Sophie Gesine Brandt wird am 5. Februar 1855 als erstes Kind von Johann Brandt und Anna Catharine Brandt auf dem elterlichen Hof in Hurrel (heute: Edo und Klaus-Peter Wieting) geboren. Sie ist die ältere Schwester von Meta Gesina Brandt, Catharine Margarete Witte, Anna Mathilde Rüdebusch und Beta Wieting.
Am Morgen des 9. Februar 1855 herrscht in der südenglischen Grafschaft Devonshire vielerorts helle Aufregung. Als nämlich die Menschen bei Tagesanbruch aus ihren verschneiten Häusern kommen, entdecken sie deutlich sichtbare Fußspuren, die sich teilweise kilometerweit schnurgerade über Felder und Wege erstrecken. Das Mysteriöse daran: Einige dieser Spuren in Form eines offenen Hufeisens machen nicht vor Gartenpforten, Hauswänden oder Heuschobern Halt, sondern scheinen geradewegs durch die Hindernisse hindurchzugehen. Andere wiederum enden in freier Landschaft im Nichts – als habe sich das dazugehörige Wesen in Luft aufgelöst.
Noch am selben Tag machen diverse Suchtrupps Jagd auf den oder die Verursacher. Ohne Erfolg. Schon bald keimt deshalb ein schlimmer Verdacht: Könnte es sein, dass es sich gar nicht um ein Tier gehandelt hat, sondern um Satan höchstpersönlich? Eine Vorstellung, die unter abergläubischen Menschen – von denen es damals zur Genüge gibt – Angst und Schrecken verbreitet. Über Wochen hinweg berichten regionale und überregionale Zeitungen im ganzen Land über die „Fußspuren des Teufels“, selbst die seriöse „Times“ in der Hauptstadt London greift das Thema auf.
Das Phänomen wiederholt sich nicht, das damit verbundene Rätsel ist aber auch 165 Jahre später noch nicht wissenschaftlich gelöst. Im Laufe der Zeit entstanden immer neue Theorien. Manche Forscher machen einen losgerissenen Wetterballon, an dessen Seil sich ein beschwerendes Hufeisen befunden haben soll, für die geheimnisvollen Spuren verantwortlich. Andere wiederum glauben an die Abdrücke von Dachsen oder von aus einem Privatzoo entwichenen Kängurus. Endgültig beweisen lässt sich nichts davon.
Die wohl wahrscheinlichste Erklärung: Angesichts des schon länger vorherrschenden grimmigen Winterwetters sind in jener ominösen Nacht massenhaft Waldmäuse der Spezies „Apodemus sylvaticus“ in die Nähe von Gehöften und Siedlungen vorgedrungen. Auf Schnee bewegen sich diese Tiere springend und hinterlassen dabei Spuren, die durchaus an Hufabdrücke erinnern. Da Waldmäuse vorzügliche Kletterer sind, wird so auch das scheinbar mühelose Überwinden von Hindernissen plausibel. Und dafür, dass 1855 in der englischen Provinz etliche Fährten buchstäblich im Nichts endeten, gäbe es ebenfalls eine höchst natürliche Ursache: Manch ausgehungerter Nager dürfte damals im Magen eines kaum weniger hungrigen Raubvogels gelandet sein.
„Fußspuren des Teufels“ – hätte ein vergleichbares Phänomen 1855 auch in Sophies Umfeld Panik hervorgerufen? Möglicherweise schon, denn im Großherzogtum Oldenburg, zu dem Hurrel damals gehört, ist Aberglaube in jenen Jahren ebenfalls weit verbreitet. Davon zeugen unter anderem die 1867 in zwei Bänden veröffentlichten Sagen des Oldenburger Schriftstellers und Politikers Ludwig Strackerjan, in denen es von Teufeln in Tiergestalt nur so wimmelt. Bevorzugt tritt Luzifer den Menschen dort als Hund entgegen, aber auch als Hase, Schwein, Rabe oder Schafbock.
Keineswegs auszuschließen ist vor diesem Hintergrund, dass Sophies Eltern für den frühen Tod der nächstgeborenen Tochter – Meta Gesina Brandt stirbt im Juli 1858 kurz nach ihrem zweiten Geburtstag an im Kirchenbuch der Gemeinde Hude nicht näher bezeichneten Krämpfen – übersinnliche Kräfte verantwortlich machen. Sophie hingegen übersteht wie ihre drei weiteren, zwischen Juni 1858 und Juni 1866 geborenen Schwestern die zu jener Zeit generell kritische Säuglings- und Kleinkind-Phase und besucht sehr wahrscheinlich ab dem Frühjahr 1861 die von ihrem Elternhaus nur knapp 600 Meter entfernt liegende Volksschule im Nachbardorf Lintel. Dort gehören aus Hurrel unter anderem Johann Christian Brockshus, Mette Brockshus, Johann Dierk Mönnich, Catharine Tönjes und Bernhard Wiedau zu ihren in etwa gleichaltrigen Mitschülern.
Sollte Sophie mit Mette Brockshus enger befreundet sein, so heißt es im Frühjahr 1869 Abschied nehmen: Mit Halbbruder Johann Christian und Mitgliedern der befreundeten Familie von Johann Petershagen aus Lintel besteigt Mette Anfang April ein Auswandererschiff Richtung Nordamerika, wo zwei weitere Halbbrüder von ihr bereits in Iowa sesshaft geworden sind und sich eine Existenz aufgebaut haben.
Welche eigenen Pläne Sophie nach Schulabschluss und Konfirmation hat, liegt heute im Dunkeln. Vermutlich arbeitet sie zunächst auf dem elterlichen Hof mit, den gemäß Jüngstenrecht eines Tages ihre Schwester Beta erben wird. Anderthalb Wochen, nachdem Sophie ihren 17. Geburtstag gefeiert hat, erliegt Vater Johann überraschend einem Schlaganfall. Sie selbst überlebt ihn nur um sieben Monate und stirbt am 25. September 1872 im Zuge einer im Nachbardorf Altmoorhausen grassierenden Ruhr-Epidemie. Beerdigt ist Sophie drei Tage nach ihrem Tod auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude.