Walter Rüscher wird am 2. Juni 1937 als fünftes Kind von Georg Rüscher und Käthe Rüscher in Sandersfeld geboren. Er ist der jüngere Bruder von Günther Rüscher, Harro Rüscher, Inge Möhlenbrock und Werner Rüscher und der ältere Bruder von Hilde Broisch, Heino Rüscher, Rudolf Rüscher, Irene Wiesner und Helga Albers.
Am Tag von Walters Geburt landet die US-amerikanische Pilotin Amelia Earhart beim Versuch, zusammen mit ihrem Navigator Fred Noonan die Welt zum ersten Mal auf Höhe des Äquators zu umfliegen, auf einem Flughafen in Venezuela. Nach weiteren Zwischenlandungen in Brasilien, Westafrika, Indien und Myanmar erreicht sie am 29. Juni Lae in Neuguinea. Von dort startet sie drei Tage später Richtung Howlandinsel – kommt aber nie an.
Das spurlose Verschwinden der von Earhart gesteuerten Lockheed Electra gehört zu den großen Rätseln des 20. Jahrhunderts und liefert bis heute Stoff für die verschiedensten Theorien. So schürt ein Mitte 2017 aufgetauchtes Foto kurzzeitig die Vermutung, Earhart und Noonan könnten in japanische Gefangenschaft geraten und dort gestorben sein. Andere Forscher wiederum sind fest davon überzeugt, die berühmte Pilotin habe sich nach ihrem Absturz auf die einsame Pazifik-Insel Nikumaroro gerettet und sei dort jämmerlich verdurstet. Wie auch immer: Am 19. Juli 1937 stellt die US-Regierung ihre Suchaktion für die Verschollenen ein, am 5. Januar 1939 wird Earhart dann offiziell für tot erklärt.
Völlig abwegig ist die Theorie, Amelia Earhart könnte im Sommer 1937 von der Besatzung eines japanischen Schiffes aus dem Ozean gefischt und anschließend festgesetzt worden sein, nicht. Japan tritt bereits seit Beginn der 30er Jahre äußerst aggressiv für eine Neuordnung der Pazifik-Region ein und beginnt nur fünf Tage nach Earharts Verschwinden den Zweiten Japanisch-Chinesischen Krieg. Dieser äußerst erbittert geführte Konflikt wird nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbour im Dezember 1941 Bestandteil des Zweiten Weltkriegs, er endet erst mit der Kapitulation Japans im September 1945.
In Europa beginnt der Zweite Weltkrieg bereits im September 1939, drei Monate nach Walters zweitem Geburtstag. Ein großer Teil seiner Kindheitserinnerungen dürfte deshalb mit den damaligen Ereignissen und ihren unmittelbaren Folgen verbunden sein. Anders als so mancher Klassenkamerad in der Volksschule Kirchkimmen hat er allerdings das Glück, dass Vater Georg lebend aus dem Krieg zurückkehrt und dass das Wohnhaus der Familie (heute: KFZ-Werkstatt Günther Gramberg) von allzu großen Zerstörungen verschont bleibt. Gleichwohl stellt es für Walters Eltern eine enorme Herausforderung dar, insgesamt zehn Kinder durch den Hungerwinter 1946/47 und die folgenden, nicht minder entbehrungsreichen Nachkriegsjahre zu bringen.
Vielleicht sind es die beengten Verhältnisse jener Jahre, die in Walter früh eine Art Fernweh aufkommen lassen. Noch vor Konfirmation und Schulabschluss erwacht in ihm der Wunsch, später einmal zur See zu fahren. Sehr zum Missfallen von Mutter Käthe, der dieses Ansinnen viel zu gefährlich erscheint. Walter fügt sich zunächst und geht beim Kirchkimmer Schmied Heinz Blankemeyer in die Lehre. Bald zeigt sich jedoch, dass er das für eine Schmiede-Werkstatt charakteristische Arbeiten in geschlossenen Räumen nicht verträgt – Walter muss die Lehre abbrechen. Am Ende setzt er sich mit seinem Berufswunsch durch und besucht die Seemannsschule in Elsfleth. In diese für Walter aufregende Zeit fällt die schwere Tuberkulose-Erkrankung seiner Mutter, die sie im Januar 1955 viel zu früh das Leben kostet. Noch im selben Jahr geht Walter zum ersten Mal auf größere Fahrt, ein auf dieser Reise aufgenommenes Foto zeigt ihn im Hafen der dänischen Stadt Randers.
Nach dem Tod von Vater Georg im März 1957 kehrt Walter nur noch selten nach Sandersfeld zurück. Als Matrose auf dem von der Bremer Reederei Hansa betriebenen Motorschiff Freienfels durchquert er die Weltmeere und transportiert unter anderem in Hamburg, Antwerpen und Rotterdam aufgenommene Fracht nach Indien und in den Iran. Vor der iranischen Stadt Bandar Abbas auf Reede liegend berichtet er im November 1960 in einem Brief an die Geschwister von „wunderschönem Wetter“ mit Temperaturen um die 30 Grad, aber auch von einer eher trostlosen Gegend: „Zum Geldausgeben kommt man hier nicht.“
Dem genannten Brief zufolge erreicht Walter im Januar 1961 wieder Bremen, von wo aus er bald darauf zu einer weiteren Fahrt in See sticht. Es soll seine letzte sein – Walters Spur verliert sich im Sommer 1961 unter rätselhaften Umständen im Indischen Ozean. Kurz vor der Landung in Indien feiert er an Bord mit Kameraden seinen 24. Geburtstag und verschwindet im Laufe der Nacht ähnlich spurlos wie 24 Jahre zuvor Amelia Earhart und Fred Noonan im Südpazifik. Ob der 3. Juni 1961 tatsächlich Walters exakter Todestag ist, liegt deshalb bis heute ebenso im Dunkeln wie der Verbleib seiner sterblichen Überreste.