Johann Diedrich Schütte – Rufname Diedrich – wird am 18. Juli 1879 als zweites Kind von Johann Gerd Schütte und Margareta Schütte auf dem elterlichen Hof in Lintel (heute: Helmut und Karin Schütte) geboren. Er ist der jüngere Bruder von Carl Friedrich Schütte und der ältere Bruder von Annchen Katharine Schlötelburg, Johann Schütte, Heinrich Schütte, Martha Wachtendorf, Georg Schütte und Hinrich Schütte.
Als Diedrich zur Welt kommt, hat die nahegelegene Stadt Oldenburg rund 20.000 Einwohner – und nach fast zwölfjähriger Wartezeit endlich auch ein Bahnhofsgebäude, das diesen Namen verdient. Zwar besteht die Bahnstrecke Bremen-Oldenburg, die später nach Heppens (das heutige Wilhelmshaven) und Leer weiterführt, bereits seit Sommer 1867. Weil sich aber eine ursprünglich am heutigen Cäcilienplatz geplante Empfangshalle aus Platzgründen nicht realisieren lässt, müssen die Fahrgäste zunächst mit einem umgebauten Güterschuppen vorlieb nehmen – bis endlich am 21. Mai 1879 der Centralbahnhof feierlich eröffnet wird. Ein durchaus imposantes Gebäude, das aber in seinem neogotischen Baustil eher an ein Schloss als an ein Tor zur weiten Welt erinnert und schon 30 Jahre später nicht mehr den Anforderungen genügt. Es wird deshalb 1913 abgerissen und durch den noch heute bestehenden Hauptbahnhof ersetzt.
Ob Diedrich vom nahegelegenen Wüsting aus jemals per Zug in den Centralbahnhof einrollt, lässt sich heute nicht mehr mit Gewissheit sagen. Vermutlich aber eher nicht, denn am Ende des 19. Jahrhunderts legt man derartige Strecken im Umland von Oldenburg eher mit der Pferdekutsche zurück – oder läuft, wenn es an diesem Fortbewegungsmittel fehlt, zu Fuß. Der Umgang mit Kutschen und vor allem Pferden wird Diedrich allerdings von frühester Kindheit an vertraut sein, schließlich betreibt sein Vater neben der Landwirtschaft eine 1844 von dessen Vater Christian Friedrich Schütte begründete Schmiede.
Da er angesichts des in der Gemeinde Hude geltenden Jüngstenrechts kaum Aussicht darauf hat, eines Tages den elterlichen Hof übernehmen zu können, konzentriert sich Diedrich frühzeitig auf das zweite Standbein der Familie und erlernt das Schmiedehandwerk. Auch seine jüngeren Brüder werden Schmiede: Johann in Tweelbäke, Heinrich in Wüsting, Georg in Oberhausen und Hinrich auf dem Stammhof in Lintel. Lediglich der ältere Bruder Carl Friedrich geht einen anderen Weg: Er wandert im Frühjahr 1894 – ein halbes Jahr vor dem Tod des Großvaters – nach Nebraska aus und baut sich eine Existenz als Farmer auf.
Am 7. November 1905 heiratet Diedrich Marie Buchholz aus dem benachbarten Grummersort. Wo das Paar im ersten Jahr nach der Hochzeit wohnt und wovon es seinen Lebensunterhalt bestreitet, ist heute in der Familie nicht mehr bekannt. Theoretisch ist es denkbar, dass die beiden zu diesem Zeitpunkt bereits in Hurrel leben und Diedrich die 1824 auf dem Hof von Lucas Pannenborg (heute: Constanze Fechner-Jung) eingerichtete Schmiede betreibt. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass Diedrich Wind von den Schwierigkeiten dieser Schmiede bekommt und sich – in der festen Überzeugung, den umliegenden Bauern eine bessere Dienstleistung bieten zu können – erst im Laufe des Jahres 1906 mit seiner Frau in Hurrel niederlässt.
Wie auch immer: Auf einer kleinen, zuvor gekauften Landstelle (heute: Manfred und Heike Köster) baut Diedrich zunächst eine Werkstatt und ergänzt diese 1907 durch ein Wohnhaus. Dort kommt kurz nach dem Einzug der erste Sohn Johann zur Welt, dem mit Heinrich (April 1908) und Georg (August 1913) zwei weitere Söhne folgen.
Ein Jahr nach Georgs Geburt reißt der Ausbruch des Ersten Weltkriegs Diedrich aus seinem gewohnten Umfeld heraus. Ob er den Krieg direkt an der Front oder irgendwo in der Etappe erlebt, ist nicht überliefert – er kehrt allerdings wohlbehalten zurück und nimmt Ende 1918 die Arbeit in seiner Schmiede wieder auf. Ein Jahr später trifft ihn dann ein familiärer Schicksalsschlag: Im Dezember 1919 stirbt Sohn Georg an Diphtherie.
Mit Willi kommt im Februar 1921 ein weiterer Sohn hinzu. Noch bevor dieser die Schule abschließt, steht indes fest, dass entgegen des Jüngstenrechts der älteste Sohn Johann die Schmiede weiterführen soll. Bis dahin ein durchaus lohnendes Geschäft: Diedrich gehört Erzählungen aus der Familie zufolge in den 30er Jahren zu den ersten Hurrelern, die sich ein eigenes Auto leisten können.
Der im September 1939 von den Nationalsozialisten entfesselte Zweite Weltkrieg bringt neue Sorgen und Nöte. Zwar wird Johann für unabkömmlich erklärt und auch die beiden anderen Söhne überstehen den Krieg weitgehend unbeschadet – Heinrich in britischer Gefangenschaft, Willi in einem Instandsetzungstrupp in Königsberg. Nach einem Bombentreffer infolge eines Luftangriffs müssen Diedrich und Johann jedoch 1942 die schwer beschädigte Schmiede mühsam wieder aufbauen.
Bei Kriegsende ist Diedrich 65 Jahre alt. Trotzdem arbeitet er auch in den folgenden Jahren weiter in der Schmiede mit. Sein Ende kommt plötzlich: Am 7. Juli 1954 – drei Tage nach dem von der deutschen Fußball-Nationalmannschaft vollbrachten Wunder von Bern – verabschiedet sich Diedrich wie gewohnt in die Mittagspause, schafft es aber nur noch in den neben dem Bett stehenden Sessel. Dort erleidet er einen Herzstillstand. Beerdigt ist er fünf Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude.