Alwine Grummer wird am 23. März 1923 als einziges Kind von Friedrich Grummer und Gesine Grummer in Hurrel geboren.
Die seit Januar 1923 andauernde Besetzung des Ruhrgebiets durch französische und belgische Truppen bestimmt auch zwei Monate später noch das politische Tagesgeschehen in der jungen Weimarer Republik. Einen Tag vor Alwines Geburt lehnt es Reichskanzler Wilhelm Cuno erneut ab, vor einem Abzug der Besatzungstruppen mit der französischen Regierung über eine Wiederaufnahme der nach Ende des Ersten Weltkriegs festgelegten und 1922 ins Stocken geratenen deutschen Reparationen zu verhandeln. Bis dahin soll die Bevölkerung seinem Willen zufolge weiter passiven Widerstand gegen das „Regime der Gewalt und der Rechtlosigkeit“ leisten.
Frankreichs Ministerpräsident Raymond Poincaré bleibt trotz vereinzelt auch in anderen Ländern aufflammender Proteste ebenfalls bei seiner kompromisslosen Linie. Um die Kosten des Militäreinsatzes zu decken, plädiert er am 27. März vor dem Finanzausschuss des französischen Parlaments für eine längere Besetzung und Ausbeutung des Ruhrgebiets. Derweil steigt die Zahl der Opfer auf beiden Seiten. Einen vorläufigen Höhepunkt erreicht der Konflikt am 31. März im Krupp-Werk in Essen, als französische Soldaten bei der Beschlagnahme betriebseigener PKWs mit Maschinengewehrfeuer gegen demonstrierende Arbeiter vorgehen. Die Aktion fordert 13 Tote und mehr als 30 Verletzte.
Um den passiven Widerstand der etwa zwei Millionen Arbeiter im Ruhrgebiet zu finanzieren, übernimmt die deutsche Regierung sämtliche Lohnzahlungen und sonstigen Kosten – ein Vorgehen, das sich nur mit in Massen frisch gedrucktem Geld durchhalten lässt. Dadurch nimmt die seit Jahresbeginn ohnehin schon rasant steigende Inflation noch mehr Fahrt auf, was schließlich im ganzen Land zu einer Streik-Welle und am 12. August zum Sturz der Regierung Cuno führt. Nachfolger Gustav Stresemann verkündet am 26. September 1923 notgedrungen das Ende des Widerstands. Auf Druck Großbritanniens und der USA lenkt schließlich auch Frankreich ein, zieht seine letzten Truppen aus dem Ruhrgebiet aber erst im August 1925 ab.
Von all diesen bedrückenden Ereignissen bekommt Alwine naturgemäß nichts mit. Gleichwohl dürften ihre ersten Lebenserinnerungen geprägt sein von den nach wie vor schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen, die in ländlichen Regionen wie dem Freistaat Oldenburg auch in der zweiten Hälfte der 20er Jahre noch gang und gäbe sind. Immerhin: Vater Friedrich hat eine feste Anstellung als Forstarbeiter in den Sandersfelder Fuhren, daneben kann sich die Familie auf der von ihr bewohnten Hofstelle am Sandersfelder Weg (heute: Hans Heinemann) weitgehend selbst versorgen. Beides gilt auch nach Ausbruch der Weltwirtschaftskrise im Herbst 1929, die Alwines ersten Jahre in der Volksschule Hurrel überschattet. Dort gehören unter anderem Henriette Ahrens, Käte Brinkmann, Eva-Maria Jung, Herta Lange, Lily Lange, Anneliese Schwarting und Fredegunde Timmermann zu ihren in etwa gleichaltrigen Klassenkameradinnen.
Die sich verschärfende Not mit in der Spitze mehr als sechs Millionen Arbeitslosen führt in der Endphase der Weimarer Republik zu einer politischen Radikalisierung und – nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Januar 1933 – in die Diktatur des Dritten Reiches. Das prägendste Ereignis für Alwine in diesen rückblickend so unheilvollen Jahren dürfte allerdings der Tod ihres Vaters sein: Friedrich Grummer stirbt im Januar 1935, nur wenige Wochen nach seinem 60. Geburtstag. Fortan lebt Alwine alleine mit ihrer Mutter auf der lediglich aus einem alten Rauchhaus und einer Scheune bestehenden Hofstelle, deren Ländereien zum Hof von Johann Heinemann (heute: Günter und Renate Heinemann) gehören und von dort aus mitbewirtschaftet werden.
