Anna Catharine von Seggern wird am 3. Oktober 1842 als zweites Kind von Tönjes Hinrich Witte und Anna Catharine Witte auf dem elterlichen Hof in Hurrel (heute: Ewald und Adda Haverkamp) geboren. Sie ist die jüngere Schwester von Hinrich Witte und die ältere Schwester von Gerhard Witte, Johann Diedrich Witte, Meta Gesine Witte, Heinrich Witte, Meta Aline Witte, Catharine Marie Witte und Helene Witte.
Zwischen dem 12. September und dem 16. Oktober 1842 findet in Mainz die Erste Deutsche Industrieausstellung statt. Im Deutschordenshaus (heute: Landtag von Rheinland-Pfalz) präsentieren Aussteller aus 21 deutschen Staaten ihre Produkte – von der Lokomotive bis zum Kinderhemd. Die Ausstellung gilt als Meilenstein des sich anbahnenden wirtschaftlichen Aufstiegs Deutschlands, das seit dem Ende des Wiener Kongresses aus zeitweise mehr als 40 souveränen Einzelstaaten besteht.
Ein ganz besonderer Exportschlager eines dieser Einzelstaaten feiert zwei Tage nach Annas Geburt Premiere. Am 5. Oktober 1842 setzt der bayerische Braumeister Joseph Groll in der böhmischen Stadt Pilsen den ersten Sud eines neuartigen Bieres an, auf dessen Grundlage heute der Großteil der heute in Deutschland produzierten und verkauften Biere basiert: das Pilsner Urquell. Mit Hilfe der vom schottischen Arzt John Gorrie erfundenen Kältemaschine startet es in den kommenden Jahrzehnten zu seinem Siegeszug um die Welt und löst vielerorts die bis dahin fast ausschließlich obergärig gebrauten Biere ab.
Welches Bier kurz vor Mitte des 19. Jahrhunderts in Hurrel getrunken wird, ist nicht überliefert. Vielleicht schafft es die eine oder andere Flasche der 1842 in Oldenburg gegründeten Brauerei Hoyer und Sohn ins Dorf, vielleicht auch das in Bremen zu jener Zeit weit verbreitete Haake-Beck. In aller Regel dürfte es aber auf den Höfen damals in erster Linie aus billigem Dünnbier hergestellte Biersuppe gegeben haben, die wie die Ammerländer Spezialität „Heet und Söt“ schon zum Frühstück genossen und auch von Kindern gegessen wurde. Sollte dies in Annas Elternhaus ebenfalls der Fall gewesen sein, so hat es ihre Lebenserwartung nicht beeinträchtigt.
Annas jüngere Geschwister kommen in den Jahren 1844 bis 1861 zur Welt – ob sie die Geburt der jüngsten Schwester Helene und deren Tod im März 1866 noch zu Hause erlebt oder ob sie zu dieser Zeit bereits auf einem anderen Hof in Stellung ist, lässt sich heute nicht mehr mit Gewissheit sagen. Allzu weit und auf Dauer vom Elternhaus entfernt haben dürfte sie sich allerdings kaum, denn im Mai 1874 heiratet Anna mit Hinrich von Seggern einen direkten Nachbarn und zieht auf dessen, nur knapp 200 Meter entfernt liegenden Hof (heute: Erwin und Christa Haverkamp). Zu diesem Zeitpunkt ist die gemeinsame Tochter Meta bereits sechs Wochen alt.
Aus der Ehe gehen drei weitere Kinder hervor: Johann Hinrich (Januar 1876), Annchen (Oktober 1878) und Georg (Januar 1883). Bereits seit ihrer Hochzeit führen Anna und Hinrich den von-Seggern- und den Witte-Hof gemeinsam: Annas Vater ist 1867 verstorben, ihre Mutter 1873. Über den Verbleib der überlebenden, in der Erbfolge nach Jüngstenrecht vor Anna stehenden Geschwister ist in der Familie nichts bekannt.
Ebenfalls keine weiteren Informationen gibt es über das Schicksal des ältesten Sohnes Johann Hinrich: Er stirbt am 28. Dezember 1895 im Alter von 19 Jahren, ohne dass das Kirchenbuch der Gemeinde Hude eine Todesursache nennt. Im Februar 1899 verliert Anna ihren Ehemann an die Brustkrankheit – in jenen Jahren fast immer ein Synonym für Tuberkulose. Gut möglich, dass auch Johann Hinrich deren Keime in sich trug.
Als Grunderbe wird nach Hinrich von Seggerns Tod der 16 Jahre alte Sohn Georg eingetragen, auf ihm dürfte neben Anna fortan ein Großteil der auf den beiden Höfen anfallenden Arbeit lasten. Vermutlich sind aber auch Tochter Annchen und – bis zu dessen Tod im Juni 1910 – Schwiegersohn Johann Haverkamp in die Bewirtschaftung eingebunden. Letzterer erbt kurz vor seinem Tod den elterlichen Hof im Nachbardorf Lintel, den Annas Familie daraufhin ebenfalls übernimmt und bis 1920 fortführt (heute: Frederik Holst). Mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs im August 1914 sind Anna und Tochter Annchen dann weitgehend auf sich allein gestellt: Georg zieht wie zahlreiche andere Hurreler an die Front und fällt im Juli 1915 nahe der französischen Ortschaft Salomé.
Als der Krieg im November 1918 zu Ende geht, ist Anna bereits 76 Jahre alt. Trotzdem bleibt sie neben Annchen, deren zweitem Ehemann Georg Sparke und Enkel Emil Haverkamp noch über viele weitere Jahre in die tägliche Hofarbeit eingespannt und überlebt letztlich auch ihre jüngere Tochter. Sie stirbt am 24. Juli 1937 – acht Monate nach Annchens Tod – im Alter von 94 Jahren und wird wenige Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude beerdigt.