Elly Lina Behnken wird am 28. April 1903 als drittes Kind von Karl Franz und Berta Franz im thüringischen Neidenberga (Landkreis Ziegenrück) geboren. Sie ist die jüngere Schwester von Kurt Franz und Erna Höpken und die ältere Schwester von Otto Franz, Erwin Franz, Rudolf Franz und Arno Franz.
Anderthalb Wochen vor Ellys Geburt beginnen in der russischen Provinz-Hauptstadt Kischinew gewalttätige Ausschreitungen gegen die jüdische Bevölkerung, die insgesamt drei Tage andauern. Dabei kommen fast 50 Menschen ums Leben, Hunderte werden verletzt und mehr als tausend Häuser und Läden zerstört. Behörden, Polizei und das in der Stadt stationierte Militär sehen dem Pogrom tatenlos zu – lediglich die Feuerwehr rückt vereinzelt aus, um ein Ausbreiten der vom Mob mutwillig gelegten Feuer auf die ganze Stadt zu verhindern.
Die Stimmung in der rund 100.000 Einwohner zählenden Stadt ist schon seit einiger Zeit aufgeheizt. Juden stellen mit knapp 46 Prozent die Mehrheit der Bevölkerung, vor Russen (27 Prozent) und Rumänen (18 Prozent). Letztere empfinden die im 19. Jahrhundert überwiegend aus dem geteilten Polen zugewanderten Juden zunehmend als Bedrohung. Eine Botschaft, die ihnen unter anderem auch Pawel Kruschewan, Verleger der örtlichen Tageszeitung „Bessarabez“, im Einklang mit der unter Zar Nikolaus II. zunehmend fremdenfeindlicher werdenden Politik des Russischen Reichs regelmäßig einhämmert. Juden seien Feinde der Menschheit, würden die Weltherrschaft anstreben und seien überdies Schuld am Tode von Jesus Christus, heißt es dort fast täglich. Kaum Zufall also, dass sich die dadurch provozierte Gewalt ausgerechnet am Ostersonntag ihren Weg bahnt.
Im Ausland ruft das Pogrom Entsetzen und teils heftige Proteste hervor. Die von Theodor Herzl geführte Zionistische Weltorganisation sieht darin den Beginn einer neuen Welle des Judenhasses und verstärkt ihre Propaganda für die Errichtung einer „jüdischen Heimstatt“ in Palästina. In Verhandlungen mit dem Osmanischen Reich dazu gibt es aber kaum Fortschritte, so dass Großbritannien den Vorschlag ins Spiel bringt, in Britisch-Ostafrika einen Zufluchtsort für verfolgte Juden zu etablieren – eine Idee, die die Delegierten des Sechsten Zionisten-Kongresses in Basel im August 1903 äußerst kontrovers diskutieren. Nachdem eine dreiköpfige Kommission die vorgesehene Region bereist hat, wird der Plan allerdings 1905 abgelehnt. Gleichwohl verlassen immer mehr russischstämmige Juden ihre Heimat. Den weitaus größten Teil von ihnen zieht es Richtung USA und Westeuropa, einige aber auch ins türkisch beherrschte Palästina. Im April 1909 etwa entsteht unweit der arabisch besiedelten Hafenstadt Jaffa die rein jüdische Neusiedlung Tel-Aviv.
Zur gleichen Zeit tragen sich Ellys Eltern ebenfalls mit Abwanderungsgedanken, wenn auch aus ganz anderen Motiven heraus. Vater Karl arbeitet in Neidenberga in vierter Generation als Schmied und Landwirt – verdient dabei aber kaum genug, um die nach der Geburt von Rudolf im November 1907 auf sechs Kinder angewachsene Familie über Wasser zu halten. Deshalb nimmt er im Sommer 1910 das Angebot der Provinz Westpreußen an, siedlungswilligen Bauern zu sehr günstigen Konditionen Land zur Verfügung zu stellen. Eine richtige Entscheidung, wie es schon bald nach dem Umzug ins mehr als 500 Kilometer weiter nordöstlich gelegene Dorf Rebkau (Landkreis Kulm) den Anschein hat, denn das in Besitz genommene Land ist äußerst fruchtbar. Obwohl im Juli 1911 mit Arno noch ein weiterer Sohn hinzukommt, gehören die gröbsten finanziellen Sorgen der Vergangenheit an.
Wie Elly mit dem für sie mit einem Schulwechsel verbundenen Umzug zurechtkommt, ist in der Familie nicht überliefert. Sehr wahrscheinlich wird sie sich jedoch – als Erst- oder Zweitklässlerin – schnell mit dem veränderten Umfeld arrangieren und neue Freundinnen finden. Die nächste Zäsur lässt allerdings nicht lange auf sich warten: Im August 1914 beginnt der Erste Weltkrieg, an dem auch Vater Karl teilnimmt. Um dessen Abwesenheit zu kompensieren, dürfte Elly nach Schulabschluss und Konfirmation zunächst auf dem elterlichen Hof mitarbeiten.
Dem Waffenstillstand von Compiègne im November 1918 folgt im Jahr darauf der Friedensvertrag von Versailles – der dem mittlerweile zur Republik gewordenen Deutschen Reich eine Reihe von Lasten aufbürdet. Eine davon ist der Verlust großer Teile Westpreußens einschließlich des Landkreises Kulm. Daraufhin packt Familie Franz Anfang Mai 1920 erneut die Koffer und zieht ins rund 650 Kilometer westlich von Rebkau gelegene Hurrel.
Wie lange Elly auf dem von Vater Karl im Hurreler Sand gekauften Hof (heute: Rita Wiemer) wohnt und mitarbeitet, lässt sich heute nicht mehr genau rekonstruieren. Vermutlich noch vor dem Höhepunkt der ebenfalls auf die Niederlage im Ersten Weltkrieg zurückgehenden Hyperinflation von 1923 nimmt sie eine Stellung auf dem Hof Wübbenhorst in Hohenböken an. Dort lernt sie ihren künftigen Ehemann Hinrich Behnken aus dem benachbarten Bookholzberg kennen. Kurz nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes Heinz im April 1930 in Hurrel zieht Elly zu Hinrich auf den am Ende der Huder Straße gelegenen Hof ihres Schwiegervaters Hermann Diedrich Behnken (heute: Borrek Design). Dort kommt am 18. September 1935 der zweite Sohn Hermann zur Welt.
Zwischen den Geburten der beiden Kinder liegen politisch betrachtet Welten: Regiert im April 1930 noch eine durch demokratische Wahlen zustande gekommene bürgerlich-liberale Koalition unter Reichskanzler Heinrich Brüning, so haben fünf Jahre später die auf ihren Führer Adolf Hitler eingeschworenen Nationalsozialisten nach ihrer Machtübernahme im Januar 1933 längst jede parlamentarische Kontrolle ausgehebelt. Und verabschieden drei Tage vor Hermanns Geburt mit den Nürnberger Rassegesetzen ein Gesetzespaket, das die Rechte der knapp 500.000 in Deutschland lebenden Juden massiv beschneidet und sie faktisch zu Bürgern zweiter Klasse stempelt. Nach Juden-Boykott und Arier-Paragraph ein weiterer Schritt auf dem Weg zur Reichspogromnacht vom November 1938 und schließlich in den Holocaust.
Ein Prestige-Projekt der Nationalsozialisten entsteht in Ellys unmittelbarer Nachbarschaft: die Freilichtbühne Stedingsehre, wo nach dem Willen des Oldenburger Gauleiters Carl Röver regelmäßig das 1934 von August Hinrichs geschriebene Theaterstück „De Stedinge“ aufgeführt werden soll. Das Stück erinnert an den Freiheitskampf der Stedinger Bauern, die 1234 in der Schlacht bei Altenesch eine vernichtende Niederlage gegen die Truppen des Bremer Erzbischofs Gerhard II. erlitten. Der feierlichen Grundsteinlegung im Oktober 1934 wohnen neben Röver weitere NS-Größen wie Heinrich Himmler, Alfred Rosenberg und Reichsbauernführer Walther Darré bei, eröffnet wird die Kultstätte im Juli 1935. In jenem Jahr und in der zweiten Festspiel-Saison 1937 rollen immer wieder aus allen Himmelsrichtungen Sonderzüge zum „Oberammergau des Nordens“. Tausende und abertausende von Besuchern pilgern in dieser Zeit am Behnken-Hof vorbei.
In gewisser Weise lässt sich das von Schauspielern des Staatstheaters Oldenburg gemeinsam mit Laien aus der Region aufgeführte Spektakel als Blaupause für das ansehen, was die Nationalsozialisten der Welt nur wenig später aufzwingen – den totalen Krieg. Er beginnt im September 1939 mit dem Überfall auf Polen und endet im Mai 1945 mit der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht. Eine selbstverständlich auch für Elly nicht einfache Zeit, die aber innerhalb ihrer Familie keine direkten Opfer fordert. Zwar verliert sie 1940 und 1941 innerhalb von 15 Monaten sowohl Vater als auch Mutter, in beiden Fällen jedoch nicht durch Kriegseinwirkung. Sohn Heinz, noch kurz vor Kriegsende im Focke-Wulf-Werk in Cottbus zum Flugzeugbau eingesetzt, kehrt mit einer Lungentuberkulose zurück, gilt aber nach einem längeren Sanatoriums-Aufenthalt als vollständig geheilt.
Obwohl Ehemann Hinrich nicht zur Wehrmacht eingezogen worden ist, liegt die Bewirtschaftung des Hofes die ganzen Kriegsjahre über weitgehend in Ellys Händen. Daran ändert sich auch nach 1945 nichts, so dass Schwiegervater Hermann Diedrich sie noch vor der Scheidung von Hinrich als Haupterbin einsetzt. Nach Hermann Diedrichs Tod 1952 lebt Elly weiter mit ihrem jüngsten Sohn Hermann auf dem Hof, gibt den Betrieb aber wegen des rasch fortschreitenden Strukturwandels in der Landwirtschaft schon einige Jahre später auf. Während Hermann zunächst als Kraftfahrer und später als Baggerführer bei einer Baugesellschaft in Bremen arbeitet, trägt Elly mit diversen Heimarbeiten zum gemeinsamen Haushalt bei.
In den folgenden Jahren wird Elly siebenmal Großmutter, sieht aber nach ihrer Erkrankung an Magen- und Darmkrebs nicht mehr alle Enkelkinder über Schulzeit und Konfirmation hinaus aufwachsen. Sie stirbt am 1. April 1973 im Krankenhaus in Delmenhorst und wird drei Tage später auf dem Friedhof der Auferstehungskirche in Bookholzberg beerdigt.