Lorenz von Kempen wird am 28. Mai 1929 als sechstes Kind von Heinrich von Kempen und Bertha von Kempen in Hurrel geboren. Er ist der jüngere Bruder von Werner von Kempen, Gertrud von Kempen, Rudolf von Kempen, Anneliese von Kempen und Hans-Helmut von Kempen und der ältere Bruder von Robert von Kempen und Grete Roder. Darüber hinaus hat er mit Enno von Kempen und Wilma Kloberdanz zwei ältere Halbgeschwister aus der ersten Ehe seines Vaters.
Zwei Ereignisse im Frühjahr 1929 treiben die zunehmende Radikalisierung im Deutschen Reich weiter voran. Zum einen der Berliner Blut-Mai, in dessen Verlauf die vom SPD-Politiker Karl Zörgiebel geführte Polizei in den ersten drei Mai-Tagen mit überzogener Härte gegen eine von der KPD organisierte Demonstration vorgeht und dabei zahlreiche Unbeteiligte tötet. Eine Verständigung zwischen den beiden Linksparteien ist danach kaum noch möglich, was wiederum die radikale Rechte stärkt.
Zum anderen sorgen Anfang Juni die Details des Young-Plans für Empörung: Eine seit Februar in Paris tagende Experten-Konferenz legt die Summe der von Deutschland nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg noch zu zahlenden Reparationen einschließlich Zinsen auf 115 Milliarden Reichsmark fest. Das Geld soll bis 1987 in 58 Jahresraten an die Siegermächte überwiesen werden. Der Medien-Zar und DNVP-Vorsitzende Alfred Hugenberg initiiert daraufhin ein Volksbegehren, in dessen Vorbereitung er auch die bis dato eher unbedeutende NSDAP von Adolf Hitler prominent einbezieht.
Die im Herbst 1929 beginnende Weltwirtschaftskrise trifft auch Lorenz‘ Familie. Sie muss auf dem Höhepunkt der Krise noch einen weiteren Schicksalsschlag verkraften: Im September 1932 erliegt Lorenz‘ zwölf Monate älterer Bruder Hans-Helmut einer Lungenentzündung. Bereits vor dem 1926 vollzogenen Umzug in ein auf dem Grundstück des Großvaters Diedrich Timmermann neu erbautes Siedlungshaus (heute: Uta Trump und Karl-Heinz Kunert) sind in Vielstedt die drei älteren Geschwister Werner, Gertrud und Anneliese jeweils im Säuglingsalter verstorben.
Als Lorenz in die Volksschule Hurrel eingeschult wird, ist die Weimarer Republik bereits Geschichte. Die seit der Machtübernahme der NSDAP im Januar 1933 rasant vorangetriebene Militarisierung der Gesellschaft erfasst auch den Schulalltag und führt direkt in den Zweiten Weltkrieg, in dessen Folge seine Brüder Enno und Rudolf zur Wehrmacht einberufen werden. Wo Lorenz selbst die weiteren Kriegsjahre verbringt, lässt sich nicht mehr im Detail rekonstruieren. Sehr wahrscheinlich begleitet er zunächst seine Eltern und die beiden jüngeren Geschwister, als diese 1941 zur älteren Schwester Wilma nach Metz ziehen. Vermutlich schon im Frühjahr 1943 beginnt er jedoch in Norddeutschland eine landwirtschaftliche Lehre, die ihn unter anderem auf den Hof Kreye in Düngstrup führt. Diese Beschäftigung bewahrt ihn davor, noch in den letzten Wochen des Krieges als finale Reserve mobilisiert zu werden und dabei möglicherweise den Tod zu finden.
Während die meisten anderen Familienmitglieder nach Kriegsende wieder in Hurrel leben, bringt Lorenz seine Ausbildung zu Ende und arbeitet anschließend auf dem Hof des Ahlhorner Bauern Wilhelm Hörmann. Dessen zwei Jahre jüngere Tochter Erna und er sind schon bald ein Paar, die beiden heiraten Ende 1948. Im März 1949 wird Tochter Ursula geboren, im Juli 1950 Sohn Heinz. Während der folgenden Wirtschaftswunder-Jahre arbeitet Lorenz weiter auf dem Hof seines Schwiegervaters und betätigt sich zudem in der näheren Umgebung als Hausschlachter.
