Gretchen Mathilde Witte wird am 17. April 1907 als elftes Kind von Ernst Hermann von Bassen und Gesine Wilhelmine von Bassen auf dem elterlichen Hof in Neuenkoop geboren. Sie ist die jüngere Schwester von Hermann von Bassen, Johann von Bassen, Ernst von Bassen, Meta Catharine Sophie von Bassen, Helene Catharine Mathilde von Bassen, Anna Johanne von Bassen, Carl von Bassen, Martin von Bassen, Martha von Bassen und Anna von Bassen.
Sechs Tage nach Gretchens Geburt erfüllt sich der amerikanische Schriftsteller Jack London einen Lebenstraum: Gemeinsam mit Ehefrau Charmian bricht er an Bord seiner selbst entworfenen Segelyacht „Snark“ auf, um von San Francisco aus einmal die Welt zu umrunden. Über Hawaii und diverse Inseln im Südpazifik soll es Richtung China gehen und dann auch nach Europa, wo London unter anderem die Donau bis Wien hochfahren und anschließend in der Ostsee bis St. Petersburg segeln will. Insgesamt plant er sieben Jahre lang unterwegs zu sein.
Die von der amerikanischen Öffentlichkeit mit Interesse verfolgte Reise verläuft jedoch gänzlich anders als erwartet. Zunächst setzt sich die Pannenserie aus der Vorbereitungszeit – die Fertigstellung der „Snark“ hatte sich wieder und wieder verzögert – auf geradezu dramatische Art und Weise fort: Der von London angeheuerte Kapitän ist eine komplette Fehlbesetzung, er versteht ebenso wenig von Navigation wie der Rest der schon bald seekranken Mannschaft. Kurz nach der Abfahrt treten zudem erste Pannen am Schiff auf, später verwüstet ein Unwetter den Maschinenraum. Mit Mühe und Not schafft es die „Snark“ bis Honolulu, wo sie zunächst einmal aufwendig instandgesetzt werden muss und bis Anfang Oktober 1907 vor Anker liegt.
Auch danach ist London, zuvor durch Romane wie „Der Ruf der Wildnis“ (1903) oder „Der Seewolf“ (1904) recht schnell zu Ruhm und Reichtum gelangt, kein Glück beschieden. Während der Überquerung des Pazifiks mit den Stationen Marquesas, Tahiti, Bora Bora, Fidschi und Samoa grassieren an Bord der „Snark“ die verschiedensten Krankheiten, nach der Ankunft auf den Salomon-Inseln leidet London plötzlich an starken Schwellungen und Geschwüren an Händen und Füßen. Schweren Herzens bricht er die Reise im Frühjahr 1908 ab und kehrt mit einem Kohle-Frachter von Sydney aus über Quito, Panama-Stadt und New Orleans nach San Francisco zurück. In Quito beginnt London die Arbeit am Roman „Lockruf des Goldes“ – er erscheint im Oktober 1910 und avanciert zu seinem bis dato größten literarischen Erfolg.
Wo genau Gretchen in dieser Zeit in Neuenkoop aufwächst, liegt heute im Dunkeln. Durch öffentliche Kirchenbuch-Einträge ist lediglich belegt, dass sie mindestens zwei ihrer Geschwister – die 1899 geborene Schwester Anna Johanne und den 1902 geborenen Bruder Martin – nie kennenlernt, beide kommen nicht über das Säuglings- beziehungsweise Kleinkindalter hinaus. Ihren Vater verliert Gretchen ebenfalls früh: Ernst Hermann von Bassen erliegt am 6. Mai 1914 im Pius-Hospital in Oldenburg einer Lungentuberkulose. Für seine kurz zuvor sieben Jahre alt gewordene jüngste Tochter sehr wahrscheinlich ein noch schwerer zu verdauender Schicksalsschlag als für den Rest der Familie.
Nur drei Monate später beginnt der Erste Weltkrieg, an dem ihre drei älteren Brüder Hermann, Johann und Ernst teilnehmen: Den im Internet verfügbaren offiziellen Verlustlisten zufolge wird Johann gleich zweimal schwer verwundet, Hermann gilt zwischenzeitlich gar als verschollen. Alle drei scheinen jedoch zurückgekehrt zu sein, denn auf dem in ihrem Heimatort errichteten Denkmal für die Opfer des Krieges sind ihre Namen nicht zu finden. Details dazu fehlen aber ebenso wie genauere Informationen darüber, wie Gretchen durch diese auch an der Heimatfront äußerst schwierige Zeit kommt und wohin es sie nach Schulabschluss und Konfirmation zunächst verschlägt. Vielleicht damals schon nach Hurrel, wo ihr künftiger Ehemann Wilhelm Witte mit seinem Vater Johann Wilhelm am Oldenburger Weg einen Hof bewirtschaftet (heute: Hans und Heike Burgmann).
Gretchen und Wilhelm heiraten 1931 – auf dem Höhepunkt der seit fast zwei Jahren tobenden Weltwirtschaftskrise und kurz nach dem Tod von Gretchens Mutter. Nach der Hochzeit ist Gretchen von Beginn an in die Arbeit auf dem rund zwölf Hektar großen Betrieb ihres Schwiegervaters eingebunden. Von Wilhelms vier Geschwistern leben 1931 mutmaßlich noch drei auf dem Witte-Hof, ziehen aber im Laufe der folgenden, durch den Wechsel von der Republik zur Diktatur des NS-Staats gekennzeichneten Jahre aus. Schwägerin Anna baut mit ihrem Ehemann Helmut Hobbie schräg gegenüber ein Wohnhaus, Schwager Heinrich Witte betreibt in der direkten Nachbarschaft eine kleine Tischlerwerkstatt.
Der von den Nationalsozialisten mit dem Überfall auf Polen provozierte Zweite Weltkrieg ändert an Gretchens und Wilhelms Leben vermutlich zunächst wenig. Zwar werden ab September 1940 auch einzelne Angehörige von Wilhelms Geburtsjahrgang 1902 zur Wehrmacht einberufen. Er selbst ist aber sehr wahrscheinlich nicht dabei, und spätestens nach dem Tod seines Vaters 1941 dürfte er als der einzige Mann auf dem Hof als unabkömmlich gelten. Ein Privileg, das er mit seinem Nachbarn Kurt Franz (Jahrgang 1899) teilt, während andere in etwa gleichaltrige Nachbarn wie Johann Timmermann (Jahrgang 1900) oder Gerhard Wachtendorf (Jahrgang 1902) einen Stellungsbefehl erhalten.
Von den äußerst schwierigen Lebensverhältnissen nach Kriegsende sind Gretchen und Wilhelm dann allerdings genauso betroffen wie alle anderen Hurreler – auch wenn sie mangels Nachwuchs nur für sich selbst zu sorgen haben. Ein Umstand, der sicher auch ihre Entscheidung beeinflusst, in den 50er und 60er Jahren nicht mehr groß in die Landwirtschaft zu investieren. Hilfe auf dem Hof bekommen sie in dieser Phase unter anderem vom Heimatvertriebenen Heinz Gräfe sowie von Erna Schütte und ihrer Tochter Inge, die zeitweise bei ihnen wohnen.
In die seit jeher recht enge nachbarschaftliche Gemeinschaft im Hurreler Sand bleiben Gretchen und Wilhelm auch im Ruhestand eingebunden. Lange Zeit, diesen zu genießen, bleibt Gretchen allerdings nicht: Sie stirbt bereits am 2. Januar 1973, nur knapp neun Monate nach ihrem 65. Geburtstag. Beerdigt ist Gretchen drei Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude.