Annchen Sophie Catharine Schwarting wird am 9. September 1894 als erstes Kind von Heinrich Hollmann und Gesine Hollmann auf dem Hof ihrer Eltern (heute: Armin und Ellen Schulz) in Lintel geboren. Sie ist die ältere Schwester von Friedrich Hollmann, Heinrich Hollmann Junior, Martha Pflughaupt, Georg Hollmann und Sophie Spielbrink.
Einen Tag nach Annchens Geburt heiratet im oberbayerischen Kurort Marquartstein der deutsche Komponist Richard Strauss die Opernsängerin Pauline de Ahna. Damit beginnt „eine der bizarrsten Ehen der Kunstgeschichte“ („Die Weltwoche“). Kennengelernt hat sich das Paar 1887, als Pauline – Tochter eines bayerischen Armeegenerals – bei Strauss Gesangsunterricht nimmt und ihrem Lehrer später nach Weimar folgt. Dort feiert sie in der von Strauss inszenierten Mozart-Oper „Die Zauberflöte“ Premiere und lässt schon bald umjubelte Auftritte in „Tannhäuser“ und „Hänsel und Gretel“ folgen.
Dass es zwischen den beiden offenbar grundverschiedenen Partnern impulsiv zugehen wird, davon können sich die Mitglieder des Weimarer Ensembles bereits im Frühjahr 1894 aus nächster Nähe überzeugen. Bei einer Orchesterprobe für seine erste eigene Oper „Guntram“ mit Pauline in der Hauptrolle steht Strauss selbst am Dirigenten-Pult. Dabei kommt es der Überlieferung zufolge zu einem Streit, in dessen Verlauf Pauline dem zukünftigen Ehemann ihren Klavierauszug an den Kopf wirft und wütend von der Bühne stapft. Strauss folgt ihr in die Garderobe, wo Paulines lautstarkes Gezeter zu hören ist. Als er wieder erscheint, erklärt der peinlich berührte Sprecher der Musiker, das Orchester sei entsetzt über das Benehmen von Fräulein de Ahna und verweigere fortan aus Solidarität mit dem Dirigenten jede weitere Zusammenarbeit mit ihr. Das sei schade, soll Strauss lächelnd erwidert haben, denn er habe sich mit dem Fräulein soeben verlobt.
Tatsächlich zeigt sich Pauline auch nach der Hochzeit häufig launisch und herrisch – wozu unzählige weitere Anekdoten existieren. Auf Reisen ist sie zudem angesichts ihrer Taktlosigkeit der Schrecken aller Hotel-Portiers, Kellner und Zimmermädchen. Richard Strauss scheint jedoch genau dies zu inspirieren. „Die Bewunderung der ganzen Welt interessiert mich weniger als ein einziger Wutanfall von Pauline“, äußert er einmal gegenüber der Sängerin Lotte Lehmann. Nicht von ungefähr spielen in vielen seiner Opern dominante Frauen eine tragende Rolle – etwa in „Salome“. Mit dem biblisch-frivolen Stoff über die namensgebende Herrschertochter, die von Stiefvater Herodes als Gegenleistung für den von ihr dargebotenen „Tanz der sieben Schleier“ den Kopf von Johannes dem Täufer fordert, schafft Strauss 1905 den Durchbruch als Komponist. Nur ein Jahr später gibt Pauline ihren Beruf als Sängerin auf und bezieht mit ihrem Ehemann und dem 1897 geborenen Sohn Franz eine mit den Einnahmen aus „Salome“ finanzierte Villa in Garmisch.
In Lintel lebt zu diesem Zeitpunkt Annchens ebenfalls 1897 geborener Bruder Heinrich Junior bereits nicht mehr – er ist im April 1903 im Elisabeth-Kinderkrankenhaus in Oldenburg einer Hirnhautentzündung erlegen. Mit den anderen Geschwistern wächst Annchen auf einem Hof an der Linteler Straße auf, den Vater Heinrich 1896 von Bernhard Heinrich Schwarting gekauft hat (heute: Georg Hollmann). Sehr wahrscheinlich seit 1901 besucht sie die 1897 neu eingerichtete, von ihrem Elternhaus knapp 300 Meter entfernte Volksschule des Dorfes. Dort werden sie und ihre Mitschüler von Adolf Christian Poppe unterrichtet, einem Sohn des damals sehr populären Oldenburger Heimatdichters Franz Poppe.
Nach Schulabschluss und Konfirmation geht Annchen Informationen aus der Familie zufolge auf einem Hof in Lemwerder in Stellung. Wo und wie sie ab August 1914 die entbehrungsreichen Jahre des Ersten Weltkriegs erlebt, liegt heute im Dunkeln – ebenso, wann Annchen und ihr künftiger, fast acht Jahre älterer Ehemann Diedrich Schwarting aus Hurrel ein Paar werden. Diedrich ist in Lintel auf jenem Hof geboren, den Annchens Eltern 1896 gekauft haben, und hat dort die ersten neun Jahre seines Lebens verbracht. Seine damals in der direkten Nachbarschaft auf dem Linteler Feld wohnenden Schwiegereltern kennt er deshalb von Kindesbeinen an – und vielleicht hat er unmittelbar vor dem Umzug nach Hurrel sogar noch Annchens erste Gehversuche beobachtet. Später dürften sich beide jedoch allein schon aufgrund des Altersunterschiedes relativ rasch aus den Augen verloren haben.
Annchen und Diedrich heiraten am 22. Oktober 1920. Danach zieht Annchen auf den Hof ihrer Schwiegereltern Bernhard Heinrich und Anna Schwarting am Hesterort (heute: Heiko und Anieka Schwarting). Dort bringt sie mit Anneliese (August 1921), Heinrich (Februar 1923), Bernhard (April 1924) und Gisela (Juli 1925) vier Kinder zur Welt. Im April 1922 stirbt in Hurrel Schwiegervater Bernhard Heinrich Schwarting nach längerer Krankheit.
Zum Schwarting-Hof gehören insgesamt 36 Hektar Land, die allerdings beim Kauf 1896 größtenteils noch von Heide bewachsen waren. Einen Teil davon haben Annchens Schwiegereltern bereits in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg kultiviert. Diese Arbeit setzen Diedrich und Annchen nun fort, wobei sich das von den deutschen Chemikern Fritz Haber und Carl Bosch Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelte Verfahren zur Herstellung von Kunstdünger als große Hilfe erweist. Trotz Hyperinflation und Weltwirtschaftskrise können sie deshalb bis Mitte der 30er Jahre ihren Tierbestand beträchtlich vergrößern und auf dem Hofgelände mehrere Anbauten vornehmen.
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten hat derweil der NS-Staat die 1918 ausgerufene Weimarer Republik abgelöst – mit fatalen Folgen für politische Gegner und Minderheiten wie Juden oder Behinderte, aber letztlich auch für die gesamte Bevölkerung. Als am 1. September 1939 der deutsche Überfall auf Polen den Zweiten Weltkrieg eröffnet, sind Annchens 16 und 15 Jahre alten Söhne noch nicht dabei. Dass ihre Einberufung nur eine Frage der Zeit ist, darüber macht sie sich aber vermutlich keine Illusionen. Am Ende verliert Heinrich im Russland-Feldzug ein Bein, Bernhard in Belgien sein Leben. Noch in den letzten Kriegswochen lässt darüber hinaus ein nächtlicher Angriff englischer Tiefflieger den Schwarting-Hof in Flammen aufgehen.
Alles andere als gute Voraussetzungen also für die Stunde Null, die Annchen und ihrer Familie auf dem Hof des Nachbarn Heinrich Tönjes schlägt. Doch mit vereinten Kräften schaffen Annchen, Diedrich und Hoferbe Heinrich in den folgenden Jahren den Wiederaufbau – im Herbst 1948 hat die drei Jahre zuvor organisierte Wehrmachtsbaracke als Notbehelf endlich ausgedient. Und es gibt noch einen weiteren Grund zum Feiern: Am 8. Oktober 1948 heiratet Tochter Gisela Friedrich Siems aus Oberhausen. Eine Feier, die Annchens kurz zuvor in Lintel verstorbene Mutter Gesine – anders als bei der Hochzeit der älteren Tochter Anneliese mit Karl Heinz Heinemann ein Jahr zuvor – nicht mehr miterlebt.
Die nächste Hochzeit beschert Annchen eine Schwiegertochter auf dem Hof: Am 16 Juni 1950 heiratet Heinrich Hanna Blankemeyer aus Vosteen. Die folgenden Jahre bleiben ein Kommen und Gehen: Die Enkelkinder Helmut, Irmgard, Gerold, Heino und Wilfried werden geboren, im Dezember 1952 stirbt Annchens Vater Heinrich und im Februar 1955 Enkeltochter Irmgard Siems, die an einer seltenen Augenerkrankung leidet. Bei Heinrich und Hanna stellt sich derweil kein Nachwuchs ein – beide holen daraufhin 1963 Annelieses jüngsten Sohn Heino Heinemann nach Hurrel und adoptieren ihn acht Jahre später.
Schon vor Heinos Ankunft ziehen sich Annchen und Diedrich auf dem unter Heinrichs Regie weiter expandierenden Hof aufs Altenteil zurück. Gleichwohl bleibt Annchen auch in späteren Jahren in der Landwirtschaft sehr aktiv und fühlt sich beispielsweise bis ins hohe Alter für die Fütterung der Schweine verantwortlich.
Ihr letztes Lebens-Jahrzehnt muss Annchen ohne Diedrich verbringen, der im Januar 1972 – nur wenige Wochen nach seinem 85. Geburtstag und 15 Monate nach der im Gasthof von Bodo und Ursel Mehrings gefeierten Goldenen Hochzeit – friedlich im Schlaf stirbt. Nach Heinos Hochzeit mit Karin Wieting aus Sannum im Juni 1975 erlebt Annchen noch die Geburt von deren Töchtern Anke (Januar 1976) und Birte (Juli 1977), nicht jedoch die Ankunft des dritten auf dem Schwarting-Hof geborenen Urenkelkindes Heiko: Sie stirbt zwei Wochen vorher, am 25. März 1981, und wird sechs Tage später in Hude auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche beerdigt.