Nach Schulentlassung und Konfirmation im Frühjahr 1937 besucht Alwine zunächst die Handelsschule in Oldenburg. Die folgenden Jahre lassen sich mangels Zeitzeugen nicht mehr lückenlos rekonstruieren. Offenbar arbeitet Alwine aber eine Zeitlang als kaufmännische Angestellte bei Ernst Völker in Oldenburg – eine Tätigkeit, die sie vermutlich auch nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs im September 1939 weiter ausübt. Direkt ins Kriegsgeschehen hineingezogen wird Alwine dann irgendwann im Jahr 1942: Bei einem Fliegerangriff, den sie und ihre Mutter im Keller des Nachbarn Diedrich Schütte erleben, wird Gesine Grummer von einem Bombensplitter getroffen und liegt danach fast ein Jahr lang in einem Oldenburger Krankenhaus. In dieser Zeit findet Alwine Unterschlupf bei ihrem Onkel Friedrich Heyne in Nordenholz.
Auf Fürsprache des damaligen Huder Bürgermeisters Heinrich Degen erhält Alwine kurz vor Kriegsende eine Lehrstelle bei der örtlichen Spar- und Darlehenskasse (heute: Vereinigte Vollksbank). Letzterer hatte, vielleicht bedingt durch seine enge Freundschaft mit dem Hurreler Großbauern Bernhard Haverkamp, Alwine und ihrer Mutter nach dem Tod des Vaters Erzählungen aus der Familie zufolge bereits des Öfteren helfend unter die Arme gegriffen. Nach Lehrabschluss wird Alwine allerdings wie auch einige andere Frauen entlassen, um den nach und nach aus dem Krieg heimgekehrten Männern die Rückkehr an ihren Arbeitsplatz zu ermöglichen.
Im Laufe des Jahres 1948 findet Alwine einen neuen Arbeitsplatz bei der Oldenburgischen Landesbank (OLB) in Oldenburg. Mit dem Fahrrad pendelt sie jeden Morgen von Hurrel aus über den damals nur schwer befahrbaren Pohlweg ins Nachbardorf Altmoorhausen, von dort geht es dann mit dem Bus zur Gottorpstraße, wo die OLB seit 1915 ihren Sitz hat. Die Herbst- und Winterabende jenes durch die Währungsreform geprägten Jahres verbringen Alwine und Gesine meist mit Minna Fenske und ihrem Enkel Manfred Birth. Die beiden Ostpreußen-Flüchtlinge bewohnen in dem Rauchhaus seit kurzem eine kleine Kammer, während Manfreds Mutter Grete und Minnas Ehemann Wilhelm auf dem benachbarten Hof von Gerhard Janzen (heute: Hans und Daniela Mertsch) Quartier bezogen haben. Bereits 1949 zieht die Familie allerdings in eine ausrangierte, unweit des Hofes von Georg Wieting (heute: Edo und Klaus-Peter Wieting) aufgestellte Wehrmachts-Baracke.
Wiederum zwei Jahre später verlässt Alwine mit ihrer Mutter Hurrel und kauft eine Doppelhaushälfte an der Hohen Straße in Hude. Das vereinfacht ihren Weg zur Arbeit, denn der Bahnhof liegt direkt vor der Haustür. In dem Haus bleibt Alwine auch wohnen, als Gesine Grummer im Februar 1958 an einem Herzleiden stirbt.
Nach dem Tod der Mutter lebt Alwine – seit jeher nicht sonderlich gern unter Menschen – weiter sehr zurückgezogen. In der Bank hat sie sich bereits einige Zeit zuvor ins Depotgeschäft versetzen lassen, wo sie nicht täglich mit Kunden zu tun hat. Regelmäßigen Kontakt pflegt sie allerdings zu ihrer Kusine Almut Ellinghusen in Altmoorhausen, bei deren Familie sie jedes Jahr das Weihnachtsfest verbringt. In gewisser Weise ein Ritual, ebenso wie die plattdeutschen Geschichten, die Alwine auf Bitten ihrer Kollegen jedes Jahr auf der Weihnachtsfeier der OLB vorträgt.
Im Frühjahr 1983 geht Alwine nach 35 Jahren in Diensten der OLB in den Ruhestand. Fortan engagiert sie sich ehrenamtlich in der Huder Ortsgruppe des VDK, wo sie ab 1987 die Kasse führt. Daneben ist sie beim VDK zeitweise auch auf Kreisebene im Vorstand aktiv. Erst als sie in der zweiten Hälfte der 90er Jahre unter zunehmenden gesundheitlichen Beschwerden leidet, gibt sie beide Ämter ab.
Alwine stirbt am 11. August 2000 nach längerer Krankheit im Pius-Hospital in Oldenburg. Beerdigt ist sie sechs Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude.