Hinrich Schweers – Biographie

Hermann Hinrich Schweers – Rufname Hinrich – wird am 21. April 1875 als viertes Kind von Johann Hinrich Schweers und Anna Margarete Schweers auf dem elterlichen Hof in Hurrel (heute: Ingo und Edo Schweers) geboren. Er ist der jüngere Bruder von Meta Lütjen, Diedrich Schweers und Gesine Hartmann.

Eine Woche vor Hinrichs Geburt sterben bei einem Rekordversuch zwei „Märtyrer der Wissenschaft“, wie die „New York Times“ ehrfurchtsvoll in einem Nachruf schreibt. Um die physikalische und chemische Beschaffenheit der Erdatmosphäre zu erforschen, hatten die Franzosen Joseph Crocé-Spinelli und Théodore Sivel bereits 1874 und Anfang 1875 mehrere Ballonfahrten in große Höhen unternommen. Am 15. April 1875 steigen sie zusammen mit dem Meteorologen Gaston Tissandier erneut auf, um den 1862 vom Briten James Glaisher aufgestellten Höhenrekord von 8.800 Metern zu brechen.

Zwar hat das Forscher-Trio Sauerstoff an Bord, um in der dünnen Luft zu überleben. Letztlich gelingt es jedoch nicht, die Versorgung rechtzeitig zu aktivieren – alle drei Männer verlieren auf einer Höhe von etwa 8.600 Metern das Bewusstsein. Einzig Tissandier kommt bei 6.000 Metern wieder zu sich, nach der Landung nahe der Ortschaft Ciron kann er nur noch den Tod der beiden anderen feststellen. Beerdigt werden Crocé-Spinelli und Sivel unter großer Anteilnahme der Bevölkerung auf dem Pariser Friedhof Père Lachaise.

Im Deutschen Reich dürfte das Unglück weit weniger Beachtung finden. Schließlich gilt der westliche Nachbar hierzulande spätestens seit dem vier Jahre zuvor zu Ende gegangenen Deutsch-Französischen Krieg als mit höchstem Misstrauen beäugter Erbfeind. Dies umso mehr, als den Franzosen durchaus zu Recht unterstellt wird, für die Niederlage und den damit verbundenen Verlust Elsass-Lothringens Revanche nehmen zu wollen. Die Furcht vor einem militärischen Erstarken Frankreichs geht auf deutscher Seite so weit, dass führende Militärs wie Generalfeldmarschall Helmuth von Moltke im Frühjahr 1875 ernsthaft einen Präventivkrieg erwägen.

Um die mögliche Reaktion der anderen europäischen Großmächte auf ein solches Ereignis auszuloten, erscheint Anfang April 1875 in der als regierungsnah geltenden Zeitung „Post“ ein Beitrag mit dem Titel „Ist Krieg in Sicht?“ Er erregt im Ausland große Aufmerksamkeit, und der Test fällt eindeutig aus: Im Falle eines deutschen Angriffs würden Großbritannien und Russland Frankreich unterstützen. Daraufhin entwickelt Reichskanzler Otto von Bismarck seine Strategie einer „Diplomatie des Gleichgewichts“. Um Frankreich zu isolieren, schließt er in den folgenden Jahren diverse Bündnisverträge mit Nachbarn ab, ohne sich dabei allzu sehr auf einen Partner festzulegen. Unter anderem kommt es so im Juni 1881 zum Dreikaiserbund mit Österreich-Ungarn und Russland.

Zu diesem Zeitpunkt besucht Hinrich sehr wahrscheinlich schon die Volksschule im Nachbardorf Lintel, wo aus Hurrel unter anderem Diedrich Albers, Annchen Barkemeyer, Diedrich Haverkamp, Georg Haverkamp, Gerhard Friedrich Heinemann, Hinrich Lüning, Johann Hinrich von Seggern, Anna Wilkens und Gesine Wilkens zu seinen in etwa gleichaltrigen Mitschülern gehören. Angesichts des in der Gemeinde Hude geltenden Jüngstenrechts dürfte für Hinrich relativ früh feststehen, dass er eines Tages den elterlichen Hof weiterführen wird. Ob er zuvor noch auf einem anderen Hof in der näheren Umgebung in Stellung geht, ist heute in der Familie nicht mehr bekannt – ebenso wenig, wohin es seinen 1866 geborenen Bruder Diedrich nach Schulabschluss und Konfirmation verschlägt.

Im Juni 1891 stirbt Hinrichs Mutter Anna Margarete. Auch der Kreis seiner im Absatz zuvor genannten Schulkameraden lichtet sich: Das Ende des Jahrzehnts erleben weder Gerhard Friedrich Heinemann noch Hinrich Lüning, Johann Hinrich von Seggern und Diedrich Haverkamp. Eine andere Person aus diesem Umfeld wird hingegen kurz vor dem Dekaden-Wechsel seine Ehefrau: Hinrich und Gesine Wilkens heiraten am 3. November 1899.

Knapp ein Jahr nach der Hochzeit kommt im Oktober 1900 Tochter Anna zur Welt, die zweitgeborene Tochter Berta folgt im Dezember 1901. Der erste, im Januar 1904 geborene Sohn Johann wird nur etwas mehr als ein Jahr alt. Auch über der im April 1908 geborenen Tochter Frieda steht kein guter Stern: Sie stirbt Anfang Februar 1911 an einer Lungenentzündung, wenige Wochen nach dem Tod von Hinrichs Vater Johann Hinrich.

Neben den beiden älteren Töchtern auch den im Juni 1914 geborenen Sohn Diedrich aufwachsen zu sehen, ist Hinrich nicht vergönnt. Nur wenige Wochen darauf bricht der Erste Weltkrieg aus, zu dem er prompt eingezogen wird. Wie und wo genau ihn dort im Frühjahr 1916 sein Schicksal ereilt, liegt heute im Dunkeln. Das Kirchenbuch der Gemeinde Hude teilt lediglich mit, dass Hinrich zum Zeitpunkt seines Todes als Gefreiter der Armeegruppe Mitau zugeteilt ist, die in der Nähe der gleichnamigen lettischen Stadt gegen russische Einheiten kämpft. Der genannten Quelle lässt sich zudem entnehmen, dass er am 22. März 1916 nicht diesen Kampfhandlungen zum Opfer fällt, sondern einem nicht näher bezeichneten Unglücksfall. Beerdigt ist Hinrich vermutlich noch am gleichen oder am nächsten Tag, ein Foto des Grabes haben Kameraden später an seine Familie weitergeleitet.