Adolf Timmermann – Biographie

Adolf Heinrich Timmermann wird am 23. September 1896 als zweites Kind von Diedrich Timmermann und Katharine Timmermann in Hurrel geboren. Er ist der jüngere Bruder von Martha von Kempen und der ältere Bruder von Heinrich Timmermann, Johann Timmermann, Bertha von Kempen, Karl Diedrich Timmermann, Karl Timmermann, Hanna Hagestedt, Georg Timmermann und Friedel Timmermann.

Im Osmanischen Reich – der heutigen Türkei – erreichen die seit 1894 anhaltenden Massaker an der armenischen Bevölkerung in den Wochen vor Adolfs Geburt einen weiteren Höhepunkt. Auslöser für die neuerlichen Ausschreitungen ist die Besetzung der Ottomanischen Bank in Konstantinopel durch Mitglieder der Armenischen Revolutionären Föderation am 26. August 1896. Diese fordern die Unabhängigkeit der Sechs Armenischen Provinzen und drohen, die Bank mitsamt 150 dort festgehaltenen Geiseln in die Luft zu sprengen. Am Ende der 14-stündigen Belagerung erhalten die überlebenden Besetzer durch Vermittlung französischer Diplomaten freies Geleit, ohne dass den Geiseln etwas geschieht. Durch Racheakte, zu denen staatliche Stellen durch die Straßen ziehende Fanatiker ermuntern, sterben Berichten ausländischer Diplomaten zufolge in den folgenden 48 Stunden allein in Konstantinopel bis zu 4.000 Armenier. Ein weiteres Massaker trifft am 15. September die ostanatolische Stadt Egin. Mindestens 200 der zwischen 1.500 bis 2.000 Opfer sind Frauen und Kinder.

Zeitgenössische Beobachter sehen die Übergriffe gegen die armenische Minderheit als Versuch, im kriselnden, seit 1876 von Sultan Abdülhamid II. regierten Vielvölker-Staat die Dominanz der Moslems über die Christen zu wahren. Dass letztere von der Zentralregierung in Aussicht gestellte Reformen lautstark einfordern und wie im Falle der Armenier sogar mit einer Abspaltung liebäugeln, spielt den Scharfmachern in die Karten. Insgesamt kosten die vom französischen Journalisten Bernard Lazare mit dem Begriff Holocaust belegten, Ende 1896 abebbenden Übergriffe bis zu 300.000 Menschenleben. Rückblickend bilden sie jedoch lediglich den Auftakt dessen, was zwischen 1915 und 1916 als Völkermord an den Armeniern in die Geschichte eingeht und bis heute für emotionale Debatten zwischen türkischen Nationalisten und dem Rest der Welt sorgt.

Trotz ihrer Tragweite dienen die Ereignisse im 3.500 Kilometer entfernten Anatolien 1896 vermutlich kaum als Gesprächsstoff in Hurrel und den benachbarten Bauerschaften des Großherzogtums Oldenburg. Dort dürften eher lokale Themen wie der Neubau eines Schlachthofs am Stau in Oldenburg oder das erste Stiftungsfest des 1895 gegründeten Turnvereins Hude im Vordergrund stehen. Worüber sonst noch am Abendbrottisch, auf den umliegenden Feldern und in der als Informationsbörse dienenden Gastwirtschaft von Carl Busch (heute: Hajo und Dagmar Mehrings) gesprochen wird, liegt heute aber letztlich ebenso im Dunkeln wie der genaue Ort, an dem Adolfs Wiege steht. Seine Eltern haben im Dorf keinen eigenen Grundbesitz und auch keine direkten Verwandten. Sehr wahrscheinlich arbeiten sie 1896 als Bedienstete oder als Heuerleute auf einem der größeren Höfe – vielleicht bei Bernhard Haverkamp, Heinrich Sparke oder Diedrich Heinemann.

Vermutlich ab Frühjahr 1903 besucht Adolf mit seiner nur anderthalb Jahre älteren Schwester Martha die Volksschule in Hurrel. Zu den in etwa gleichaltrigen Mitschülern der beiden gehören unter anderem Johann Haverkamp, Georg Lange, Carl Schwarting, Henni Schwarting, Georg Sparke, Bertha Tönjes, Heinrich Tönjes und Theodor Wieting. Irgendwann nach der Geburt des bis dato jüngsten Sohnes Karl im November 1906 zieht die Familie nach Nordenholz, wo die weiteren Geschwister Hanna (März 1909) und Georg (Juli 1910) zur Welt kommen. Georg stirbt allerdings bereits im August 1912 an Diphtherie. Noch im selben Jahr kaufen Adolfs Eltern am nordöstlichen Rand von Hurrel eine eigene kleine Hofstelle (heute: Kerstin und Thomas Schwantje). Ob Adolf –zu diesem Zeitpunkt 16 Jahre alt – den erneuten Umzug noch mitmacht oder nach Schulabschluss und Konfirmation irgendwo in der Umgebung von Hude eine Stellung angenommen hat, lässt sich heut nicht mehr mit Gewissheit sagen. Den damaligen Gesetzen zufolge beginnt an seinem 17. Geburtstag die dreijährige Wehrpflicht, der er aller Wahrscheinlichkeit nach ab Herbst 1913 in Oldenburg nachkommt.

Noch bevor das erste Jahr seiner Dienstpflicht zu Ende geht, beginnt im August 1914 der Erste Weltkrieg. In dessen Verlauf wird Adolf zweimal verwundet, einmal erleidet er Informationen aus der Familie zufolge einen Lungensteckschuss. Ob ihn die um ein Haar tödliche Kugel bereits im Herbst 1916 bei der Schlacht an der Somme trifft, an der Adolf als Mitglied des Reserve-Infanterie-Regiments 78 mutmaßlich teilnimmt, oder erst Anfang 1918 an einem anhand der später veröffentlichten amtlichen Verlustlisten nicht mehr nachvollziehbaren anderen Ort, lässt sich ebenfalls nicht mehr klären. Adolf selbst erwähnt später innerhalb der Familie lediglich, dass er im Laufe des Krieges eine Zeitlang mit Ernst Strackerjan, dem späteren Wirt des Vielstedter Bauernhauses, zusammen im selben Schützengraben ausharren muss.

Nach Kriegsende im November 1918 kehrt Adolf nach Hurrel zurück und kuriert seine Verletzungen auf dem elterlichen Hof aus. Im November 1920 heiratet er Helene Hullmann aus Augustfehn. Beide beziehen kurz nach der Hochzeit ein zum Hof von Johann Schwarting gehörendes, heute nicht mehr existierendes Heuerhaus im Hurreler Sand, wo ab September 1921 Tochter Fredegunde aufwächst.

Kurz vor der Geburt des zweiten Kindes Arnold im März 1926 beginnt Adolf seine Tätigkeit in der Ziegelei von Friedrich Knabe in Kirchkimmen. Diese Arbeit ermöglicht es ihm, am Voßbarg ein ursprünglich zum Hof von Bernhard Wiedau gehörendes Heuerhaus (heute: Ewald und Adda Haverkamp) nebst einem Hektar Land zu kaufen. Dorthin siedelt Adolf noch vor Ausbruch der Weltwirtschaftskrise im Herbst 1929 mit Helene, Fredegunde, Arnold und der neugeborenen zweiten Tochter Henni über. Phasen, in denen auf der Ziegelei die Arbeit krisenbedingt ruht, nutzt er zu umfangreichen Reparaturarbeiten am Haus: Unter anderem zieht er neue Außenwände hoch und errichtet mit von seinem Vater gelieferten Holz eine Scheune.

Auch nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Januar 1933 arbeitet Adolf weiter auf der Ziegelei. Seine 1916 und 1918 erlittenen Verletzungen bewahren ihn sechs Jahre später bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs vor einer Einberufung zur Wehrmacht. Wie nahezu allen Hurrelern verlangt der Krieg ihm und seiner Familie aber mit fortschreitender Dauer Opfer ab: Ein Fliegerangriff setzt 1944 sein Haus in Brand, kurz vor der deutschen Kapitulation im Mai 1945 sterben zudem sein Bruder Johann und Schwiegersohn Bernhard Deharde. Sohn Arnold gerät in Frankreich in amerikanische Kriegsgefangenschaft, kehrt letztlich aber wohlbehalten nach Hurrel zurück. Er zieht in das an alter Stelle komplett neu errichtete Haus ein, in dem neben Adolf und Helene bis 1949 auch die verwitwete Tochter Fredegunde mit ihren Kindern Manfred und Helmut wohnt.

Neben der Arbeit auf der Ziegelei, wo er im Laufe der Jahre in der Betriebsleitung immer mehr Verantwortung übernimmt, und der als Hobby betriebenen Landwirtschaft schnitzt und drechselt Adolf für sein Leben gern – eine Beschäftigung, bei der er große Begabung an den Tag legt. Bereits in den 30er Jahren fertigt er beispielsweise aus einem beim Pflügen gefundenen Schienbeinknochen eines Ochsen ein Miniatur-Spinnrad, das den Krieg in einem Versteck überdauert. Drei Jahre vor seinem Tod restauriert er das Kunstwerk, danach ziert es noch viele Jahre lang die Arbeitsräume seiner Tochter Fredegunde.

Viel Zeit, als Rentner seiner künstlerischen Ader freien Lauf zu lassen, bleibt Adolf nicht. Er stirbt am 12. Juni 1969 nach längerer Krankheit in einem Delmenhorster Krankenhaus. Beerdigt ist er vier Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude.