Anita Kähler wird am 16. Januar 1927 als viertes Kind von Johann Drieling und Alma Drieling auf einem von ihren Eltern gepachteten Hof an der Hurreler Straße in Vielstedt (heute: Klaus Boehnke) geboren. Sie ist die jüngere Schwester von Herbert Drieling, Gustav Drieling und Heino Drieling und die ältere Schwester von Bertha Paradies, Hans Drieling und Gisela Wiemken.
Eine Woche vor Anitas Geburt hat in Berlin der von Fritz Lang gedrehte Science-Fiction-Stummfilm „Metropolis“ Premiere. Dabei handelt es sich um ein in fast jeder Beziehung monumentales Werk: Der Film ist rund zweieinhalb Stunden lang, die Produktionskosten belaufen sich auf den für die damalige Zeit ungeheuren Betrag von 5 Millionen Reichsmark und an der Fertigstellung wirken mehr als 36.000 Komparsen mit. Ungeachtet allen Aufwands fällt „Metropolis“ jedoch bei Kritikern und Publikum gleichermaßen durch. Der heute als einer der bedeutendsten Beiträge zur Filmgeschichte angesehene Klassiker läuft nach der Premiere lediglich in einem einzigen Kino der deutschen Hauptstadt. Dort zieht er bis Mai 1927 lediglich 15.000 Zuschauer an und wird dann abgesetzt.
Der teure Flop bringt die ohnehin in finanziellen Schwierigkeiten steckende Filmgesellschaft Ufa zusätzlich in Bedrängnis. Sie steht kurz vor dem Bankrott, vor dem sie im März 1927 nur der Einstieg des nationalistischen Politikers und Medien-Unternehmers Alfred Hugenberg bewahrt. Fünf Monate später kommt „Metropolis“ noch einmal in einer deutlich gekürzten und inhaltlich abgeänderten Version in die Kinos, findet aber ebenfalls kaum Publikum. Deutlich mehr Anklang finden naturnahe Produktionen wie „Der heilige Berg“ mit Leni Riefenstahl und Luis Trenker in den Hauptrollen. Dieser typische Bergfilm feiert außer in Deutschland auch in Frankreich, Spanien, Portugal, Griechenland und sogar in den USA und Japan Erfolge.
Das Jahr 1927 markiert nicht nur für die Ufa einen Einschnitt, sondern ganz generell für das Filmgeschäft. In Hollywood leitet „Der Jazzsänger“ als erster kommerzieller Tonfilm der Welt das Ende der Stummfilm-Ära ein. Deutsche Filme haben es fortan deutlich schwerer, sich im Ausland zu behaupten, denn eine Synchronisation ist technisch noch nicht möglich. Obwohl in den Folgejahren Achtungserfolge wie „Der blaue Engel“ oder „M“ gelingen, geht die internationale Bedeutung der Branche stetig zurück. Der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Januar 1933 – die Ufa-Eigner Hugenberg mit seinem Medien-Imperium im Vorfeld tatkräftig unterstützt – folgt innerhalb weniger Monate die Gleichschaltung durch Reichspropaganda-Minister Joseph Goebbels. „Metropolis“-Schöpfer Fritz Lang emigriert daraufhin nach Paris, während sich die ehemalige Schauspielerin Leni Riefenstahl als Regisseurin in den Dienst des neuen Regimes stellt.
Als Riefenstahl im Herbst 1933 ihren ersten Propaganda-Film „Der Sieg des Glaubens“ dreht, lebt Anita mit ihrer Familie sehr wahrscheinlich schon in einem von Heinrich Sparke gemieteten Heuerhaus in Hurrel (heute: Elfriede Sparke). Dort betreiben ihre Eltern wie bereits in den Jahren zuvor an der Hurreler Straße ein klein wenig Landwirtschaft für den Eigenbedarf. Hauptberuflich arbeitet Vater Johann jedoch auf der Ziegelei in Munderloh.
Zu Anitas in etwa gleichaltrigen Schulkameradinnen in der Volksschule Hurrel gehören neben Schwester Bertha unter anderem Elly Höpken, Eva-Maria Jung, Wilma Lange, Alwine Logemann, Gisela Schwarting und Inge Wieting. In dieser Zeit erlebt sie nicht nur die zunehmende – in erster Linie auf ihre männlichen Mitschüler abzielende – Militarisierung des Schulalltags, sondern im September 1939 auch den Beginn des Zweiten Weltkriegs. Ein Krieg, aus dem zunächst fast ausschließlich Erfolge zu vermelden sind: Als Anita am 23. März 1941 konfirmiert wird, hält die Wehrmacht – zu der auch ihre älteren Bruder Herbert und Gustav eingezogen wurden – halb Europa besetzt und schickt sich als nächstes an, neben dem Balkan auch Nordafrika zu erobern.
Nach Konfirmation und Schulabschluss geht Anita beim Altmoorhauser Bäckermeister Otto Breas in Stellung, dessen Sohn Fritz im Jahr zuvor tödlich mit dem Auto verunglückt ist. Anita unterstützt in dieser Zeit nicht nur die junge Witwe Hanna im Haushalt und bei der Versorgung ihrer beiden Kinder Fritz-Otto und Lore, sie arbeitet auch im zum Betrieb gehörenden Kolonialwarenladen sowie in der angegliederten Poststelle mit und fährt mit dem Bäckerwagen Waren aus. Knapp anderthalb Jahre nach dem Überfall auf die Sowjetunion im Juni 1941 erreicht derweil das Dritte Reich seine größte Ausdehnung.
Spätestens nach der verlorenen Schlacht von Stalingrad im Februar 1943 zeichnet sich jedoch ab, dass der Krieg für Deutschland kein gutes Ende nehmen wird. Ab 1944 häufen sich dann die Verlustmeldungen. Neben ehemaligen Schulkameraden wie Heino Pape, Heino Rüdebusch, Bernhard Schwarting, Heino Schwarting, Werner Stöver und Heino Wieting trifft es auch Anitas Brüder Gustav und Heino. Ersterer fällt im März 1944 in der Nähe der nordrussischen Stadt Pleskow, letzterer gilt seit März 1945 in Ostpreußen als vermisst.
Nach Kriegsende bleibt Anita zunächst weiter bei Breas in Altmoorhausen. Auf einem der Tanzabende, die Nachbar Anton Budde in seiner der Bäckerei direkt gegenüberliegenden Gastwirtschaft „Zum Wunderhorn“ regelmäßig veranstaltet, lernt sie ihren künftigen Ehemann Fritz Kähler aus Tweelbäke kennen. Kein Einzelfall: Im späteren „Altmoorhauser Krug“ werden in jenen entbehrungsreichen Jahren zahlreiche Ehen angebahnt – auch jene von Anitas Schwester Bertha mit Herbert Paradies, deren Hochzeit Anita und Fritz im Juni 1947 als Trauzeugen begleiten.
Ihre eigene Hochzeit feiern Anita und Fritz am 30. Juli 1948, wenige Wochen nach der Währungsreform. Daraufhin zieht Anita auf den von Fritz bis dahin mit seiner Mutter Frieda und deren Schwiegermutter bewirtschafteten, rund 15 Hektar großen Hof am Barkemeyersweg. Ähnlich wie für Schwester Bertha, die mit Herbert Paradies nur etwas mehr als zwei Kilometer entfernt am Alten Damm einen Hof in ähnlicher Größenordnung führt, bedeutet das harte körperliche Arbeit – der Einsatz von Maschinen ist in jenen Jahren wie überall in der Landwirtschaft eher die Ausnahme als die Regel.
Nach der Geburt der Kinder Manfred (April 1949) und Hildegard (Juni 1954) nutzen Anita und Fritz die allgemeine Aufbruchsstimmung der 50er Jahre dazu, ihren Betrieb durch Zupachtung schrittweise zu vergrößern – als sie den Hof 1981 an Sohn Manfred und dessen Frau Christa übergeben, bewirtschaften sie fast 30 Hektar. Trotz der damit verbundenen Arbeit gelingt es Anita noch in ihrer aktiven Zeit als Bäuerin, regelmäßig ihrer Reiselust nachzugehen. Ihr erster Urlaub führt sie Anfang der 60er Jahre nach Düsseldorf, wo ein Kriegskamerad von Fritz wohnt, spätere Ziele liegen vor allem in Bayern und Österreich.
Als Fritz im März 1996 nach längerer Krankheit stirbt, bleibt Anita weiter aktiv – bei den Tweelbäker Landfrauen und im Kegelclub, aber auch in der Wüstinger Ortsgruppe des VdK, der sie 1997 beitritt und mit der sie sogar bis nach Ungarn reist. Ihren 80. und 85. Geburtstag feiert sie mit der Familie, Freunden und Nachbarn jeweils bei guter Gesundheit im „Altmoorhauser Krug“. Die Beziehung zu Schwester Bertha – seit 1974 mit ihrer Familie auf einem Hof an der Dorfstraße in Altmoorhausen ansässig – bleibt zeitlebens eng: Nachdem im Juni 2000 auch Schwager Herbert Paradies gestorben ist, feiern Anita und Bertha in Altmoorhausen regelmäßig gemeinsam Silvester.
Ihr letztes gemeinsames Silvesterfest verbringen die beiden Schwestern 2011, Bertha stirbt im Oktober des darauffolgenden Jahres. Anita folgt ihr am 30. Januar 2013. Beerdigt ist sie sieben Tage später auf dem Alten Osternburger Friedhof in Oldenburg.