Bernhard Diedrich Haverkamp – Biographie

Bernhard Diedrich Meinhard Haverkamp wird am 10. August 1902 als viertes Kind von Bernhard Haverkamp und Gesine Aline Haverkamp auf dem elterlichen Hof in Hurrel (heute: Eike und Nathalie Haverkamp) geboren. Er ist der jüngere Bruder von Klara Schweers, Johann Haverkamp und Georg Haverkamp.

Einen Tag vor Bernhards Geburt wird Edward VII. in London feierlich zum König von Großbritannien und Irland gekrönt. Ein Moment, auf den der 1841 geborene Sohn von Königin Victoria zuvor lange warten muss: Seine im Januar 1901 verstorbene Mutter sitzt immerhin 63 Jahre und sieben Monate lang auf dem Thron.

In der britischen Öffentlichkeit gibt es gegen den neuen Monarchen anfangs durchaus Vorbehalte. Sie zielen auf das lasterhafte Leben, das der im engeren Familienkreis „Bertie“ gerufene Kronprinz Albert Edward vor der Thronbesteigung führt. So zeigt er bereits als Student eine ausgeprägte Vorliebe für Glücksspiel, Alkohol, ausgedehnte Jagdpartien und stetig wechselnde Damenbekanntschaften. Ein Lebensstil, den Edward auch nach seiner Hochzeit mit Alexandra von Dänemark im März 1863 beibehält: Zu seinen bekanntesten außerehelichen Liebschaften gehören Jennie Churchill, Mutter des späteren Premierministers Winston Churchill, die Schauspielerin Lillie Langtry, die französische Opern-Diva Hortense Schneider und Alice Keppel, Urgroßmutter von Camilla Mountbatten-Windsor. Nicht verstummen wollenden Gerüchten zufolge gibt es zudem mindestens ein uneheliches Kind, die 1871 geborene Baroness Olga de Meyer – offiziell seine Patentochter.

Doch Edward hat im eigenen Land auch viele Anhänger, weil er sehr volksnah auftritt und sich auf diplomatischem Parkett geschickt zu bewegen weiß. Außenpolitisch setzt er mit dieser Begabung schon bald neue Akzente. So treibt Edward die Aussöhnung mit Frankreich voran und schließt im April 1904 das Bündnis Entente cordiale, das drei Jahre später durch den Beitritt Russlands zur Triple Entente wird. Das Verhältnis zum deutschen Kaiser Wilhelm II. – wie Russlands Zar Nikolaus II. ein Neffe Edwards – bleibt hingegen bis zu seinem Tod im Mai 1910 schwierig und von gegenseitiger Abneigung geprägt.

Als Edwards Wilhelm II. gegenüber ähnlich kritisch eingestellter Sohn George V. 1910 neuer britischer König wird, besucht Bernhard in Hurrel die zweite Klasse der örtlichen Volksschule. Dort gehören unter anderem Georg Hartmann, Gerhard Stolle, Georg Tönjes und Heinrich Wieting zu seinen in etwa gleichaltrigen Mitschülern. Im gegenüberliegenden Gasthof von Carl Busch (heute: Hajo und Dagmar Mehrings) verdient er sich damals regelmäßig einige Groschen nebenbei, indem er auf der im Garten verlegten Kegelbahn die nach jedem Wurf umgefallenen Kegel wieder aufstellt. Der unmittelbar nebenan gelegene Schießstand bringt ihn vermutlich früh mit dem 1899 gegründeten Schützenverein Hurrel in Berührung, dessen Vorsitzender Bernhards Vater in jenen Jahren ist.

Obwohl er in einem gänzlich anderen Milieu aufwächst, gibt es durchaus eine Parallele zu Edward VII. und Georg V.: Bernhard ist in seiner Familie so etwas wie der Kronprinz. Als in der Erbfolge kaum noch zu verdrängender jüngster Sohn – Mutter Gesine Aline steht im Frühjahr 1910 kurz vor ihrem 51. Geburtstag – wird er eines Tages den elterlichen Hof übernehmen. Dabei handelt es sich nicht nur um einen der ältesten, sondern mit einem Grundbesitz von knapp 100 Hektar auch den zu jener Zeit größten Betrieb des Dorfes.

Die Art und Weise, in der die Verantwortung schrittweise auf Bernhard übergeht, vollzieht sich allerdings völlig anders als geplant und unter äußerst widrigen Umständen – was wiederum viel mit der gegenseitigen Antipathie zwischen Georg V. und Wilhelm II. zu tun hat. Diese nämlich trägt ihren Teil dazu bei, dass nach der Ermordung des österreichisch-ungarischen Thronfolgers Franz Ferdinand in Sarajevo im Juni 1914 alle Krisen-Diplomatie versagt und sich nur sechs Wochen später nahezu ganz Europa im Ersten Weltkrieg wiederfindet.

