… von Helga Lustig (Tochter von Martha Behmann)
Aufgezeichnet im Dezember 2019
Meine Oma mütterlicherseits war eine immer korrekt angezogene (schwarz natürlich) Frau mit strengem Knoten auf dem Kopf. Als kleines Mädchen mit gerade überstandener Krankheit (Scharlach und Masern, sechs Wochen Krankenhaus unter Quarantäne) wurde ich zu Oma und Opa geschickt, um wieder zu Kräften zu kommen. Meine Oma hat es gut gemeint mit ganz fetter Hühnersuppe. Ich mochte sie nicht, habe mich aber nicht getraut, Nein zu sagen. Ergebnis: Den Rest meines Lebens habe ich nie wieder Geflügel angerührt.
Zum zweiten Frühstück gab es oft Pfannkuchen aus Buchweizenmehl – sehr lecker! Neben dem Haus stand ein Backofen: erst Schwarzbrot, dann Graubrot und zum Schluss ganz wunderbaren Stuten. Oma war eine sehr fleißige Frau mit ganz strengen Vorgaben, was getan werden musste. Opa entzog sich dem manchmal, ging zu seinem Pferd mit einer halben Scheibe Brot und machte dann einen Rundgang durch die Felder.
Solange mein Vater noch lebte, sind wir oft mit dem Fahrrad nach Hurrel gefahren. Weihnachten waren wir immer dort. Es gab einen schönen Weihnachtsbaum mit silbernen Kugeln und Vögel mit Seidenschwänzen. Nur wenn man dann wieder nach Hause kam, da war nichts Weihnachtliches außer einem bunten Teller für jeden. Und ich habe mich dann auch schon einmal bei meinen Schwestern bedient.
Neben dem Haus in Hurrel war ein kleiner Blumengarten – Omas ganzer Stolz. Die Wege mit Buchsbaum eingefasst und schöne große Hortensienbüsche und Rosen und am Haus ein Weinstock. Später als junges Mädchen kam mein Onkel Heino mit Pferd und Wagen und brachte Torf oder Kartoffeln. Dann wurde mein Fahrrad aufgeladen und ich bin mit zurückgefahren nach Hurrel. Ich bekam dann ein großes Stück Schinken eingepackt von Oma und dann ging es wieder nach Oldenburg.
Für Oma gab es nur Arbeit und sie nahm sie im Nachhinein betrachtet sehr wichtig. Kinder hatten sich selbst zu beschäftigen – Spielen mit dem Hund oder den Nachbarskindern. Auf dem Schoß sitzen, Schmusen, Vorlesen – das war für Oma vertane Zeit. Und meine Mutter als Älteste von sieben Geschwistern war vom gleichen Schlag: Arbeit war wichtig. Die Streicheleinheiten bekamen wir von Papa, der leider schon mit 43 Jahren in Estland gefallen ist.
Ich kann nicht sagen, dass ich bei Oma und auch bei meiner Mutter etwas entbehrt habe. Mama konnte ja nicht anders. Ich habe nur versucht, es bei den eigenen Kindern anders zu machen.