Helene Erna Gertrud Höpken – Rufname Erna – wird am 2. Juni 1901 als zweites Kind von Karl Franz und Berta Franz in Neidenberga (Landkreis Ziegenrück) geboren. Sie ist die jüngere Schwester von Kurt Franz und die ältere Schwester von Elly Behnken, Otto Franz, Erwin Franz, Rudolf Franz und Arno Franz.
Sechs Tage nach Ernas Geburt berichtet das „Göttinger Tageblatt“ seinen Lesern von einer „neuen Mitbürgerin“: „Seit gestern hat sich nämlich das Gänseliesl‘ auf dem neuen Marktbrunnen häuslich niedergelassen, wo es nun wohl Jahrhunderte hindurch als Wahrzeichen der Stadt Göttingen verbleiben wird.“ Die eher beiläufige, keinerlei Einweihungs-Feierlichkeiten erwähnende Notiz zeugt von dem teils erbitterten Streit, der die Aufstellung des nach einem gemeinsamen Entwurf des Bildhauers Paul Nisse und des Architekten Heinrich Stöckhardt geschaffenen Kunstwerks über mehrere Jahre hinweg begleitet hat. Bereits im Februar 1898 hatten die Stadtväter einen Wettbewerb ausgeschrieben, um den zwischen 1568 und 1800 von einem steinernen Löwen gezierten Brunnen vor dem Alten Rathaus optisch endlich wieder etwas aufzuwerten. Daraufhin reichen Künstler aus ganz Deutschland insgesamt 46 Entwürfe ein, über die ohne Kenntnis von der Identität der Einsender eine siebenköpfige Jury um Bürgermeister Georg Calsow entscheiden soll.
Die Wahl fällt zunächst auf einen „Im Geiste der Alten“ getauften, deutsche Tugenden hervorhebenden Vorschlag von Claus Mehs und Hermann Jehs aus Frankfurt – die „Gänseliesel“ belegt lediglich den zweiten Platz. Die Jury-Mitglieder urteilen mehrheitlich, dass das zierliche kleine Mädchen nicht zum „wuchtigen, ernsten Rathaus“ passt. Außerdem sei der im Entwurf vorgesehene Baldachin im allgemeinen Fürsten vorbehalten und somit nicht standesgemäß. Der bei dem Votum überstimmte Berliner Bildhauer Ferdinand Hartzer lässt jedoch nicht locker und macht sich weiter für die Idee seines ehemaligen Mitarbeiters Nisse stark. Dessen „Figürchen“ sei „höchst originell erfunden“ und werde in Bronze ausgeführt auf alle Betrachter „durch den Humor und die Frische der Empfindung“ Eindruck machen. So scheint es im Übrigen auch die Göttinger Bevölkerung zu sehen, die nach Bekanntgabe der drei Sieger schnell ihren persönlichen Favoriten kürt.
Nach langem Hin und Her stimmt der Stadtrat schließlich eher widerwillig dieser Lösung zu. Eine offizielle Einweihung halten die hohen Herren allerdings bei einem derart unbedeutenden, namentlich nicht weiter bekannten Mädchen für unnötig. Trotz dieser Geringschätzung entwickelt sich die Gänse hütende Liesel – eine Kurzform von Elisabeth – in den folgenden Jahren zu einem beliebten Brunnen-Motiv. Unter anderem auch in der Reichshauptstadt Berlin, wo 1910 ein entsprechendes, von Cuno von Uechtritz-Steinkirch geschaffenes Figuren-Ensemble den Nikolsburger Platz bereichert.
Im von Berlin rund 300 und von Göttingen rund 200 Kilometer entfernten Neidenberga wird das Jahr 1910 zu einem ersten Wendepunkt in Ernas Leben. Kurz nach ihrem neunten Geburtstag heißt es nämlich Abschied nehmen von ihrem gewohnten Umfeld: Trotz nebenbei betriebener Landwirtschaft fällt es Vater Karl zunehmend schwerer, mit den Erträgen seiner Schmiede die stetig wachsende Kinderschar zu ernähren. Deshalb nimmt er ein Angebot der Provinz Westpreußen an, sich im 500 Kilometer weiter östlich gelegenen Rebkau zu günstigen Konditionen auf den Ländereien eines ehemaligen Rittergutes anzusiedeln. Am 1. Juli 1910 setzt sich die achtköpfige Familie – Ernas jüngster Bruder Arno ist noch nicht geboren – mit Pferd und Wagen in Bewegung und fährt der neuen Heimat entgegen.
Aus dem Nichts heraus einen florierenden Bauernhof zu etablieren, erfordert immer viel Arbeit. Das ist in Rebkau trotz der sehr guten Qualität des in Besitz genommenen Bodens nicht anders, und als eines der älteren Kinder trägt Erna dazu sicher einen gehörigen Teil bei. Daneben besucht sie weiter die Schule. Noch ehe sie sich jedoch ernsthaft Gedanken über ihre weitere Zukunft machen kann, stellt im Juni 1914 das Attentat von Sarajewo die Weichen für Millionen von Europäern neu: Der Erste Weltkrieg beginnt.
Zwar kommt niemand aus Ernas Familie in dem mehr als vier Jahre lang andauernden Völkerschlachten ums Leben. Die unmittelbaren Folgen des für Deutschland verlorenen Krieges sind gleichwohl fatal: Der Friedensvertrag von Versailles spricht den in etwa zu gleichen Teilen von Deutschen und Polen bewohnten Landkreis Kulm, zu dem Rebkau gehört, der neu entstehenden Republik Polen zu. Für Erna heißt es deshalb im Mai 1920 erneut Koffer packen: Ziel des zweiten Umzugs innerhalb von zehn Jahren ist Hurrel, wo Vater Karl kurz zuvor einen bislang von Hermann Christian Bischoff bewirtschafteten Hof (heutige Eigentümerin: Rita Wiemer) gekauft hat.
Was Karl Franz unterschätzt hat: Die Bodenverhältnisse im Hurreler Sand sind mit jenen in den fruchtbaren Niederungen der Weichsel kaum zu vergleichen. Das erschwert den Neustart enorm. Die wirtschaftlich allgemein angespannte Lage tut ein Übriges. Um ihren Teil zum Familieneinkommen beizutragen, geht Erna zunächst auf dem Hof von Henni Heinemann und später auf einem Betrieb in der Wesermarsch in Stellung. Der 1923 heraufziehenden Hyperinflation versucht sie zu entfliehen, indem sie wie viele andere junge Frauen aus dem Oldenburger Land eine Zeitlang als Magd in Holland arbeitet.
Wieder zurück in der Wesermarsch lernt Erna Gustav Höpken aus Strückhausen kennen. Die beiden heiraten am 9. Dezember 1926 in Hude und sehen erwartungsfroh der Ankunft ihres ersten Kindes entgegen. Der am 2. März 1927 in Strückhausen geborene Sohn kommt allerdings tot zur Welt. Kurz darauf beziehen Erna und Gustav in Hurrel einen zur Mietwohnung umgebauten Schafstall auf dem Grund von Hinrich Wieting. Dort klappt es im April des folgenden Jahres endlich mit dem ersehnten Nachwuchs – auch wenn Tochter Elly zum Bedauern aller als Einzelkind aufwächst: Zwei im Juni 1929 und im Oktober 1931 nachfolgende Mädchen sind ebenfalls Totgeburten.
Als Elly sieben Jahre alt ist, ziehen Erna und Gustav in ein zum Hof von Johann Mönnich gehörendes Heuerhaus an der Bremer Straße. Während Gustav beim Oldenburger Tiefbauunternehmen Schomburg beschäftigt ist, arbeitet Erna zeitweilig als Reinigungskraft in der Volksschule Hurrel. Den Zweiten Weltkrieg übersteht sie mit ihrer Familie ähnlich unbeschadet wie den Ersten – nach kurzer Kriegsgefangenschaft in Dänemark steht Gustav im Juli 1945 wieder vor der Tür.
Als Tochter Elly, die bis Kriegsende ein Internat in Dreibergen besucht und danach auf einem Hof in Höven arbeitet, nach ihrer Hochzeit mit Heinz Stolle im Mai 1950 wieder zu Hause einzieht und kurz darauf Enkelsohn Wilfried zur Welt bringt, rücken Erna und Gustav bereitwillig zusammen. Noch ein Stück enger wird es, als im Januar 1957 Enkeltochter Renate hinzukommt. Letzteres ist jedoch kein Zustand von längerer Dauer, im Januar 1959 zieht Elly mit ihrer Familie nach Langenberg. Nur drei Jahre später wohnt Erna plötzlich ganz allein: Gustav stirbt im Januar 1962 an einem Lungenleiden.
Auch Erna kämpft in den folgenden Jahren vermehrt mit gesundheitlichen Problemen, unter anderem mit den Spätfolgen einer in der Kindheit erlittenen Rachitis. Sie stirbt am 18. Januar 1970 an einem Schlaganfall und wird drei Tage später in Hude auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche beerdigt.