Martha Gesine Ellinghusen wird am 13. September 1904 als erstes Kind von Bernhard Wilkens und Anna Wilkens auf dem elterlichen Hof in Hurrel (heute: Udo und Svetlana Wilkens) geboren. Sie ist die ältere Schwester von Hinrich Wilkens und Henny Osterloh.
Eines der beherrschenden Themen des Jahres 1904 im Deutschen Reich ist der im Januar ausgebrochene Herero-Aufstand in Deutsch-Südwestafrika. Zur Niederschlagung entsendet Kaiser Wilhelm II. ein knapp 700 Mann starkes Expeditions-Korps in die 11.000 Kilometer entfernte Kolonie, das bis zur entscheidenden Schlacht am Waterberg Mitte August auf 15.000 Soldaten aufgestockt wird. Den Großteil der überlebenden Hereros lässt Oberbefehlshaber Lothar von Trotha in den Wochen vor und nach Marthas Geburt in der Wüste verdursten – heutigem Verständnis zufolge der erste Völkermord des 20. Jahrhunderts.
Ob der bis 1908 andauernde Kolonialkrieg im Südwesten Afrikas auch in Hurrel Diskussionsstoff liefert, lässt sich rückblickend schwer beurteilen. Immerhin nehmen einem Bericht der Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg zufolge 33 Soldaten aus der Region an den Kämpfen teil. Gespräche in Marthas Elternhaus in jenen Jahren, die ferne Länder zum Inhalt haben, dürften jedoch in erster Linie um die USA kreisen: Dorthin sind mit Johann Heinrich Wilkens und Anna Tönjes zwei Geschwister ihres Vaters ausgewandert. Ein weiterer Bruder – Friedrich Wilkens – bereitet sich auf diesen Schritt vor.
Als Marthas Onkel Friedrich wenige Tage vor ihrem siebten Geburtstag in Bremerhaven den Passagierdampfer „George Washington“ besteigt, besucht sie gerade die erste Klasse der Hurreler Volksschule. Darüber, wie ihre Familie die folgenden schweren Jahre des Ersten Weltkriegs und der Hyperinflation meistert, existieren keine Überlieferungen mehr. Für Martha selbst scheinen eine Auswanderung oder die unter jungen Frauen ihrer Generation weit verbreitete Hollandgängerei jedoch auch vor der Hochzeit mit Hinrich Ellinghusen kein Thema zu sein.
Martha und Hinrich heiraten am 11. Dezember 1928. Hinrichs Eltern Johann und Katharine Ellinghusen bewirtschaften in Altmoorhausen einen 1911 gekauften, rund 12 Hektar großen Hof (heute: Timo Ellinghusen). Dort packt das junge Paar in den folgenden Jahren kräftig mit an und freut sich zudem über die Geburt seines ersten Kindes: Sohn Heinz kommt am 2. April 1929 zur Welt.
Vielleicht ist die nur wenig später ausbrechende Weltwirtschaftskrise mit ein Grund dafür, warum Heinz lange ohne Geschwister bleibt. Die Zeiten in Deutschland sind hart und vor allem unsicher – was letztlich auch die Machtübernahme der Nationalsozialisten Anfang 1933 nicht ändert. Im Gegenteil, mündet deren von Beginn an verbrecherische Politik doch sechs Jahre später direkt in den Zweiten Weltkrieg.
Während Hinrich noch im ersten Kriegsjahr als Sanitäter eingezogen wird, hält Martha mit ihren Schwiegereltern den Betrieb der Landwirtschaft aufrecht. Nach einem der seltenen Heimaturlaube Hinrichs ist sie dann doch noch einmal schwanger: Tochter Inge wird am 30. Dezember 1943 geboren. Bald darauf gerät Hinrich in sowjetische Gefangenschaft – Martha und ihre beiden Kinder sehen ihn erst 1947 wieder.
Bis sich mit dem Auszug der nach Kriegsende einquartierten Familie von Else Maiwald und der Währungsreform die Verhältnisse auf dem Ellinghusen-Hof wieder normalisieren, dauert es seine Zeit. Doch schon 1950 nimmt das deutsche Wirtschaftswunder Fahrt auf, und der als Wunder von Bern in die Geschichte eingegangene Gewinn der Fußball-Weltmeisterschaft am 4. Juli 1954 hilft vielen Menschen, das Elend der Nachkriegsjahre endgültig abzuschütteln. Martha bleibt das Jahr 1954 aber vermutlich vor allem aus zwei anderen Anlässen heraus in Erinnerung: Im März feiern ihre Schwiegereltern Goldene Hochzeit, im Mai heiratet Sohn Heinz seine langjährige Verlobte Hanna Schlötelburg.
Im Januar 1958 wird Martha mit der Geburt von Enkel Gerd zum ersten Mal Großmutter. Erneut muss sie einige Jahre auf Verstärkung warten, doch dann geht es mit Inges Kindern Jens (März 1965) und Rainer (April 1966) und Heinz‘ zweitem Sohn Timo (Juli 1967) Schlag auf Schlag. In jenen Jahren empfängt Martha gleich zweimal Besuch aus Nebraska: Friedrich Wilkens‘ Tochter Aleatha Berry und Duane Rüdebusch, Ur-Enkel eines 1891 ausgewanderten Bruders von Schwiegermutter Katharine, besuchen die Heimat ihrer Vorfahren. Beides eine willkommene Gelegenheit für Martha, ihre in der Verwandtschaft berühmt-berüchtigten Kuchen-Buffets aufzufahren.
Da auf dem Hof mittlerweile Heinz und Hanna den Großteil der Arbeit erledigen, bleibt Martha und Hinrich ab Ende der 60er Jahre mehr Zeit für andere Dinge. Kurz-Urlaube mit Schwester Henny und ihrem Ehemann Gustav gehören ebenso dazu wie Kaffeefahrten oder Ausflüge mit dem Landvolk, auf denen oft die Nachbarn Heinrich und Marianne Claußen und Karl und Marie Gode mit dabei sind.
Bevor Martha sich über die Geburt der weiteren Enkel Tanja (Mai 1972) und Dirk (Januar 1975) freuen kann, muss sie für deren Bruder Jens die Diagnose Mukopolysaccharidose und dann im Februar 1972 seinen tragischen Unfalltod verkraften. Ihr eigenes Ende kommt vier Jahre später ähnlich unvermittelt: Nach einer Hüftgelenks-Operation erleidet sie eine Embolie, sie stirbt am 13. August 1976 im Krankenhaus Stenum. Beerdigt ist Martha fünf Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude.