Erich Franz – Biographie

Erich Siegfried Franz wird am 9. März 1936 als zweites Kind von Kurt Franz und Johanne Franz auf dem elterlichen Hof in Hurrel (heutige Eigentümerin: Rita Wiemer) geboren. Er ist der jüngere Bruder von Hermann Franz und der ältere Bruder von Werner Franz, Hartmut Franz und Berta Franz.

Zwei Tage vor Erichs Geburt besetzen deutsche Truppen das seit Ende des Ersten Weltkriegs entmilitarisierte Rheinland. Dazu überschreiten auf Befehl Adolf Hitlers am Morgen zunächst drei Bataillone der Wehrmacht den Rhein und errichten Garnisonen in Aachen, Trier und Saarbrücken. Später rücken die insgesamt 30.000 beteiligten Soldaten in andere Städte der Region vor. Die Aktion verstößt nicht nur gegen den Deutschland 1919 aufgezwungenen Versailler Vertrag, sondern auch gegen den 1925 geschlossenen Locarno-Pakt. Im Reichstag begründet Hitler den Vertragsbruch mit der Ratifizierung eines französisch-sowjetischen Beistandspaktes in der französischen Nationalversammlung eine Woche zuvor. Dieser sei gegen Deutschland gerichtet und verstoße deshalb ebenfalls gegen die in Locarno getroffenen Vereinbarungen.

Bis heute debattieren Historiker darüber, ob mit einer entschlossenen Reaktion Frankreichs in dieser Situation die Weltgeschichte vielleicht komplett anders verlaufen wäre. Zwar können die seit 1933 in Berlin diktatorisch regierenden Nationalsozialisten innenpolitisch schalten und walten wie sie wollen, nach außen ist ihre Position jedoch alles andere als stark. Die neu formierte Wehrmacht befindet sich gerade erst im Aufbau und hätte bei einer völkerrechtlich durchaus vertretbaren militärischen Antwort kaum andere Möglichkeiten gehabt als einen sofortigen Rückzug.

Die Gründe, warum Frankreich es bei einem eher halbherzigen Protest belässt, sind vielfältig. Zum einen herrscht in der Bevölkerung angesichts des nicht einmal 20 Jahre zurückliegenden Weltkriegs eine eher pazifistische Stimmung – die kurz vor Wahlen stehende Regierung von Premierminister Albert Sarraut fürchtet, bei einer Militäraktion gegen Deutschland deutlich an Rückhalt zu verlieren. Hinzu kommen erhebliche Unstimmigkeiten mit dem vertraglich eigentlich zur Hilfe verpflichteten Bündnispartner Großbritannien. Dort besteht ebenfalls wenig Bereitschaft, Hitler in die Schranken zu weisen. Italien wiederum, über die Stresa-Front mit Frankreich und Großbritannien verbunden, hat bereits im Vorfeld grünes Licht zu einer deutschen Rheinland-Besetzung signalisiert. Auch der am 14. März tagende Rat des Völkerbunds kann sich zu keinen wirksamen Gegenmaßnahmen durchringen: Die Mehrheit der Delegierten sieht den Frieden in Europa durch die Aktion nicht unmittelbar bedroht.

Ob sich der knapp dreieinhalb Jahre später ausbrechende Zweite Weltkrieg im Frühjahr 1936 tatsächlich hätte verhindern lassen, bleibt trotz allem Spekulation. Von dessen Auswirkungen ist aber natürlich auch Erichs Familie in Hurrel betroffen. Zwar wird Vater Kurt als einziger von fünf Brüdern nicht zum Kriegsdienst eingezogen und kann den 1920 von Erichs Großvater Karl Franz gekauften Hof im Hurreler Sand weiter bearbeiten. Der schnelle Erfolg der Wehrmacht im Polen-Feldzug weckt in ihm jedoch kurzzeitig die Hoffnung, den nach Ende des Ersten Weltkriegs in Westpreußen verlorenen Familienbesitz zurückzubekommen. Ein entsprechender Antrag ist schnell gestellt, zieht sich aber in die Länge und wird nach dem Tod der mit im Haushalt lebenden Großeltern – Karl Franz stirbt im Januar 1940, seine Ehefrau Berta im April 1941 – nicht weiterverfolgt. Zum Glück für Erich und seine Geschwister, denen dadurch einige Jahre später das Schicksal eines Flüchtlingskindes erspart bleibt.

Am 1. April 1942 wird Erich als einer der Jüngsten seines Jahrgangs in die Volksschule Hurrel eingeschult. Mit den am selben Tag schulpflichtig gewordenen Nachbarskindern Eva Hobbie und Dieter Timmermann sowie den anderen Mitschülern erlebt er den sich ab Sommer 1944 rapide beschleunigenden Untergang des NS-Staats und schließlich im April 1945 die Einnahme Hurrels durch kanadische Truppen. Als einige Monate später der reguläre Unterricht wieder beginnt, platzt das 1897 errichtete Schulgebäude angesichts der zahlreichen Ost-Vertriebenen aus allen Nähten. Teilen lautet das Gebot der Stunde, auch wenn es kaum etwas zum Teilen gibt. Mit zwei Neuankömmlingen freundet sich Erich rasch an: Gerhard Röcker und Carl-Gustav von Hahn.

Das Glück, trotz sechs Jahren Krieg beide Elternteile behalten zu haben, ist für Erich und seine Geschwister von kurzer Dauer: Vater Kurt stirbt im Dezember 1949 an den Folgen einer Leisten-Operation. Fortan müssen alle fünf Kinder kräftig mitanpacken, um mit Mutter Johanne den knapp 14 Hektar großen Hof am Laufen zu halten. Schnell kristallisiert sich dabei heraus, dass Erich ein sehr großes Interesse für die Landwirtschaft entwickelt. Nach dem Abschluss der Hurreler Volksschule im April 1951 entschließt er sich deshalb zu einer entsprechenden Ausbildung.

Das erste Lehrjahr verbringt Erich zu Hause und besucht parallel dazu einmal pro Woche die Berufsschule in Hude. Das zweite Lehrjahr auf dem Hof von Johann Heinemann an der Ortstraße endet für ihn im Januar 1953 vorzeitig – er bricht sich in seiner Freizeit beim Turnen an der Teppichstange das Schlüsselbein. Nach einem mehrwöchigen Klinik-Aufenthalt und der an seinem 17. Geburtstag im März 1953 bestandenen Landarbeitsprüfung arbeitet Erich zunächst wieder auf dem 1951 gemäß Jüngstenrecht in der Gemeinde Hude seinem Bruder Hartmut überschriebenen Franz-Hof.

Um sein Dasein nach Hartmuts Volljährigkeit nicht als einfacher Landarbeiter fristen zu müssen, setzt Erich auf Weiterbildung. Ab 1956 besucht er die Landwirtschaftsschule in Delmenhorst, ab April 1959 schließt sich ein weiteres Lehrjahr auf dem Hof von Willi Abel in Klattenhof an. Derart vorbereitet besteht Erich im März 1960 die Prüfung zum landwirtschaftlichen Gehilfen und im April 1961 die Meisterprüfung.

Vier Wochen vor der seinem Bruder so wichtigen Meisterprüfung heiratet Hartmut Franz in Wildeshausen Liesa Möhlmann. Auf der Feier lernt Erich Alma Kusmierak kennen, mit der er sich auf Anhieb gut versteht. Auf dem Sommerfest in Düngstrup im August 1961 werden beide ein Paar. Während Alma sich – gerade 16 Jahre alt geworden – in Delmenhorst zur Kinderpflegerin ausbilden lässt, arbeitet Erich weiter auf dem Franz-Hof in Hurrel. Nebenbei fährt er in dieser Zeit auch noch Ware aus für die Mühle von Hermann Lüers im benachbarten Lintel.

Erich und Alma heiraten am 13. August 1965 in Hude. Nach der Hochzeit arbeitet Alma zunächst noch einige Monate weiter im Gehörlosen-Internat Wildeshausen und zieht dann kurz vor der Geburt des ersten Kindes Uwe im Februar 1966 zu ihrer Schwiegermutter Johanne Franz. Die Bewirtschaftung des Hofes in Hurrel endet nahezu zeitgleich mit der Geburt von Tochter Elke im April 1967. Neues Zuhause für die junge Familie ebenso wie für Johanne wird daraufhin im Dezember 1967 ein nach dem Kauf von Grund auf renoviertes Heuerhaus in Bettingbühren bei Berne. Zu diesem Zeitpunkt arbeitet Erich bereits seit rund einem halben Jahr als Betriebshelfer bei der Landwirtschaftlichen Alterskasse Oldenburg-Bremen. Und sieht bald darauf erneut Vaterfreuden entgegen: Im April 1969 kommt seine zweite Tochter Karin zur Welt.

Das Thema Weiterbildung beschäftigt Erich das komplette folgende Jahrzehnt hindurch. Zunächst wechselt er jedoch gleich zweimal den Arbeitgeber: Von der Landwirtschaftlichen Alterskasse geht es im November 1970 zum Beratungsring in Ganderkesee und im Januar 1972 zum Kreislandvolkverband Wesermarsch in Brake. Dort berät er die angeschlossenen Landwirte in Buchführungs- und Steuersachen und eignet sich neben dem dafür nötigen Fachwissen umfassende Kenntnisse der Datenverarbeitung an. Zwei Monate nach der Geburt der jüngsten Tochter Sabine im Juli 1975 besteht er dann in Oldenburg die Gehilfenprüfung in steuer- und wirtschaftsberatenden Berufen.

Erichs nächstes großes Ziel ist die Selbstständigkeit. Um es zu erreichen, besucht er ab März 1976 die Abendrealschule in Oldenburg. Dem Abschluss im Februar 1978 folgen diverse Wochenend-Lehrgänge und ein viermonatiges Vollzeit-Seminar in Bremen, an dessen Ende im Februar 1980 die erfolgreich absolvierte Prüfung zum Steuerbevollmächtigten steht. Anderthalb Jahre später eröffnet Erich in Berne sein eigenes Bevollmächtigten-Büro, in dem von Anfang an auch Ehefrau Alma mitarbeitet.

Nur wenige Jahre später erhält Erich Gelegenheit, seine durch all die Weiterbildungs-Maßnahmen zwangsläufig vernachlässigte Liebe zur Gartenarbeit und zur praktischen Landwirtschaft wieder etwas stärker auszuleben. Zusammen mit Alma kauft er im Januar 1984 in Krögerdorf bei Lemwerder eine knapp fünf Hektar große Landstelle inklusive reetgedecktem Wohnhaus, das die sechsköpfige Familie – Erichs Mutter Johanne lebt bereits seit 1974 bei ihrem ältesten Sohn Hermann in Munderloh – nach der Renovierung im März 1986 bezieht. Mit zum Grundstück gehört ein neu errichteter, intensiv genutzter Pferdestall: Neben Erich sind alle vier Kinder im Reiterverein Bettingbühren aktiv. Auch eine Herde Schafe und mehrere Kühe finden auf dem Anwesen Platz. Das zuvor bewohnte Eigenheim in Bettingbühren nutzt Erich fortan als Büro-Standort.

Die 90er Jahre beginnen mit einem Schock: In der Nacht vom 4. auf den 5. März 1992 brennt das zu diesem Zeitpunkt noch von Erich, Alma, Elke und Sabine bewohnte Reetdach-Haus in Krögerdorf bis auf die Grundmauern nieder. Nur zwei Tage später nimmt die Polizei einen 19-jährigen Automechaniker aus der Umgebung als mutmaßlichen Brandstifter fest. Bis der Neubau bezugsfertig ist, dauert es fast 14 Monate. Noch einmal ein knappes Jahr später kauft Erich zwei weitere Hektar Grünland hinzu.

Blieb in all den Jahren zuvor nur wenig Zeit für Urlaub, so holen Erich und Alma in der zweiten Hälfte der 90er einiges nach. Jeweils mit der Raiffeisenbank Berne bereisen sie 1997 Kanada, 1998 Südafrika und 1999 den Westen der USA. Mit dem Verein ehemaliger Landwirtschaftsschüler Brake geht es dann 2003 nach Sankt Petersburg. Zu weiteren Reisezielen gehören Madeira, Teneriffa und ab 2005 mehrfach die französische Stadt Besançon: Am dortigen Laboratoire de Mathématiques unterrichtet Sohn Uwe als Professor.

Außer im Reiterverein Bettingbühren engagiert sich Erich über viele Jahre hinweg ehrenamtlich im Sozialverband VdK Deutschland. Im März 2001 wird er dort als Kassenwart in den Vorstand gewählt. Dieses Amt behält Erich auch, als er 2006 im Alter von 70 Jahren sein Büro in Bettingbühren schließt. Ist er danach nicht für den VdK aktiv, so trifft man ihn meistens im eigenen Garten an. Für diese Tätigkeit gilt immer noch, was Erich einmal in einem Aufsatz für die Abendrealschule zu Papier gebracht hat: „Sobald im Frühjahr die Strahlen der Sonne die Erde erwärmen, hält es keinen Gartenfreund mehr im warmen Zimmer, ihn zieht es hinaus in den Garten. Die Frühjahrsbestellung beginnt. Jetzt wird gesät, gepflanzt, geharkt, gehackt und vieles mehr; die Arbeit reißt den ganzen Sommer über, ja bis zum Herbst hin nicht wieder ab. Immer gibt es etwas zu tun. Es ist eine Freude, die Pflanzen wachsen zu sehen, es ist wie ein Wunder, wie aus den winzigen Samen sich riesige Pflanzen entwickeln.“

Von einer 2007 auftretenden Krebserkrankung erholt sich Erich relativ rasch. Im Herbst 2013 verursacht eine undichte Herzklappe jedoch neue Probleme. Sie kostet ihn zehn Tage nach seinem 78. Geburtstag das Leben, als er in den frühen Abendstunden des 19. März 2014 ein lammendes Mutterschaf bei der Geburt unterstützen will. Als er dabei plötzlich zusammenbricht, kommt jede ärztliche Hilfe zu spät. Beerdigt ist Erich fünf Tage später auf der Ahnenstätte Hilligenloh in Hurrel.