Dann kommt der Tag, der alles verändert. Am Morgen des 12. Oktober 1956 wird Erna gegen 10 Uhr auf der B 69 in Ahlhorn beim Linksabbiegen mit ihrem Moped von einem herannahenden Kleinbus der in Oldenburg stationierten Royal Air Force erfasst und auf die Straße geschleudert. Sie ist auf der Stelle tot, Lorenz bleibt mit den sieben und sechs Jahre alten Kindern zurück.
Nur fünf Monate nach diesem tragischen Unglück bricht auf dem Hörmann-Hof eine Schweinepest aus. Schwiegervater Wilhelm Hörmann löst daraufhin den gesamten Schweinebestand auf. Für Lorenz das Signal, seinem Leben eine andere Richtung zu geben. Er verlässt den Hof und quartiert sich mit Ursula und Heinz für kurze Zeit bei seinen zwischenzeitlich nach Hude verzogenen Eltern ein. Kaum hat er jedoch Arbeit bei den örtlichen Amazone-Werken gefunden, stellt das Schicksal die Weichen abermals neu: Im Juni 1959 heiratet Lorenz Josephine Lanfermann, eine langjährige Nachbarin aus Ahlhorn und nach dem Unfalltod ihres Mannes Albert im September 1954 alleinerziehende Mutter von vier Kindern im Alter von 17 bis 7 Jahren (Erika, Franz, Werner und Heinz).
Nach der Hochzeit wohnt Lorenz mit Josephine und den nunmehr sechs Kindern im Haus seiner Ehefrau – und macht sich mit einem eigenen Fuhrunternehmen selbstständig. Eine richtige Entscheidung, denn der Bau der A 27 zwischen Bremen und Walsrode beschert der Firma ebenso volle Auftragsbücher wie der weitere Ausbau der direkt vor der Haustür gelegenen A 1. Oft ist Lorenz deshalb an fünf bis sechs Tagen in der Woche unterwegs, während Josephine die nur noch als Hobby gehaltenen Schweine und Bienen versorgt.
Dramatische Stunden erlebt Lorenz während der schweren Sturmflut vom Februar 1962. Sie verwüstet nicht nur Hamburg, sondern droht auch die gesamte Wesermarsch unter Wasser zu setzen. Nach dem Bruch eines Weserdeichs in der Nähe von Blexen erhält Lorenz den Auftrag, von Ahlhorn aus Sand ins Katastrophengebiet zu fahren und hilft anschließend vor Ort mit, das Schlimmste zu verhindern.
Als Anfang 1964 die gemeinsame Tochter Lore geboren wird, bauen Lorenz und Josephine neben ihr Haus ein zweites, das 1966 bezugsfertig wird. Noch im selben Jahr gibt Lorenz aus gesundheitlichen Gründen seinen Fuhrbetrieb auf und arbeitet fortan als Streckenwart bei der Autobahnmeisterei Wildeshausen. Aus dieser Zeit ist die Anekdote überliefert, dass er jedes Mal, wenn er zur Mittagspause nach Hause fährt, seinen Wagen auf dem Pannenstreifen der A 1 parkt und die letzten Meter bis zu seinem Haus zu Fuß zurücklegt.
Eine weitere Anekdote berichtet von einer Eigenschaft, die Lorenz in die Wiege gelegt wurde: die Fähigkeit, mit den Ohren zu wackeln. Bei jedem Familientreffen animiert er die Enkel, es ihm nachzutun und fordert sie auf, zu Hause fleißig zu üben. Letztlich ohne Erfolg – kein einziges Enkelkind bekommt es jemals richtig hin. Außerhalb der Familie engagiert sich Lorenz in jenen Jahren verstärkt im Imkerverein Wildeshausen. Dort übernimmt er Anfang 1975 im Vorstand das Amt des Wander- und Seuchenwarts.
Anfang der 80er Jahre erkrankt Josephine an Krebs, der aber nach einer sofort eingeleiteten Therapie zunächst nicht weiter in Erscheinung tritt. Dafür kehrt die Krankheit kurz nach der im Juni 1984 gefeierten Silberhochzeit umso heftiger zurück. Das Jahr 1986 wird dann für Lorenz und seine Familie zum Horror-Jahr: Im Juni stirbt Josephine, im Juli Mutter Bertha von Kempen – und schließlich reißt ihn am 5. Oktober ein Herzinfarkt völlig unerwartet selbst aus dem Leben. Beerdigt ist Lorenz vier Tage später auf dem Friedhof in Ahlhorn.