Bernhards älterer Bruder Johann wird ebenso zum Kriegsdienst eingezogen wie die Mehrzahl der Pächter und Landarbeiter, die Anfang August 1914 auf dem Haverkamp-Hof mit dem Einholen der Ernte beschäftigt sind. Zu allem Unglück erkrankt im darauffolgenden Winter auch noch Bernhards Vater an einer Lungenentzündung. Er stirbt Ende Februar 1915 – gerade einmal 46 Jahre alt – im Peter-Elisabeth-Krankenhaus in Delmenhorst. Wie die restlichen Familienmitglieder bis zur im Laufe des Jahres 1917 erfolgten vorzeitigen Entlassung von Bruder Johann aus der Armee den Betrieb aufrechterhalten, ist nicht überliefert. Dass Bernhard in dieser Phase seines Lebens tatkräftig mit Hand anlegen muss, steht jedoch außer Frage.

Nach Kriegsende bleiben die Zeiten für die Landwirtschaft hart – wobei es Bernhard angesichts der Größe seines Betriebs sicher leichter fällt als anderen, über die Runden zu kommen. Bis zur Hochzeit mit Gesine Osterloh aus Sandersfeld im Mai 1926 lebt und arbeitet auch Johann weiter mit auf dem Hof, was den Brüdern Raum für diverse Freizeitaktivitäten lässt. Beide sind in jenen Jahren im Reiterverein Sandersfeld aktiv, Bernhard engagiert sich zudem außer im Schützenverein Hurrel auch im benachbarten Schützenverein Hemmelsberg-Altmoorhausen und geht regelmäßig auf die Jagd. Dieses Hobby verbindet ihn mit einem jener Männer, die in den folgenden Jahrzehnten zu seinen engsten Freunden gehören: Heinrich Degen, Auktionator, Rechnungsführer und zwischen 1932 und 1945 auch Bürgermeister der Gemeinde Hude.

Während Bruder Johann bis zum Ende der dunklen Zeit des Dritten Reichs fünfmal Vater wird und Heinrich Degen viermal, bringt Bernhards im Mai 1929 mit Johanne Kreye geschlossene Ehe keine Kinder hervor. Weil er zu Hause als unabkömmlich gilt, bleibt er nach Ausbruch des im September 1939 von den Nationalsozialisten mit dem Überfall auf Polen begonnenen Zweiten Weltkriegs von einer Einberufung verschont. Ob Bernhard wie andere Dorfbewohner noch zum Volkssturm eingezogen wird, lässt sich heute nicht mehr mit Gewissheit sagen – wahrscheinlich erlebt er aber das Kriegsende und die Einnahme Hurrels durch englische und kanadische Truppen auf seinem Hof.

Auch über die folgenden, bis zur Gründung der Bundesrepublik Deutschland reichenden Jahre in Bernhards Biographie ist heute im Dorf nur noch wenig bekannt. Als gesichert darf allerdings gelten, dass er Anfang April 1950 zu jenen Mitgliedern gehört, die im Gasthof von Otto Mehrings den Schützenverein Hurrel nach elfjähriger Pause wieder aufleben lassen. Dort übernimmt Bernhard zwar anders als in den 30er Jahren kein Vorstandsamt mehr, erringt aber im Juli 1952 den Titel des Schützenkönigs. Einem wenig später erscheinenden Artikel der NWZ zufolge hält er nach dem knapp herausgeschossenen Sieg eine launige Ansprache und offenbart damit eine weitere Gemeinsamkeit mit dem britischen König Edward VII.: Ein Publikum unterhalten, das kann er exzellent.

Außer in den bereits genannten Schützenvereinen und im von ihm 1949 mitbegründeten Tierschauverein Hude-Berne bleibt Bernhard in den folgenden Jahrzehnten auch als Jäger sehr aktiv. So leitet er mehr als 20 Jahre lang den Hegering Hude und nimmt erfolgreich an diversen Wettkämpfen teil. Mit Heinrich Degen und anderen spielt er darüber hinaus regelmäßig Skat – was sich wie so mancher Schützenball oder die Feier einer gelungenen Jagd mitunter bis tief in die Nacht hinzieht und Bernhards immer wieder bemerkenswertes Stehvermögen dokumentiert.

Der Mitte der 50er Jahre unternommene Versuch, seinen Neffen Hans Haverkamp für die Hofnachfolge zu gewinnen, scheitert – Johanns 1937 geborenen Sohn zieht es mehr in den kaufmännischen Bereich. Deshalb fährt Bernhard den maßgeblich von Johanne und einigen Angestellten bewirtschafteten Betrieb mit Erreichen des Rentenalters schrittweise herunter. Als Johanne acht Monate nach der im Mai 1979 bei Mehrings gefeierten Goldenen Hochzeit nach längerer Krankheit stirbt, beschränkt er sich fortan auf das Notwendigste.

Bernhard selbst erfreut sich bis ins hohe Alter bester Gesundheit. Erst nach seinem 85. Geburtstag lassen die Kräfte ganz allmählich nach: Er stirbt am Heiligabend des Jahres 1990 an Altersschwäche und wird neun Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude beerdigt.