Heinrich Mindermann wird am 15. Dezember 1902 als vermutlich siebtes von mutmaßlich insgesamt zwölf Kindern von Christian Hinrich Mindermann und Meta Mindermann in Wörpedorf im Teufelsmoor geboren.
Elf Tage vor Heinrichs Geburt scheitert in der kanadischen Provinz Ontario der Versuch, über ein Referendum den Verkauf alkoholischer Getränke in Bars und Einzelhandelsgeschäften zu verbieten. Zwar stimmen fast zwei Drittel der teilnehmenden Bürger für ein solches Verbot, die im Vorfeld festgelegte absolute Zahl an benötigten Stimmen wird allerdings nicht erreicht.
Ähnlich wie in den USA kämpfen schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts diverse Gruppen darum, den hohen Alkoholkonsum der Kanadier einzudämmen. Eine führende Rolle spielt dabei die Abstinenz-Bewegung, die im Alkohol die Wurzel fast aller sozialen Übel sieht. Doch auch viele christliche Glaubensgemeinschaften wie Baptisten, Methodisten oder Presbyterianer und ihre Organisationen unterstützen ein entsprechendes Verbot. Von den Anglikanern und der in der ehemals französischen Kolonie Québec dominierenden katholischen Kirche kommen jedoch eher widersprüchliche Signale.
Als Erfolg für sich verbuchen die Abstinenzler unter anderem, dass in den meisten Provinzen des Landes Schulen inzwischen per Gesetz angehalten sind, im Unterricht die negativen Auswirkungen des Alkohols auf den menschlichen Körper zu thematisieren. Schon seit 1864 darf zudem jeder Landkreis und jede Stadt auf lokaler Ebene den Verkauf von Alkohol mit Stimmenmehrheit verbieten. Der Versuch, dieses Verbot landesweit einzuführen, ist allerdings 1898 ebenso gescheitert wie nun in Ontario. Zwar gab es damals mit 51 Prozent der abgegebenen Stimmen eine hauchdünne Mehrheit, die Wahlbeteiligung lag jedoch nur bei 44 Prozent. Trotzdem steigt die Zahl der kanadischen Gemeinden mit Alkoholverbot seit der Jahrhundertwende stetig.
Auch im Deutschen Reich nehmen in jenen Jahren Organisationen wie die Blaukreuz-Bewegung immer wieder Anlauf, um ein gesetzliches Alkoholverbot zu erreichen. Allerdings ohne nennenswerten Erfolg: Eine Mehrheit dafür findet sich weder in den Parlamenten noch in der Bevölkerung. Das gilt für Großstädte wie Bremen ebenso wie für den Landkreis Osterholz, zu dem Wörpedorf gehört. Wie lange Heinrich dort mit seinen Eltern und den Geschwistern lebt, ist nicht überliefert – Erzählungen seiner Tochter Anneliese zufolge betreibt die Familie in späteren Jahren in Seehausen südlich von Bremen eine kleine Landwirtschaft. Wo genau Heinrich die Volksschule besucht und 1914 als Elfjähriger den Ausbruch des Ersten Weltkriegs erlebt, liegt deshalb heute im Dunkeln. Offenbar fallen jedoch gleich drei ältere Brüder dem bis Ende 1918 tobenden Krieg zum Opfer.
Vater Christian Hinrich arbeitet nebenbei als Holzschuhmacher – ein Beruf, den auch Heinrich einmal ausüben soll. Er widersetzt sich jedoch dem Willen des Vaters und geht stattdessen Anfang der 20er Jahre auf dem Hof seiner Schwester Katharina Schnakenberg in Stellung, den diese zusammen mit ihrem Ehemann Klaus von dem Bremer Kaufmann Karl Vietor an der Hurreler Straße in Vielstedt gepachtet hat (Huder Grashaus).
Bald darauf lernt Heinrich seine spätere Frau Gesine Wachtendorf kennen, deren Familie rund zwei Kilometer weiter südwestlich in Lintel einen Hof bewirtschaftet. Heinrich und Gesine heiraten am 11. Mai 1928 – eine Woche, bevor in Amsterdam die 9. Olympischen Sommerspiele der Neuzeit beginnen. Es ist das erste Mal seit 1912, dass deutsche Athleten wieder an diesem besonderen Sport-Ereignis teilnehmen dürfen. Nach dem verlorenen Weltkrieg ein Zeichen der Normalisierung und ein Indiz für eine bessere Zukunft, die sich auch Heinrich und Gesine erhoffen: Sie ziehen nach der Hochzeit auf einen kleinen, kurz zuvor von Gesines Vater Johann gekauften Hof in Hurrel (heute: Egon Wachtendorf und Elke Brumund), den sie später einmal übernehmen sollen.
Doch es kommt anders. Bei der Geburt der Zwillinge Gisela und Anneliese am 24. August 1930 erleidet Gesine irreparable Schäden an der Hüfte; nach ihrer Entlassung aus dem Klinikum Delmenhorst kann sie sich nur noch sehr eingeschränkt bewegen. Heinrich sieht dadurch keine Möglichkeit mehr, den Hof weiter zu bewirtschaften, denn: Mit der Übernahme ist auch die Pflege von Gesines Mutter Metta verbunden, die einige Jahre zuvor einen Schlaganfall erlitten hat. Er zieht daraufhin Anfang 1932 mit Gesine und den beiden Kindern zunächst nach Vielstedt, im Jahr darauf dann in eine Mietwohnung des Optiker- und Uhrmachermeisters Heinrich Essmann in Hude (heute: Rose Optik) und arbeitet wieder bei seiner Schwester im Huder Grashaus.
Ein Jahr nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Januar 1933 hat Heinrich Glück: Er kommt – zunächst als Hilfsarbeiter – bei der Reichsbahn unter und verdient ab 1935 sein Geld als Schrankenwärter in Bookholzberg und Schierbrok. Fortan wohnt er mit der Familie in einer Eisenbahner-Wohnung in Kamern. Kurz nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs im September 1939 beginnt Heinrich eine Ausbildung zum Zugführer und Schaffner, was ihn zunächst vor der Einberufung zur Wehrmacht bewahrt. Im Herbst 1944 wird er allerdings doch noch eingezogen und nach einer verkürzten Grundausbildung direkt an die Ostfront abkommandiert, wo er in Weißrussland in Gefangenschaft gerät. Erst 1947 kehrt er nach Hude zu seiner Familie zurück.
Beruflich fällt Heinrich der Wiedereinstieg nicht schwer: Er kann mehr oder weniger selbst bestimmen, welche seiner bisherigen Positionen er künftig bei der Bahn bekleiden möchte, und entscheidet sich für die Tätigkeit eines verbeamteten Schaffners. In dieser Funktion reist er in den folgenden Jahren meist zwischen Osnabrück, Bremen und Bremerhaven hin und her. Privat beginnt jedoch schon bald eine schwierige Zeit. Ehefrau Gesine – durch ihre Hüftverletzung ohnehin gehandicapt – erkrankt 1949 an Gelbsucht und wenig später an Krebs; ihr geht es zunehmend schlechter und nach diversen Krankenhaus-Aufenthalten verliert sie mehr und mehr ihren Lebensmut. Sie stirbt im April 1955.
In den Jahren nach Gesines Tod hält sich Heinrich häufiger in Fischerhude auf, wo zwei seiner Geschwister leben. Dort lernt er 1958 Erna Dannemann kennen, die zwar 19 Jahre jünger ist als er selbst, mit der er sich aber auf Anhieb gut versteht. Das frisch verliebte Paar heiratet im Februar 1962 – vier Jahre vor Heinrichs Pensionierung – und zieht nach Delmenhorst. Später leben beide in Nordenholz, wo sie 1967 in unmittelbarer Nähe von Heinrichs Tochter Gisela und deren Ehemann Heinrich Schote aus Gemeindebesitz ein Haus kaufen.
Kurz vor der Silberhochzeit mit Erna geht es Heinrich, der bereits seit längerer Zeit an Diabetes leidet, gesundheitlich zunehmend schlechter. Er stirbt am 6. Oktober 1986 und wird drei Tage später auf dem Friedhof der Auferstehungskirche zu Bookholzberg beerdigt.