Adele Mathilde Hermine Brinkmann wird am 20. März 1892 als erstes Kind von Bernhard Wiedau und Catharine Wiedau auf dem elterlichen Hof in Hurrel (heute: Heinz und Alke Brinkmann) geboren. Sie ist die ältere Schwester von Georg Hinrich Wiedau, Johanne Grummer, Martha Mahlstedt, Clara Neuhaus und Bertha Wiedau.
In den Wochen um Adeles Geburt stellen sich im Leben des später weltberühmten Schriftstellers Hermann Hesse entscheidende Weichen. Hesse, damals 14 Jahre alt, besucht seit September 1891 die Klosterschule Maulbronn – wie zuvor schon Halbbruder Karl Isenberg und Großvater Hermann Gundert. Dem Wunsch seiner im Missionarsdienst tätigen Eltern zufolge soll er später die Priester-Laufbahn ergreifen. Scheint Hesse sich in Maulbronn anfangs durchaus wohlzufühlen, so nimmt er am Nachmittag des 7. März 1892 unvermittelt Reißaus: Ohne Geld und Mantel verbringt er die Nacht bei Minusgraden im Freien und wird erst am nächsten Morgen von einem Dorfpolizisten aufgegriffen und ins Kloster zurückgebracht.
Nach Absitzen seiner Strafe im Klosterkarzer versinkt Hesse mehr und mehr in Depressionen. In einem Brief an seine Eltern schreibt er am 20. März: „Ich bin so müde, so kraft- und willenlos; ich arbeite, soviel ich eben muss, privatim treibe ich gegenwärtig gar nichts. Ich bin so froh, wenn ich einen Augenblick habe, an dem ich nicht gehen, nicht denken muss. Aber deren gibt‘s wenige. Ich bin nicht krank, nur eine mir ganz ungewohnte Schwäche fesselt mich: Ich kann mich kaum mehr ärgern, aber ich kann mich auch nicht freuen, nicht über den goldenen Sonnenschein, nicht über die nahen Ferien.“
Den Gedanken an ein Priesteramt hat Hesse in jenen Tagen und Wochen bereits verworfen – er will Dichter werden „oder gar nichts“. Anfang Mai 1892 scheidet er endgültig aus dem Klosterseminar aus. Nach einem anschließenden Selbstmordversuch landet Hesse auf Betreiben seines Vaters für drei Monate in der Nervenheilanstalt Stetten nahe Stuttgart, wo er im Garten arbeiten und beim Unterrichten geistig behinderter Kinder helfen muss.
Bis Hesse seinem Berufsziel näher kommt, vergehen noch einige Jahre. Das Gymnasium in Cannstatt, das er ab Ende 1892 besucht, verlässt er ohne Abschluss, eine erste Lehre als Buchhändler gibt er nach drei Tagen auf. Einer nach 14 Monaten ebenfalls abgebrochenen Mechaniker-Lehre folgt eine zweite Buchhändler-Ausbildung in Tübingen, die Hesse im Oktober 1898 zu Ende bringt. Kurz darauf veröffentlicht er jeweils einen Gedicht- und einen Prosa-Band, denen allerdings kein Erfolg beschieden ist. Erst der Roman „Peter Camenzind“ macht Hesse 1904 einem größeren Publikum bekannt. Im gleichen Jahr erscheint in der Neuen Zürcher Zeitung ein Vorabdruck von „Unterm Rad“. In diesem stark autobiographisch geprägten Roman verarbeitet Hesse seine Erlebnisse in Maulbronn.
Zu diesem Zeitpunkt hat Adele in Hurrel bereits den größten Teil ihrer Schulausbildung abgeschlossen. Sie gehört 1898 zum zweiten Jahrgang Hurreler Kinder, die im Ort selbst eingeschult werden und sich nicht mehr jeden Morgen auf den Weg ins Nachbardorf Lintel machen müssen. Für Adele hätte dies jedoch kaum einen Unterschied gemacht: Zum neuen, gegenüber der Gastwirtschaft von Carl Busch erbauten Schulgebäude (heute: Gunda Hagestedt) beträgt die Entfernung ziemlich genau einen Kilometer, zur alten Gemeinschaftsschule wären es gerade einmal 200 Meter mehr gewesen.
Kurz nach Adeles Schulentlassung im Frühjahr 1906 stirbt ihre jüngste Schwester Bertha, wie bereits 1894 der einzige Bruder Georg Hinrich noch im Säuglingsalter. Ob Adele dieses traurige Ereignis noch zu Hause erlebt oder zu diesem Zeitpunkt bereits ihre Stellung im Haushalt des Huder Druckerei-Betreibers Diedrich Barkemeyer angetreten hat, ist nicht überliefert. Zur Familie ihres langjährigen Chefs, dessen Vater Hermann Barkemeyer ebenfalls aus Hurrel stammt, hält sie auch Jahrzehnte später noch Kontakt.
Wie Adele die bedrückenden Jahre des Ersten Weltkriegs erlebt, zu dem viele ehemalige Schulkameraden wie Adolf Busch, Gustav Schwarting, Georg Sparke, Heinrich Tönjes oder Hinrich Wieting einberufen werden, lässt sich ebenfalls nur vermuten. Gesichert ist allerdings, dass sie kurz nach Kriegsende nach Hurrel zurückkehrt und dort am 16. November 1920 Friedrich Brinkmann heiratet. Der Neffe ihres Nachbarn Hinrich Brinkmann war erst kurz zuvor aus Tweelbäke zugezogen, um später einmal den Hof seines kinderlos gebliebenen Onkels an der Ortstraße zu übernehmen (heute: Uwe und Inge Ramke).
Nach der Hochzeit zieht Adele auf den damaligen Brinkmann-Hof, wo sie in den folgenden acht Jahren insgesamt vier Kindern das Leben schenkt: Klara (Januar 1922), Käte (März 1923) Heinrich (April 1924) und Adolf (Juni 1928).
Was genau einmal aus dem Hof ihrer Eltern an der Pirschstraße werden soll, der zu einem der ältesten und größten im Ort gehört, ist zum Zeitpunkt von Adeles Hochzeit und in den Jahren danach nicht klar. Von den vier überlebenden Geschwistern wäre rein formal die nach Berthas Tod jüngste Tochter Clara erbberechtigt. Clara und ihr Ehemann Heinrich Neuhaus sind dazu wohl auch bereit, doch Vater Bernhard favorisiert eindeutig Adele. Als daraufhin Clara und Heinrich beschließen, in die USA auszuwandern, ziehen Adele und Friedrich kurz nach Adolfs Geburt mit den Kindern auf den Wiedau-Hof.
Die folgenden, vom Aufstieg der Nationalsozialisten und der Diktatur des Dritten Reichs geprägten Jahre konzentriert sich Adele neben der Kindererziehung darauf, Friedrich und ihre Eltern bei der Bewirtschaftung des rund 35 Hektar großen Hofes zu unterstützen. Der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs im September 1939 bringt dann so manch bange Stunde mit sich, weil auch Adeles ältester Sohn Heinrich zur Wehrmacht eingezogen wird. Letztlich überstehen jedoch alle Familienmitglieder das in der totalen Niederlage Deutschlands mündende Inferno unbeschadet.
Wie fast alle Hurreler Familien nehmen Adele und Friedrich 1945 einige der ins Dorf strömenden Ost-Flüchtlinge auf: Im 1937 von Friedrich rund 300 Meter weiter südlich an der Pirschstraße erbauten Arbeiterhaus (heute: Jörg und Sylvia Schuda) finden so Josef und Hedwig Woisch Unterschlupf, deren Sohn Werner wohnt direkt auf dem Brinkmann-Hof.
Nach dem viel zu frühen, krebsbedingten Tod von Ehemann Friedrich im Januar 1948 führt Adele den Hof zusammen mit Vater Bernhard und den beiden Söhnen weiter, nach Heinrichs Hochzeit mit Katharine Timmermann im Sommer 1953 und Bernhards Tod im Januar 1954 dann alleine mit Adolf. Als dieser im September 1959 Helga Wilkens heiratet, zieht sich Adele – inzwischen 67 Jahre alt – ein Stück weit zurück. Im Hintergrund bleibt sie allerdings stets präsent und hält Adolf und Helga den Rücken frei, indem sie sich unter anderem um die zwischen 1960 und 1966 geborenen Enkel Heinz, Anne, Silke und Reiner kümmert.
Nachdem Adele im März 1982 den 90. Geburtstag im Kreis ihrer Familie bei noch zufriedenstellender Gesundheit feiern kann, geht es ihr nur wenige Tage später – vermutlich der Aufregung geschuldet – plötzlich deutlich schlechter. Noch bevor sie auch mit den bereits geladenen Nachbarn auf ihren Ehrentag anstoßen kann, stirbt sie am 7. April an Altersschwäche. Beerdigt ist Adele drei Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude.