Erich Vosteen wird am 27. Januar 1908 als erstes Kind von Diedrich Vosteen und Gesine Vosteen auf dem elterlichen Hof in Kirchkimmen (heute: Claas Fischer) geboren. Er ist der ältere Bruder von Ella Sudbrink, Fritz Vosteen und Minna Kück.
In den Wochen um Erichs Geburt kommt in Großbritannien eine Diskussion über die mögliche Einführung einer Sommerzeit in Gang. Aufgebracht hat diese Idee der Bauunternehmer William Willett. Sie ist eigenen Angaben zufolge bei einem morgendlichen Ausritt entstanden, als er bemerkte, dass an sämtlichen von ihm passierten Häusern noch die Rollläden geschlossen waren.
Durch längere abendliche Helligkeit ließen sich pro Jahr 2,5 Millionen Pfund sparen, rechnet Willett in einer 1907 auf eigene Kosten herausgegebenen Broschüre namens „The Waste of Daylight“ vor. Als Lösung empfiehlt er, die Uhr an vier aufeinanderfolgenden Sonntagen im April um jeweils 20 Minuten vor- und auf dieselbe Art und Weise im September wieder zurückzustellen. Willett gewinnt den liberalen Abgeordneten Robert Pearce für seinen Vorschlag, der am 12. Februar 1908 im Londoner Parlament eine entsprechende Gesetzesvorlage einbringt. Sie wird jedoch vom Unterhaus abgelehnt.
Im Deutschen Reich ist ein mögliches Drehen an der Uhr Anfang 1908 kein Thema. Hierzulande gibt es – zumindest in akademischen Kreisen – eher eine Diskussion darüber, ob ein „Hochverräter“ wie Karl Liebknecht den Beruf des Rechtsanwalts ausüben darf. Liebknecht, Sohn des prominenten SPD-Politikers Wilhelm Liebknecht und seit 1902 Stadtverordneter in Berlin, hatte Anfang 1907 die obrigkeitskritische Streitschrift „Militarismus und Antimilitarismus“ verfasst – und sich damit prompt eine Strafanzeige des preußischen Kriegsministers Karl von Einem eingehandelt. Im Oktober 1907 verurteilte das Reichsgericht in Leipzig Liebknecht daraufhin unter großem Publikumsandrang wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ zu anderthalb Jahren Festungshaft. Den damit verbundenen Antrag, ihm die Zulassung als Anwalt zu entziehen, lehnt der Ehrengerichtshof in Anwaltssachen im Oktober 1908 allerdings ab.
Einmal mehr Schlagzeilen produziert Liebknecht sechs Jahre später. Nachdem er sich – mittlerweile als Reichstagsabgeordneter – unmittelbar nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs Anfang August 1914 noch der Fraktionsdisziplin beugt und den von der Regierung geforderten Kriegskrediten zustimmt, votiert er Anfang Dezember 1914 als einziger Abgeordneter gegen jeden neuen Finanzierungsbeitrag. Im weiteren Verlauf des Krieges wird dann plötzlich auch die Sommerzeit zum Thema: Um Energie zu sparen, stellt das Deutsche Reich am 30. April 1916 um 23 Uhr die Uhren gemeinsam mit Österreich-Ungarn um eine Stunde vor. Kriegsgegner Großbritannien folgt nur drei Wochen später.
Zu diesem Zeitpunkt besucht Erich bereits seit zwei Jahren die Volksschule Kirchkimmen. Mit welchen Einschränkungen die erste Hälfte seiner Schulzeit verbunden sein muss, lässt sich aus heutiger Sicht nur erahnen. Auch Erichs Schulabschluss im Frühjahr 1922 fällt in eine für Deutschland bewegte Zeit. Auf der einen Seite zeigen die im Juni jenes Jahres vollzogene Teilung Oberschlesiens und der sich im Laufe des Sommers beschleunigende Währungsverfall, dass die Folgen des Ende 1918 verlorenen Krieges noch längst nicht überwunden sind. Auf der anderen Seite tritt in jenen Monaten die von Albert Einstein aufgestellte Relativitätstheorie ihren Siegeszug um die Welt an und öffnet der Wissenschaft damit völlig neue Türen.
Für Erich geht es dagegen 1922 ganz praktisch um die Frage, wie er künftig seinen Lebensunterhalt verdienen soll. Da sein Bruder Fritz angesichts des Jüngstenrechts in der Gemeinde Hude als Erbe des elterlichen Betriebs am Wendenkamp vorgesehen ist, geht er zunächst auf mehreren Höfen in der näheren Umgebung in Stellung, unter anderem auf dem Hof Seemann in Holzkamp bei Ganderkesee.
Wann genau Erich nach Hurrel kommt, ist nicht überliefert. Dort lebt seit 1901 mit Gesine Margarethe Brinkmann eine Schwester seines Vaters, deren Ehe mit Hinrich Brinkmann kinderlos geblieben ist. Die Entscheidung, Erich auf den zuvor einige Jahre lang von Hinrichs Neffen Friedrich Brinkmann bewirtschafteten, damals rund acht Hektar großen Hof an der Ortstraße zu holen und ihn als Nachfolger einzusetzen, dürften Gesine Margarethe und Hinrich jedoch irgendwann Ende der 20er Jahre treffen.
Am 10. Mai 1935 heiratet Erich Gesine Suhr aus Nutzhorn, die daraufhin ebenfalls auf den Brinkmann-Hof zieht. Im Juni 1936 kommt Tochter Gerda zur Welt, im November 1937 Tochter Hilde. Zum von den seit Anfang 1933 regierenden Nationalsozialisten begonnenen Zweiten Weltkrieg wird Erich zwar eingezogen, dann aber aufgrund eines Augenleidens schon bald wieder aus der Wehrmacht entlassen. Bruder Fritz in Kirchkimmen hat nicht so viel Glück, er gehört 1942 zu den ersten Kriegstoten seines Heimatdorfes.
Das Kriegsende im Frühjahr 1945 erlebt Erich mit Gesine, den Kindern und Hinrich Brinkmann – dessen Ehefrau Gesine Margarethe ist 1943 verstorben – auf dem Hof in Hurrel. Schon bald kommt mit Heinrich Moddelmog ein aus Westpreußen stammender Flüchtlingsjunge hinzu, der die folgenden Jahre auf dem Vosteen-Hof verbringt. Im April 1946 wird Erich dann mit der Geburt der dritten Tochter Elli noch einmal Vater. Im März 1948 stirbt dann auch Hinrich Brinkmann.
Noch im selben Jahr gehört Erich zu den Mitbegründern des Ortslandvolkverbandes Hurrel, dessen Vorsitz er bis 1979 mehr als 30 Jahre lang innehat. Zwischen 1950 und 1955 ist er zudem als Bezirksvorsteher Ansprechpartner für die Gemeinde Hude im Dorf. In dieser Zeit engagiert er sich unter anderem für den Bau des ganz in der Nähe seines Hofes errichteten Ehrenmals zum Gedenken an die Opfer der beiden Weltkriege, den er 1954 ungeachtet anfänglicher behördlicher Widerstände gegen den Standort durchsetzt.
Das Jahr 1954 bleibt für Erich aber auch mit einer privaten Tragödie verbunden: Am 12. Juli stirbt im Alter von nur 45 Jahren infolge einer zu spät diagnostizierten Thrombose Ehefrau Gesine. Nachdem bis zu Ellis Konfirmation die beiden älteren Töchter Gerda und Hilde abwechselnd den Haushalt führen, stellt Erich 1960 für diese Aufgabe Gretchen Janßen aus Rethorn ein. Diese wird schon bald darauf seine neue Lebensgefährtin.
Als Elli im April 1964 Heino Ramke heiratet und nach Holle zieht, lebt Erich zunächst mit Gretchen weiter auf dem 1973 stillgelegten Hof. Später, nach Gretchens Tod im Juli 1984, wohnt er dann fünf Jahre lang alleine. Neues Leben ins Haus bringen schließlich ab 1989 Erichs Enkel Uwe Ramke und dessen spätere Ehefrau Inge. Neben deren Hochzeit im September 1990 erlebt Erich im März 1991 auch noch die Geburt der Urenkelin Sandra mit, ehe er am 12. März 1992 an Altersschwäche stirbt. Beerdigt ist er fünf Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude.