Erna Helene Helmers wird am 15. September 1928 als zweites Kind von Hinrich Oltmanns und Martha Oltmanns in Wiefelstede geboren. Sie ist die jüngere Schwester von Sophie Unterloh und die ältere Schwester der Zwillingsbrüder Friedrich Oltmanns und Frieda Oltmanns. Darüber hinaus hat sie mit Heinz Ahrens noch einen älteren Halbbruder aus der ersten Ehe ihrer Mutter.
Der September 1928 ist mit zwei Ereignissen verbunden, die in den folgenden Jahrzehnten einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf den Fortschritt der Menschheit nehmen. Das Kuriose daran: Keines von ihnen lässt sich heute noch einem exakten Datum zuordnen. Ist es wie vom Bayerischen Rundfunk und von Radio Bremen übereinstimmend verbreitet der 5. September, an dem der britische Mediziner Alexander Fleming in seinem Labor per Zufall die bakterientötende Wirkung eines Schimmelpilzes entdeckt? Oder doch erst der 28. September, wie es in Flemings Biographie auf Wikipedia nachzulesen ist? Egal: Der Grundstein zur Gewinnung von Penicillin ist gelegt, auch wenn es noch zwei Jahrzehnte dauern soll, ehe diese segensreiche Substanz ihren Siegeszug um den Globus antritt.
Für das zweite Ereignis nennen die allermeisten Quellen den 20. September 1928, vereinzelt aber auch den 15. oder den 28. September. An einem dieser drei Tage erleben die Besucher einer Ingenieurs-Ausstellung in London eine Weltpremiere: den Auftritt des sprechenden Roboters Eric. Er begrüßt die Besucher zur Eröffnung mit einer Verbeugung und hält in gewählten Worten eine vierminütige Rede.
Zunächst kaum mehr als ein Gimmick, gewiss – und überdies aus der Not heraus geboren: Weil der eigentlich für diesen Part vorgesehene Herzog von York nicht zur Verfügung stand, suchten die Veranstalter im Vorfeld kurzfristig nach einem Ersatz. Das Publikum freilich ist von Eric so begeistert, dass seine Schöpfer – die beiden Tüftler William Richards und Alan Reffell – anschließend mit ihm eine Tournee durch die USA unternehmen. Mit einem „George“ getauften Nachfolgemodell bereisen sie später auch Kontinentaleuropa und Australien und beflügeln dort ebenfalls die Fantasie und die Ängste von Millionen Zeitgenossen. Letzteres angesichts der bevorstehenden Umwälzungen in der Arbeitswelt durch eine immer weiter fortschreitende Automatisierung sicher nicht ganz zu Unrecht.
Grund zur Angst liefert allerdings zunächst einmal die Weltwirtschaftskrise, die nur ein Jahr nach Ernas Geburt ausbricht und die Zahl der Arbeitslosen im Deutschen Reich zeitwiese auf über sechs Millionen in die Höhe schnellen lässt. Damit einher geht der Aufstieg der Nationalsozialisten. Deren Machtübernahme Anfang 1933 und die anschließende Errichtung des Dritten Reichs erlebt Erna auf dem elterlichen Hof in Bokel. Dort besucht sie wie ihre drei verbliebenen Geschwister – die jüngste Schwester Frieda stirbt früh an den Folgen einer Kinderlähmung – auch die Volksschule und nach ihrer Konfirmation im Frühjahr 1943 die Hauswirtschaftsschule.
Gegen Ende des seit 1939 tobenden Zweiten Weltkriegs und in den ersten Nachkriegsjahren arbeitet Erna in mehreren Haushalten, unter anderem im seit Mitte des 16. Jahrhunderts bestehenden Gasthof Rabe in Wiefelstede. Zu diesem Zeitpunkt ist ihr jedoch bereits klar, dass sie später einmal einen eigenen Bauernhof bewirtschaften möchte: Der Umgang mit Tieren und die Arbeit auf dem Feld bereiten ihr von Kind auf Spaß.
Nicht viel anders geht es Otto Helmers aus dem Nachbardorf Heidkamperfeld, den sie im Sommer 1950 auf einem der zu jener Zeit üblichen, am Wochenende abgehaltenen Tanzabende kennenlernt. Auch Otto stammt von einem Bauernhof – ohne Aussicht, diesen später einmal übernehmen zu können. In dieser Situation kommt ihm jedoch der Zufall zur Hilfe. Die Kusine von Ottos Vater Johann, die mit dem Maurer Alfred Osterthun verheiratet ist, berichtet bei einem Treffen von einem Onkel ihres Ehemannes, der im rund 35 Kilometer entfernten Hurrel eine Landwirtschaft besitzt und dafür einen Pächter sucht. Dietrich Schütte, so der Name des Onkels, hat gerade seine Ehefrau verloren und lebt dort ohne direkte Nachkommen. Otto stellt sich bei ihm vor und zieht schon tags darauf nach Hurrel.
Nach der am 11. Mai 1951 auf dem Schütte-Hof an der Ortstraße gefeierten Hochzeit folgt Erna Otto nach Hurrel, hilft ihm bei der Bewirtschaftung des rund 35 Hektar großen Betriebes und führt Dietrich den Haushalt. Das anfängliche Misstrauen, das dieser angesichts eher durchwachsener Erfahrungen mit dem Vor-Pächter zunächst noch gegen die neuen Mitbewohner hegt, verfliegt schnell – wozu sicher auch die Erna seit jeher eigene Herzlichkeit ihren Beitrag leistet.
Zwischen der Geburt der beiden Kinder Günter (Mai 1952) und Sigrid (November 1953) ändert Diedrich sein Testament, aus den Pächtern Otto und Erna Helmers werden Erben. Der notariell begleitete Erbfall tritt ein, noch bevor Sigrid zur Welt kommt. Die folgenden Jahre sind für Otto und Erna von harter Arbeit geprägt: In den Hof ist lange Zeit nicht investiert worden, zudem steht den Verwandten des Verstorbenen ihr Pflichtteil zu. Alfred Osterthun beispielsweise, der ursprünglich selbst als Erbe vorgesehen war und auf dessen Vermittlung hin Otto und Erna nach Hurrel gekommen sind, erhält neben einem größeren Einmalbetrag bis zu seinem Tod Jahr für Jahr ein auf dem Hof gemästetes und anschließend geschlachtetes Schwein frei Haus geliefert.
Trotz dieser anfänglichen Belastungen schaffen Otto und Erna es in den folgenden Jahrzehnten, mit den stetig steigenden Anforderungen an die moderne Landwirtschaft Schritt zu halten. So erhöht sich die Zahl der auf dem Hof gemolkenen Kühe von 12 auf mehr als 50. Für andere Aktivitäten bleibt da wenig Zeit – und falls doch, verbringt Erna sie am liebsten mit der Arbeit im eigenen Garten. Doch auch eine gute Beziehung zu den Nachbarn, mit denen sie und Otto sich regelmäßig zum Kegeln und zu anderen gesellschaftlichen Anlässen treffen, ist ihr sehr wichtig.
Ein neuer Lebensabschnitt beginnt für Erna im Herbst 1992, als sie nach der Übernahme des Betriebs durch Günter und seine Ehefrau Linda mit Otto und Sigrid in ein direkt nebenan neu erbautes Altenteiler-Haus zieht. Zwar bleibt sie zunächst weiter in die tägliche Hofarbeit eingebunden, bekommt aber mehr und mehr Freiraum, den sie unter anderem für regelmäßige Tagesausflüge mit Otto nutzt. In diese Zeit fällt auch die Geburt von fünf Urenkelkindern, die ihr ebenfalls sehr am Herzen liegen. Die Geburt des sechsten Urenkelkindes erlebt sie nicht mehr mit: Erna stirbt am 23. Februar 2015 an Altersschwäche. Beigesetzt wird sie wenige Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude.