Johanne Elise Franz wird am 23. Februar 1909 als erstes Kind von Emil Wunderlich und Johanne Wunderlich in Altmoorhausen geboren. Sie ist die ältere Schwester von Frida Kuck und Ella Wunderlich.
Drei Tage nach Johannes Geburt schließen Österreich-Ungarn und das Osmanische Reich ein Abkommen über die Zukunft Bosniens und der Herzegowina. Beide formell zum Osmanischen Reich gehörenden Gebiete waren im Oktober 1908 von Österreich-Ungarn annektiert worden, unter dessen Verwaltung sie bereits seit dem Berliner Kongress von 1878 standen. Die osmanische Führung in Istanbul erkennt den Verlust ihres Staatsgebiets offiziell an und erhält im Gegenzug eine finanzielle Entschädigung, die je nach Quelle von 50 bis 56 Millionen Goldkronen reicht. Ferner zieht Österreich-Ungarn seine Truppen aus der weiter osmanisch bleibenden Region Novi Pazar komplett zurück.
Wie zuvor schon die Annexion ruft das Abkommen international scharfen Protest hervor. Neben Großbritannien und Russland will sich vor allem Serbien nicht mit dem neuen Status Quo abfinden – zum einen, weil das Nachbarland selbst Anspruch auf Teile der nun den Eigentümer wechselnden Gebiete erhebt und zum anderen, weil es fürchtet, das nächste Annexions-Opfer Österreich-Ungarns zu werden. Am 27. Februar verkündet der serbische Ministerpräsident Stojan Novaković mit der Schutzmacht Russland im Rücken ein „großserbisches Programm“, in dem er von der Wiener Regierung neben der Freigabe Bosniens und der Herzegowina auch den Zugriff auf Kroatien und Slawonien fordert. Was Österreich-Ungarn natürlich umgehend und kategorisch ablehnt.
Eine Schlüsselrolle kommt in dieser verfahrenen Situation dem mit Österreich-Ungarn verbündeten Deutschen Reich zu. Dessen Kanzler Bernhard von Bülow stellt sich bedingungslos hinter den Partner und spricht am 29. März 1909 im Reichstag gar von „Nibelungentreue“ – verbunden mit einer unmissverständlichen Warnung an Serbien und Russland, militärisch gegen Österreich-Ungarn vorzugehen. Russland, noch durch den verlorenen Krieg gegen Japan geschwächt und im Bosnien-Konflikt ohne Rückhalt des wichtigsten Bündnispartners Frankreich, gibt schließlich seinen Widerstand gegen die Annexion auf. Somit bleibt der Frieden in Europa gewahrt, allerdings nur für kurze Zeit: Den Balkankriegen von 1912 und 1913 folgt im August 1914 der Erste Weltkrieg, ausgelöst abermals durch ein Ereignis auf dem Balkan – der Ermordung des österreichich-ungarischen Thronfolgers Franz Ferdinand in Sarajevo.
Der Erste Weltkrieg wird in Johannes Leben zu einem wichtigen Wendepunkt. Vater Emil, bis 1911 Lehrer an der Volksschule in Altmoorhausen, nimmt als Frontsoldat an den Kämpfen um Verdun teil und gilt seit September 1917 als vermisst. Fortan muss Mutter Johanne ihre gleichnamige Tochter und die 1911 geborene Schwester Frida – Schwester Ella ist 1915 im Alter von einem Jahr verstorben – alleine durchbringen. Die Nachricht vom Schicksal des Vaters erreicht die Familie in Seefelderaußendeich, der letzten Station von Emil Wunderlich vor seiner Einberufung. Mutter und Schwester leben später im benachbarten Ellwürden. Johanne wiederum verschlägt es nach Schulabschluss und Konfirmation nach Hurrel, wo sie im Mai 1926 auf dem Hof von Leo und Margaretha Jung (heute: Constanze Fechner-Jung) eine Lehre zur ländlichen Hauswirtschafterin beginnt.
Während dieser Zeit lernt Johanne ihren künftigen, zehn Jahre älteren Ehemann Kurt Franz kennen, der mit seinen Eltern Karl und Berta Franz seit 1920 einen Hof im Hurreler Sand bewirtschaftet (heute: Rita Wiemer). Johanne und Kurt heiraten am 20. November 1931 in Hude. Aus der Ehe gehen mit Hermann (Juni 1932), Erich (März 1936), Werner (Dezember 1937), Hartmut (September 1941) und Berta (Dezember 1944) insgesamt fünf Kinder hervor. Während Hermann noch in der Endphase der Weimarer Republik geboren wird, kommen die anderen vier schon im von den Nationalsozialisten regierten Dritten Reich zur Welt, die beiden jüngsten mitten im Zweiten Weltkrieg.
Zum im September 1939 mit dem Überfall auf Polen beginnenden Krieg wird Kurt Franz zwar anders als seine vier jüngeren Brüder nicht mehr herangezogen. Gleichwohl konfrontiert der anfängliche Verlauf Johannes Ehemann mit einer Frage, die die Familie annähernd drei Jahre lang beschäftigen wird: Soll er seinen vergleichsweise kleinen Hof in Hurrel aufgeben und in den von der Wehrmacht im Osten eroberten Gebieten siedeln? Die Frage stellt sich schon deshalb, weil Kurt die Region bestens vertraut ist. Vor dem Ersten Weltkrieg haben seine Eltern in Westpreußen im Kreis Kulm einen eigenen Hof bewirtschaftet, den sie Anfang 1920 mit der Übergabe großer Teile der Provinz an die neu entstandene Polnische Republik aufgeben mussten.
Karl Franz stirbt im Januar 1940, Ehefrau Berta im April 1941 – Johannes Schwiegereltern können ihre Stimme in der im Herbst 1939 aufkommenden Diskussion nur ganz am Anfang einbringen. Welche Position Johanne darin vertritt, lässt sich nur vermuten. Letztlich zieht sich jedoch bei den zuständigen Behörden die Prüfung der Frage, ob Kurt vielleicht sogar den ursprünglichen Hof wieder übernehmen kann, bis in den Herbst 1942 hin. Gut möglich, dass Kurt zu diesem Zeitpunkt bereits ahnt, welche Folgen eine Rückkehr nach Westpreußen nur wenige Jahre später haben würde. Er verwirft den Gedanken, die Familie bleibt an Ort und Stelle.
Das Kriegsende, das Hurrel angesichts des Flüchtlingsstroms aus den Ostgebieten zeitweise eine Verdoppelung der Einwohnerzahl beschert, läutet für Johanne wie für nahezu alle Dorfbewohner eine schwierige Zeit ein. Gerade als es mit der Währungsreform von 1948 wieder ein Stück weit aufwärts geht, schlägt das Schicksal noch einmal zu: Ehemann Kurt, mit einem Leistenbruch ins Peter Friedrich Ludwigs Hospital in Oldenburg eingeliefert, stirbt dort am 9. Dezember 1949 völlig überraschend an einer Lungenembolie. Fortan muss Johanne den Hof alleine weiterführen und nebenbei ihren fünf Kindern eine ordentliche Perspektive für die Zukunft geben – eine Aufgabe, die sie laut Aussage des jüngsten Sohns Hartmut „mit bewundernswerter Energie“ meistert. Oft genug beginnt ihr Tag morgens um 4.30 Uhr mit dem Melken der Kühe und ist bei Sonnenuntergang noch lange nicht beendet.
Bis zum Frühjahr 1967 bewirtschaftet Johanne den Hof, wobei ihr in den letzten Jahren vor allem Sohn Erich zur Hand geht. Nach der Verpachtung der knapp 14 Hektar umfassenden Ländereien durch Hoferbe Hartmut zieht Johanne Ende 1967 zusammen mit Erich und dessen Familie nach Berne – und lernt das für sie völlig neue Gefühl kennen, Freizeit zu haben. Diese nutzt sie unter anderem für diverse Urlaubsreisen mit ihrer seit 1945 ebenfalls verwitweten Schwester Frida.
Als es in Berne angesichts der rasch heranwachsenden vier Enkelkinder zu eng wird, zieht Johanne 1974 zum ältesten Sohn Hermann nach Munderloh. Dort stirbt sie am 12. März 1994 kurz nach ihrem 85. Geburtstag an Altersschwäche. Beerdigt ist Johanne fünf Tage später auf der Ahnenstätte Hilligenloh in Hurrel.