Günter Helmers – Biographie

Günter Dieter Helmers wird am 15. Mai 1952 als erstes Kind von Otto Helmers und Erna Helmers in Oldenburg geboren. Er ist der ältere Bruder von Sigrid Helmers.

In den Wochen um Günters Geburt gelingt Mercedes-Benz ein vielbeachtetes Comeback im internationalen Motorsport. Mit dem neu konzipierten Modell W 194 belegen Karl Kling und Hans Klenk am ersten Mai-Wochenende bei der 19. Auflage des Langstrecken-Rennens Mille Miglia Rang 2 und knüpfen damit an die vor dem Zweiten Weltkrieg errungenen Erfolge des deutschen Automobil-Konzerns an. Das zweite Werksteam, bestehend aus Rudolf Caracciola und Peter Kurrle, kommt auf Rang 4. Beim am 18. Mai 1952 ausgetragenen Rennen um den Großen Automobilpreis von Bern gibt es dann sogar einen dreifachen Triumph: Es siegt Karl Kling vor Hermann Lang und Fritz Riess. Auch beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans vier Wochen später heißt der große Gewinner Mercedes-Benz: Dem siegreichen Duo Lang/Riess, das mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 155,6 Stundenkilometern einen neuen Streckenrekord aufstellt, folgen die Mercedes-Piloten Theo Helfrich und Helmut Niedermayr auf dem zweiten Platz.

Das optisch wohl hervorstechendste Merkmal des W 194 sind die durch die Rohrrahmen-Bauweise nötigen, erstmals in einem Automobil verbauten Flügeltüren. Eine normale Tür wäre angesichts der hohen Seitenschweller zu klein ausgefallen. Von den Amerikanern „Gull Wings“ (Möwenflügel) und von den Franzosen „Papillon“ (Schmetterling) getauft, erzeugt die Konstruktion eine enorme Aufmerksamkeit. Unter anderem auch bei Max Hoffman, einem US-amerikanischen Importeur von Mercedes-Benz-Fahrzeugen. Er drängt den Mercedes-Vorstand, den W 194 in Serie herzustellen – was zunächst gar nicht geplant ist. Doch am Ende setzt Hoffman seinen Willen durch: Auf der International Auto Show in New York präsentiert Mercedes-Benz im Februar 1954 unter der Typenbezeichnung W 198 ein leicht verändertes, für den Straßenverkehr zugelassenes Serienmodell.

Die Erfolge bei den Sportwagen-Rennen ermutigen den Vorstand, mit dem W 196 auch eine Variante des Flügelflitzers für die 1950 ins Leben gerufene Formel 1 zu entwickeln. Seine Premiere feiert das mit drei Fahrern antretende Mercedes-Team am 4. Juli 1954 beim Großen Preis von Frankreich in Reims, wo sich der unmittelbar zuvor von Maserati zu Mercedes gewechselte Vize-Weltmeister Juan Manuel Fangio mit seinem neuen Teamkollegen Karl Kling vom Start weg ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefert. Am Ende liegt Fangio mit einem Vorsprung von 0,1 Sekunden vorn. Der Doppelsieg ist eine Sensation, die aber an jenem Sonntag in der Heimat kaum Widerhall findet: Schließlich tritt am selben Nachmittag in Bern die deutsche Fußball-Nationalmannschaft im WM-Finale gegen Ungarn an und gewinnt nicht minder sensationell mit drei zu zwei.

Mit gerade einmal zwei Jahren ist Günter in Hurrel noch zu jung, um diesen historischen Sport-Nachmittag bewusst mitzuerleben. Dass so manch ein Erwachsener um ihn herum in den folgenden Tagen vom vielzitierten „Wir-sind-wieder-wer“-Gefühl gepackt wird, darf jedoch als gesichert gelten. Neun Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg sehen sich viele Deutsche erstmals wieder ein Stück weit in die internationale Gemeinschaft integriert und von ihr respektiert. Gleichwohl sind die Wunden, die der Krieg geschlagen hat, auch in Hurrel noch immer sehr präsent. So dürfte bei der feierlichen Einweihung des Denkmals für die gefallenen Söhne des Dorfes am 17. November 1954 so manche Träne fließen.

Die Namen Helmers und Oltmanns – der Geburtsname von Günters Mutter – sucht man auf dem Denkmal vergebens. Zum einen, weil der Zweite Weltkrieg in Günters direktem familiären Umfeld keine Opfer gefordert hat. Zum anderen aber auch, weil seine Eltern erst 1950 aus dem Ammerland nach Hurrel gezogen sind. Sie haben an der Ortstraße den Hof von Dietrich Schütte übernommen, einem 1953 kinderlos verstorbenen Verwandten von Günters Vater. Der 1521 erstmals urkundlich erwähnte Schütte-Hof gehört zwar zu den ältesten und somit größten Betrieben des Dorfes, schiebt aber angesichts der lange Zeit ungeklärten Nachfolge einen kräftigen Investitionsstau vor sich her. Ihn Schritt für Schritt aufzulösen, nimmt Otto und Erna Helmers in Günters ersten Lebensjahren voll in Anspruch.

Im Frühjahr 1959 wird Günter in die von seinem Elternhaus nur 150 Meter entfernte, seit 1933 von August Meyer geleitete Volksschule eingeschult. Am selben Tag beginnt für Rolf Geister, Heiko Pape und Karl-Heinz Ziessow der sprichwörtliche Ernst des Lebens. Da sich das Quartett wie jede neue Gruppe von Erstklässlern erst einmal gegen den Pulk der größeren Mitschüler behaupten muss, bildet es von Beginn an eine verschworene Gemeinschaft. Später entstehen dann auch jahrgangsübergreifende Freundschaften, wobei die Liste der gemeinschaftlichen Aktivitäten von Fußball, Schwimmen und Radfahren bis hin zum winterlichen Eishockey-Spiel auf dem zugefrorenen Feuerlöschteich an der Ortstraße reicht.

Günters Jahrgang ist der erste aus Hurrel, der 1965 nach Abschluss der sechsten Klasse auf die Volksschule Hude-Hohelucht wechselt. Weil Günter bis dahin in nahezu allen Fächern gute oder sogar sehr gute Leistungen erzielt hat, könnte er wie sein anfangs bester Freund Karl-Heinz Ziessow durchaus die Realschule in Berne oder sogar das Gymnasium in Oldenburg besuchen. Indes, danach steht Günter gar nicht der Sinn, hat er doch für seine Zukunft längst ein klar umrissenes Ziel vor Augen: Landwirt ist sein Traumberuf, und der elterliche Hof bietet ihm alle Möglichkeiten, diesen Traum zu verwirklichen. Deshalb absolviert er nach Abschluss der neunten Volksschulklasse die landwirtschaftliche Berufsschule in Ganderkesee und geht nach zwei Lehrjahren bei Vater Otto noch für ein Jahr auf dem Hof von Fritz und Elli Aschenbeck in Barel in die Lehre.

Damit sind die beruflichen Grundlagen gelegt – was Günter allerdings noch nicht zufriedenstellt. Auf der Suche nach Weiterbildungsmöglichkeiten stößt er auf das relativ neue Angebot der Landbauschule Oldenburg, ausgelernte Landwirte in vier Semestern zum staatlich geprüften Wirtschafter zu qualifizieren. Für den dazugehörigen Unterricht pendelt Günter zwei Jahre lang täglich mit dem Postbus von Altmoorhausen in die Bezirkshauptstadt. Die Abschlussprüfung besteht er im März 1973 mit Auszeichnung. Privat ist Günter zu diesem Zeitpunkt bereits seit sieben Monaten mit Linda Röbken aus Kirchhatten verlobt. Beide haben sich im Frühjahr 1970 auf einer Tanzveranstaltung im Döhler Krug in Großenkneten kennengelernt. Vor den Traualtar der St.-Elisabeth-Kirche in Hude treten sie am 8. August 1975, damit verbunden ist Lindas Umzug auf den in den 70er Jahren weiter kräftig expandierenden Helmers-Hof.

Sechs Wochen nach der Hochzeit gehört Linda zu den Mitgründerinnen der Damenabteilung des Schützenvereins Hurrel. Günter selbst ist dort bereits seit Mitte der 60er Jahre aktiv. Auch an Veranstaltungen der Landjugend Sandersfeld nimmt er bis zu seiner Heirat regelmäßig teil. Dazu zählen neben Feiern, Ausflügen und sportlichen Betätigungen auch berufsnahe Wettkämpfe wie Tierbeurteilungen – eine Disziplin, in der Günter regelmäßig zu den Favoriten zählt und bei der er voll in seinem Element ist. Deshalb stellt er sich in späteren Jahren dafür auch gern als Punktrichter zur Verfügung.

Noch vor der Geburt des ersten Sohnes Marco im Oktober 1977 wird Günter ein Ehrenamt angetragen, das in der Regel eher reifere Semester bekleiden. Die Hurreler Dorfgemeinschaft nominiert ihn als Nachfolger von Gerold Pflug zum Bezirksvorsteher, von der Gemeinde Hude offiziell berufen dazu wird er im Mai 1976. Agieren Bezirksvorsteher heutzutage in erster Linie als Bindeglied zwischen Dorfbewohnern und Gemeindeverwaltung, so haben sie damals noch eine Reihe weiterer Aufgaben zu erfüllen, etwa das Verteilen von amtlichen Dokumenten und das Zählen von Viehbeständen.

Ein verantwortungsvoller, aber auch zeitaufwändiger Posten, der schon bald mit Günters weiteren beruflichen Zielen kollidiert: Um künftig wie Vater Otto Lehrlinge ausbilden zu können, besucht er – gemeinsam mit den ehemaligen Schulkameraden Helmut Braun und Heino Schwarting – die Meisterschule in Oldenburg. Die Abschlussprüfung vor der Landwirtschaftskammer Weser-Ems besteht Günter im Juni 1979 wie schon sechs Jahre zuvor die Ausbildung zum staatlich geprüften Wirtschafter mit Auszeichnung. Seine Entscheidung, das Ehrenamt bei nächster Gelegenheit wieder abzugeben, ist da aber bereits gefallen. Öffentlich macht Günter sie im Mai 1980, vier Monate nach der Geburt des zweiten Sohnes Michael. Seine Nachfolge tritt mit Heinrich Schwarting ein Hurreler an, der fast 30 Jahre älter ist als er.

Im Schützenverein ist Günter in den 80er Jahren weiter sehr präsent. Ende Juli 1982 erringt er dort die Würde des Schützenkönigs, auch auf den Siegerlisten von Pokalschießen und sonstigen Schießwettbewerben steht sein Name häufig weit oben. Oberste Priorität hat für ihn aber neben der Familie der weitere Ausbau des Hofes – zumal dessen offizielle Übergabe näher rückt: Im Januar 1990 wird Vater Otto 65 Jahre alt. Bevor es soweit ist, nehmen Senior und Junior noch gemeinsam den Bau eines modernen, im Herbst 1989 betriebsbereiten Kuhstalls in Angriff. Zwei Jahre später kommt ein Anfang 1992 von Otto und Erna Helmers bezogenes Altenteiler-Haus hinzu. Vor dem Hintergrund des aufkommenden Computer-Zeitalters beschäftigt sich Günter in dieser Zeit zudem viel mit dem Thema Programmierung. Neben dem Spaß an der Materie dient dabei, wie sollte es anders sein, einmal mehr der Gedanke an eine spätere betriebliche Nutzung als Antrieb.

Ein Thema, das Günter das ganze Berufsleben hindurch begleitet, ist die Rinderzucht. So ist er nicht nur ein regelmäßiger Aussteller auf Tierschauen, sondern verfolgt akribisch die neuesten Entwicklungen – etwa auf dem Gebiet der Künstlichen Besamung, mit deren Hilfe es ihm über die Jahre gelingt, die Qualität der eigenen Herde systematisch zu verbessern. Dabei reift er recht schnell zum anerkannten Experten, dessen Rat unter anderen Landwirten ebenso gefragt ist wie an höherer Stelle. Etwa, wenn es darum geht, für die Oldenburger Herdbuchgesellschaft in den USA oder Kanada Bullen anzukaufen, deren Samen dann in deutschen Ställen zum Einsatz kommt. Als Mitglied einer hochrangig besetzten Bewertungskommission bereist Günter so zum Beispiel in den 80er Jahren mehrere Farmen im US-Bundesstaat Wisconsin.

Wenn auch nicht mehr in der offiziellen Position des Bezirksvorstehers, so bleibt Günter doch über all die Jahre hinweg ehrenamtlich im Dorf engagiert und setzt sich für dessen Bewohner ein. Neben diversen anderen Arbeitsfeldern ist hier die Gefriergemeinschaft Hurrel zu nennen, deren Vorsitz Günter über viele Jahre hinweg innehat. Da ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch die Politik an ihn herantritt. Der Bitte der Huder CDU, auf ihrer Liste für die im September 2006 anstehenden Kommunalwahlen zu kandidieren, verschließt sich Günter trotz einiger Bedenken wegen des damit verbundenen Aufwands nicht – und wird prompt gewählt. Als Schwerpunkte seiner künftigen Ratsarbeit nennt er die Themen Landwirtschaft sowie den ländlichen Raum im Allgemeinen.

Zum letztgenannten Schwerpunkt passt perfekt das in jenen Jahren enorm an Bedeutung gewinnende Thema Breitband-Internetzugang. Für Günter ist die entsprechende Versorgung ein Grundrecht, und als Ratsherr wird er nicht müde, auf diesem Gebiet für mehr Chancengleichheit zwischen Stadt- und Landbevölkerung zu kämpfen. Ein Einsatz, der ihm überparteilich Lob einbringt und durchaus Erfolge zeitigt. Dennoch entscheidet sich Günter im Vorfeld der für 2011 anstehenden Neuwahlen gegen eine zweite Kandidatur.

Auf dem Helmers-Hof ist in der Zwischenzeit Sohn Michael – seit 2010 mit Meike Vogel aus Glüsing verheiratet – in die Rolle des Betriebsnachfolgers hineingewachsen. Um den Betrieb für die nächsten Jahrzehnte zukunftsfähig zu machen, hat die Familie 2009 noch einmal alle Kräfte gebündelt und einen neuen Boxenlaufstall errichtet, dessen innovatives, an niederländischen und skandinavischen Vorbildern ausgerichtetes Konzept weit über Hurrel hinaus Beachtung findet. „Hier läuft echt alles automatisch!“ überschreibt etwa ein eigens angereister Reporter des bundesweit erscheinenden Fachmagazins „Top Agrar“ seinen Erfahrungsbericht, und Besucher aus dem afrikanischen Togo zeigen sich bei einer Führung ebenso beeindruckt wie der durch zahlreiche Fernsehauftritte bekannte „XXL-Ostfriese“ Tamme Hanken.

Zwischen 2011 und 2014 kommen mit Fabian, Jonas, Linus, Jarno und Juna fünf Enkelkinder zur Welt. Für Günter scheint damit der Punkt erreicht, sich ein Stück weit zufrieden zurückzulehnen und seine neue Rolle als Großvater zu genießen. Dann jedoch lässt eine Krebs-Diagnose die Zukunft von einem Tag auf den nächsten in einem komplett anderen Licht erscheinen. Ist Günter bei der Ankunft des sechsten Enkelkindes Niko im April 2016 noch voller Zuversicht, die Krankheit besiegen zu können, so geht es ihm bei der Geburt von Julian im Oktober 2017 schon deutlich schlechter. Die Geburt des achten Enkelkindes Kristin im Juli 2019 erlebt er dann nicht mehr mit: Günter stirbt am 17. Juli 2018, beerdigt ist er acht Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude.