Mathilde Gesine Spreen wird am 4. Juli 1880 als drittes Kind von Bernhard Lüning und Hermine Lüning auf dem elterlichen Hof in Hurrel (heute: Karin Spreen) geboren. Sie ist die jüngere Schwester von Johann Diedrich Lüning und Hinrich Friedrich Lüning und die ältere Schwester von Hermann Bernhard Lüning. Daneben hat sie noch eine unmittelbar nach der Geburt am 18. Mai 1890 verstorbene Schwester, die namenlos geblieben ist.
Zwei Tage nach Mathildes Geburt erklärt die französische Regierung in Paris den 14. Juli offiziell zum Nationalfeiertag, der 1880 zum ersten Mal mit einem großen Festakt begangen werden soll. Anlass ist der 90. Jahrestag des am 14. Juli 1790 gefeierten Föderationsfestes, das wiederum auf den Tag genau ein Jahr nach dem Sturm auf die Bastille gefeiert wurde. Mit diesem Ereignis begann im Sommer 1789 die Französische Revolution.
Am 14. Juli 1880 findet auf der Pariser Pferde-Rennbahn Hippodrome de Longchamp vor 300.000 Zuschauern eine große Militärparade statt, in deren Verlauf die Armee von Kriegsminister Jean Joseph Farre neue Standarten erhält. Für das knapp zehn Jahre nach der Niederlage im Deutsch-Französischen Krieg noch immer angekratzte Nationalgefühl vieler Franzosen ein wichtiger symbolischer Akt, denn die alten Standarten waren 1870 an der Front verloren gegangen. Parallel dazu wird die Marseillaise als Nationalhymne eingeführt, sie soll fortan bei allen offiziellen Zeremonien gespielt werden. Den Abend jenes Tages, den Innenminister Ernest Constans überall im Land mit größtmöglichem Aufwand gefeiert sehen will, beschließt in vielen französischen Städten ein Feuerwerk.
In Deutschland und damit auch in Mathildes Geburtsort Hurrel blicken die Menschen naturgemäß etwas anders auf die Ereignisse des Jahres 1870 zurück, die Anfang 1871 im Spiegelsaal von Versailles zur Ausrufung des Deutschen Reiches führten. Seit 1873 gibt es den Sedantag, der jeweils am 2. September gefeiert wird und an die Kapitulation der französischen Armee nach der Schlacht von Sedan drei Jahre zuvor erinnern soll. Er erlangt zwar nie den Charakter eines offiziellen Nationalfeiertags, wird aber vielerorts ebenfalls mit Militärparaden und Feuerwerk begangen. Darüber hinaus dient der Sedantag an vielen deutschen Schulen und Universitäten als identitätsstiftendes Symbol für die Jugend. In der Volksschule im Nachbarort Lintel, die sie ab 1886 oder 1887 besucht, dürfte Mathilde deshalb diverse Sedanfeiern erleben und später als eine der älteren Schülerinnen möglicherweise auch aktiv mitgestalten.
Mathilde hat drei Brüder, wächst jedoch nur mit einem von ihnen auf: Johann Diedrich und Hermann Bernhard kommen nicht über das Säuglingsalter hinaus. Doch auch dem 1877 geborenen Bruder Hinrich Friedrich – innerhalb der Familie mit einiger Sicherheit als Hoferbe vorgesehen – ist kein langes Leben beschieden. Er stirbt zwei Wochen vor Mathildes 15. Geburtstag, ohne dass das Kirchenbuch der Gemeinde Hude eine Todesursache nennt. Als einziges verbliebenes Kind dürfte Mathilde deshalb nach Schulabschluss und Konfirmation auf dem rund neun Hektar großen Lüning-Hof bleiben und ihre Eltern unterstützen.
Über die folgenden Jahre ist aus Mathildes Leben nur wenig bekannt. Kurz nach der Jahrhundertwende muss sie jedoch ihren künftigen, aus Jacobidrebber bei Diepholz stammenden Ehemann Friedrich Spreen kennengelernt haben. Beide heiraten am 1. September 1904, viereinhalb Monate vor der Geburt der gemeinsamen Tochter Martha. Bis zu Beginn des Ersten Weltkriegs im August 1914 kommen mit Bernhard (Oktober 1906), Dietrich (Februar 1909) und Friedrich Junior (Juni 1910) drei Söhne hinzu. Zu diesem Zeitpunkt leben Mathildes Eltern bereits nicht mehr: Bernhard Lüning ist im November 1908 verstorben, Hermine Lüning im Juli 1909.
Friedrich Spreen nimmt sehr wahrscheinlich von Beginn an am Krieg teil. Mathilde ist in dieser Zeit mit dem Hof und den vier Kindern weitgehend auf sich allein gestellt. Im Herbst 1916 wird sie erneut schwanger, was beide Aufgaben nicht eben leichter macht. In den Wochen vor und nach der Geburt des vierten Sohnes Johann im Juni 1917 müssen die älteren Geschwister deshalb vermutlich noch härter mit anpacken als ohnehin schon.
Dass es für die Familie mit Ende des Krieges im November 1918 deutlich leichter wird, ist eher unwahrscheinlich. Zwar kehrt Friedrich Spreen unversehrt nach Hurrel zurück. Mit Minna (Januar 1920) und Heino (August 1925) kommen jedoch noch zwei weitere Kinder hinzu, die Mathilde und Friedrich über die Hyperinflation und die schwierigen Jahre der Weltwirtschaftskrise bringen müssen. Angesichts des doch vergleichsweise kleinen Hofes eine Herausforderung, auch wenn die älteren Kinder nach und nach das Elternhaus verlassen beziehungsweise etwas zum Familieneinkommen beisteuern.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Januar 1933 geht es vielen Deutschen wirtschaftlich deutlich besser, gerade auf dem Lande. Der unbestreitbare Aufschwung ist jedoch nicht das Ziel der ansonsten offen rassistisch und menschenfeindlich agierenden braunen Machthaber. Sondern nichts weiter als eine kleine Etappe auf dem Weg zur „Rettung des deutschen Volkes“ durch neuen Lebensraum im Osten – so, wie es NSDAP-Führer Adolf Hitler bereits 1924 in „Mein Kampf“ beschreibt. Insofern ist die zunehmend aggressivere Außenpolitik des NS-Regimes, die Anfang September 1939 im Überfall auf Polen und damit im Zweiten Weltkrieg gipfelt, nur konsequent.
Für eine Mutter von fünf Söhnen – vier davon im wehrfähigen Alter – muss diese Entwicklung ein Alptraum sein. Mathilde hat allerdings das Glück, dass alle sieben Kinder den Krieg heil überstehen. Mit Schwiegersohn Karl Behmann, dem Ehemann ihrer ältesten Tochter Martha, hat die Familie dennoch ein Todesopfer zu beklagen. Dass es Mathilde in den ersten Nachkriegsjahren und ganz besonders im Hungerwinter 1946/47 kaum besser ergeht wie in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg, versteht sich zudem fast von selbst.
Erst mit Beginn des Wirtschaftswunders Anfang der 50er Jahre normalisiert sich die Lage wieder. Mathildes jüngster Sohn Heino führt zu Hause den Hof und arbeitet nebenbei als Zimmermann. Familiär ist diese Zeit des Aufschwungs für Mathilde neben der eigenen Goldenen Hochzeit im September 1954 geprägt von Heinos Hochzeit mit Emma Harfst (Mai 1950) und der Geburt der auf dem Spreen-Hof aufwachsenden Enkel Hilde (Februar 1953) und Wilfried (April 1957). Aber auch von Schicksalsschlägen wie dem krankheitsbedingten Tod von Schwiegertochter Emma (Februar 1958) und Enkelsohn Heinz Spreen (Mai 1962). Im Juni 1963 stirbt Ehemann Friedrich an Altersschwäche, im Mai 1965 dann kurz nach seinem 56. Geburtstag Sohn Dietrich.
Nachdem Mathilde nach Friedrichs Tod zunächst weiter mit Heino und dessen zweiter Ehefrau Lisa auf dem Spreen-Hof an der Pirschstraße lebt, siedelt sie später in den Haushalt ihres Sohnes Johann an der Hurreler Straße (heute: Gunda Böseleger) über. Dort stirbt sie am 5. März 1968, ebenfalls an Altersschwäche, und wird drei Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude beerdigt.