Gesine Margarete Brockshus wird am 15. September 1827 als erstes oder zweites Kind von Johann Dierk Heuermann und Margaretha Heuermann in Kühlingen geboren. Sie ist die Zwillingsschwester von Hermann Heuermann. Aus der zweiten Ehe ihres Vaters hat sie zudem mit Hermann Heuermann, Bernhard Heuermann, Hinrich Heuermann und Johann Diedrich Heuermann vier jüngere Halbbrüder.
In den Wochen vor Gesines Geburt verbringt der aufstrebende rheinische Schriftsteller Heinrich Heine zum wiederholten Male seinen Sommerurlaub an der Nordsee. Anlaufpunkt ist dabei wie schon 1825 und 1826 Norderney – auf der Insel sammelte Heine in den beiden Vorjahren zahlreiche Eindrücke für seine ab 1826 im Hamburger Verlag Hoffmann und Campe veröffentlichten „Reisebilder“.
Die Vorfreude, mit der Heine anreist, erhält schon bald einen Dämpfer. Freunde warnen ihn: Offenbar habe eine Gruppe von Stammgästen aus dem Königreich Hannover den Plan gefasst, ihm wegen als beleidigend aufgefassten Zeilen wie „Die hannövrischen Junker sind Esel, die nur von Pferden sprechen“ eine gehörige Tracht Prügel zu verabreichen. Auch einige Insulaner fühlen sich von Heines Texten vor den Kopf gestoßen. Immerhin bescheinigt der Dichter ihnen, sie würden Tee trinken, der sich „von gekochtem Seewasser nur durch seinen Namen unterscheidet“ und „eine Sprache schwatzen, wovon kaum begreiflich scheint, wie es ihnen selber möglich ist, sie zu verstehen“. Von grob unverschämten Passagen wie „Die Tugend der Insulanerinnen wird durch ihre Hässlichkeit, und gar besonders durch ihren Fischgeruch, der mir wenigstens unerträglich war, vorderhand geschützt“ ganz zu schweigen.
Nach kurzer Überlegung entschließt sich Heine zur Flucht. Ein Fischer bringt ihn heimlich nach Wangerooge, wo Heine seinen Urlaub fortsetzt. Da die Saison auf der zum Großherzogtum Oldenburg gehörenden Insel jedoch schon beendet ist, sind die meisten öffentlichen Einrichtungen geschlossen. Anders als auf Norderney gibt es auch kein Spielcasino. „Ich langweile mich hier erschrecklich“, schreibt Heine einem Freund am 11. September – verbunden mit dem Hinweis, in vier Tagen nach Hamburg weiterreisen zu wollen.
Während Heinrich Heine also mutmaßlich am 15. September 1827 seine Koffer packt oder bereits auf hoher See ist, erblicken Gesine und ihr Bruder in Kühlingen bei der gewiss nicht einfachen Zwillingsgeburt das Licht der Welt. Beide Kinder werden nur drei Tage nach der Entbindung getauft – ein Indiz dafür, dass Zweifel bestehen, ob sie durchkommen. Als erstes stirbt allerdings am 4. Oktober Mutter Margaretha. Bruder Hermann folgt am 13. November. Am Ende dieser Tragödie bleibt Gesine alleine mit ihrem Vater zurück.
Zweieinhalb Jahre nach dem Tod von Gesines Mutter heiratet Johann Dierk Heuermann erneut. Aus der am 11. Mai 1830 geschlossenen Ehe mit Adelheid von Seggern gehen zwischen Juni 1832 und Juli 1841 Gesines Halbgeschwister hervor, mit denen sie aufwächst. Wie lange Gesine die 1802 in Kühlingen errichtete Volksschule besucht, liegt heute im Dunkeln – ebenso, wann sie ihr Elternhaus verlässt und wo sie anschließend arbeitet.
Gesicherte Spuren hinterlässt Gesine erst wieder im Jahre 1854: Am 24. November dieses Jahres heiratet sie in Hude Hermann Brockshus. Für Gesines 13 Jahre älteren Partner ist es bereits die dritte Ehe, er wohnt mit seinen sechs und fünf Jahre alten Söhnen Hermann und Johann Hinrich und der elf Monate alten Tochter Mette Catharine auf einem von den Eltern übernommenem Hof in Hurrel (heute: Kerstin und Thomas Schwantje).
Hermanns zweite Ehefrau Metta ist wie Gesines Mutter im Wochenbett gestorben – mit welch gemischten Gefühlen sie selbst der Geburt ihres ersten Kindes entgegengeblickt haben muss, lässt sich nur erahnen. Doch die Ankunft von Johann Christian am 23. Dezember 1855 verläuft weitgehend problemlos. Auch der zweite, im Oktober 1858 geborene Sohn Heinrich Diedrich gefährdet bei der Entbindung nicht Gesines Leben. Er stirbt allerdings bereits wenige Wochen später.
Bis Januar 1867 wächst die Familie um drei weitere Kinder: Bernhard, Aline Catharine und Heinrich Martin August kommen hinzu. In jenen Wochen bereitet sich Gesines Stiefsohn Johann Hinrich gerade darauf vor, seinem drei Jahre zuvor nach Nordamerika ausgewanderten älteren Bruder Hermann zu folgen. Ein Weg, den Anfang 1869 – in Begleitung der befreundeten Familie von Johann Hinrich Petershagen aus Lintel – auch Stieftochter Mette Catharine und Gesines ältester leiblicher Sohn Johann Christian gehen.
Überlieferungen aus der Familie zufolge haben sich auch Hermann und Gesine zu diesem Zeitpunkt bereits entschlossen, ihren Hof in Hurrel zu verkaufen und in Übersee noch einmal einen neuen Anfang zu wagen. Doch noch ist es nicht so weit. Die jüngsten Kinder haben gerade erst mit der Schule begonnen oder stehen kurz davor, und im Sommer 1871 – kurz nach Ende des Deutsch-Französischen Krieges und der Ausrufung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. – kündigt sich weiterer Nachwuchs an. Der am 17. Dezember geborene Sohn Johann Diedrich stirbt allerdings bereits im Februar 1872.
Auch aus Nordamerika kommen zu Beginn jenes Jahres schlechte Nachrichten: Gesines Stiefsohn Johann Hinrich, der mit seinen Geschwistern von New York weiter nach Iowa gezogen war, stirbt dort im Alter von nur 22 Jahren. An den Auswanderungsplänen der Familie ändert diese Hiobsbotschaft allerdings nichts, auch wenn bis zur Umsetzung noch acht weitere Jahre vergehen sollen: Erst im Frühjahr 1880 verabschiedet sich Gesine von Nachbarn, Freunden und Verwandten und besteigt mit Hermann und den drei jüngsten Kindern in Bremerhaven den Passagierdampfer Neckar, der sie nach New York bringt. Von dort aus geht es per Eisenbahn weiter ins rund 1.600 Kilometer entfernte Iowa.
In der neuen Heimat lebt Gesine zunächst mit Hermann und den jüngeren Kindern auf einer Farm in der Nähe von Homestead. Nach Hermanns Tod im Januar 1893 zieht sie zu ihrem Sohn Heinrich Martin August und dessen Familie in die Nähe von Williamsburg. Dort stirbt sie am 16. Juni 1902 im Alter von 74 Jahren. Beerdigt ist Gesine wenige Tage später auf dem St. John’s Lutheran Cemetery in Homestead.