nicht völlig ausgeschlossen: Schließlich zieht im Sommer und Herbst 1890 mit Buffalo Bill eine andere Wild-West-Legende durch Norddeutschland und macht mit seiner vielumjubelten Show unter anderem im von Ovelgönne nur rund 40 Kilometer entfernten Bremen Station. Über dieses Ereignis dürften auch die beiden konkurrierenden Regionalblätter „Oldenburger Nachrichten“ und „Butjadinger Zeitung“ berichten.
Wo genau in Mittelhofschlag Friedrich damals mit seiner Familie wohnt, ist heute nicht mehr bekannt – ebenso wenig der genaue Beruf des Vaters. Amtliche Dokumente und Kirchenbuch-Einträge jener Zeit bezeichnen Meinert Friedrich Stöver wechselweise als Arbeiter und als Landmann. Vielleicht verdient er sein Geld auf einer der nahegelegenen Ziegeleien oder im Schiffbau, der im 19. Jahrhundert in der Wesermarsch anders als heute noch eine relativ große Rolle spielt.
Nach Abschluss der Volksschule arbeitet Friedrich in der Landwirtschaft. Konkrete Stationen sind jedoch ebenso wenig überliefert wie die Umstände, unter denen er seine spätere Ehefrau Marie Böning kennenlernt. Friedrich und Marie heiraten am 7. April 1908, drei Monate vor der Geburt von Tochter Frieda. Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs kommen mit Heino (Januar 1910), Erich (September 1911), Johanne (Dezember 1912) und Friedrich Edo (Juli 1914) vier weitere Kinder hinzu. Zu diesem Zeitpunkt bewirtschaften Friedrich und Marie einen gepachteten Bauernhof in Neustadt, einem Ortsteil von Ovelgönne.
Seine Teilnahme am Ersten Weltkrieg übersteht Friedrich unversehrt. Als er Ende 1918 zurückkehrt, beginnt die bis dahin jüngste, im September 1917 geborene Tochter Martha gerade zu laufen. Kurz darauf erfüllen sich Friedrich und Marie den Traum vom eigenen Hof, und zwar im rund 20 Kilometer südwestlich von Ovelgönne gelegenen Rastede. Dort kommt im Juni 1920 der nächstgeborene Sohn Johannes Helmuth zur Welt. Er stirbt allerdings nur ein halbes Jahr später – ausgerechnet am ersten Weihnachtstag, unmittelbar nach dem achten Geburtstag von Tochter Johanne am Tag zuvor. Mit der Geburt von Werner am 18. März 1922 ist die Familie dann komplett.
Warum die Episode mit dem eigenen Grundbesitz nur wenige Jahre dauert, hat möglicherweise mit den Wirren der Inflationszeit zu tun. Wie auch immer: Der nächste Umzug führt Friedrich und seine Familie 1924 nach Hurrel, wo er den bereits 1428 erstmalig urkundlich erwähnten Hof von Diedrich Heinemann (heute: Ursula Schlake) pachtet.
In Hurrel fügen sich Friedrich und Marie schnell in die Dorfgemeinschaft ein. Dort feiern sie im April 1933 auch Silberhochzeit, obwohl ihnen als strenggläubigen Christen wenige Monate nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten vermutlich nicht unbedingt zum Feiern zumute ist. Wie viel Unglück dieses Ereignis – zusammen mit anderen tragischen Schicksalsschlägen – in den folgenden Jahren über ihre Familie bringen wird, dürften sie in jenem Moment aber kaum ahnen.
Im Juni 1937 stirbt Tochter Frieda bei einem Verkehrsunfall. Bereits kurz zuvor ist die Pacht auf dem Heinemann-Hof ausgelaufen, Friedrich und Marie haben daraufhin an der Cloppenburger Straße in Kreyenbrück einen anderen Betrieb gepachtet (heute: Esso-Tankstelle an der Kreuzung zum Niedersachsendamm). Zum im September 1939 ausbrechenden Zweiten Weltkrieg werden alle vier Söhne eingezogen, von denen mittlerweile aber nur noch zwei zu Hause wohnen: Heino ist in Hurrel mit Martha Wübbeler verheiratet, Erich in Dingstede mit Johanne Sanders. Erzählungen aus der Familie zufolge verstecken Friedrich und Marie bei sich zu Hause während des Krieges im Schweinestall mehrere Juden, deren Identität heute nicht mehr bekannt ist.
Während dieses couragierte, aber in der damaligen Diktatur lebensgefährliche Handeln ein gutes Ende nimmt, kommt es im letzten Kriegsjahr knüppeldick: Anfang September 1944 erreicht Friedrich und Marie die Nachricht, dass ihr jüngster, an der rumänischen Front kämpfender Sohn Werner nach der für die deutsche Seite verheerend verlaufenen Operation Jassy-Kischinew als verschollen gilt. Auch der älteste Sohn Heino kehrt nicht zurück – ihn ereilt im März 1945 in Kurland das gleiche Schicksal.
Eine weitere an Tragik kaum zu überbietende Prüfung hält das Leben für Friedrich und Marie fünf Jahre später bereit. Sohn Friedrich Edo bereitet sich im Juni 1950 auf seine Heirat mit Klara Rüdebusch, der Witwe von Gustav Rüdebusch, vor – und stürzt beim Grünes holen so unglücklich aus einem Baum, dass er sich das Genick bricht. Ein Schicksalsschlag, von dem sich Marie nie wieder richtig erholt, sie stirbt im Mai 1956 im Alter von 69 Jahren.
Nach Maries Tod gibt Friedrich den Hof an der Cloppenburger Straße auf und zieht zu seiner Tochter Martha nach Hundsmühlen. Hurrel bleibt er allerdings auch in dieser späten Phase seines Lebens verbunden. So besucht er regelmäßig mit dem Fahrrad Schwiegertochter Martha – mittlerweile mit ihrem ehemaligen Dienstherrn Heinrich Tönjes verheiratet – und deren Kinder sowie seinen ehemaligen Nachbarn Georg Barkemeyer.
Auch sonst ist Friedrich nun sehr viel mit dem Fahrrad unterwegs. Fast immer dabei: eine Aktentasche mit Schuldscheinen von Leuten, denen er nach der Hofaufgabe Geld geliehen hat. In dieser Tasche transportiert Friedrich auch die jeweils bei Fälligkeit eingetriebenen Zinszahlungen – was ihn eines Tages einmal mehr in eine bedrohliche Situation bringt. Unvermittelt stellt sich ihm auf einer seiner Touren ein Mann in den Weg und verlangt barsch die Herausgabe der Tasche. Womit er sicher nicht gerechnet hat, ist Friedrichs Schlagfertigkeit: Dieser greift blitzschnell zu seiner Fahrradpumpe und setzt den verhinderten Räuber mit einem gezielten Hieb außer Gefecht.
Nach dem 80. Geburtstag lässt Friedrichs bei der geschilderten Begebenheit noch einmal demonstrierte Kraft Stück für Stück nach: Er stirbt am 29. Dezember 1964 und wird vier Tage später auf dem Neuen Osternburger Friedhof in Kreyenbrück beerdigt.